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Das Imperium der Woelfe

Das Imperium der Woelfe

Titel: Das Imperium der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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    Einen Monat später wurde er erneut einbestellt. Man war bereit, seine Forschungsvorhaben zu finanzieren, wenn er sich im Institut Henri Becquerel niederließ, einem Militärhospital in Orsay. Er müsste dort auch mit Kollegen von der Armee zusammenarbeiten, in aller Offenheit.
    Ackermann war in Lachen ausgebrochen: Er würde für den Verteidigungsminister arbeiten, ausgerechnet er, das reinste Produkt der Gegenkultur der siebziger Jahre, er, der aus der Bahn geworfene Psychiater, der Amphetamine schluckte... Er redete sich ein, dass er schlauer sein würde als seine Partner, dass er manipulieren könnte, ohne manipuliert zu werden. In diesem Punkt hatte er sich mächtig getäuscht.
     
    Erneut klingelte das Telefon, und Dr. Ackermann machte sich nicht einmal die Mühe dranzugehen. Er öffnete die Vorhänge und stellte sich ans Fenster. Die Wachen waren immer noch da.
    Die Avenue Trudaine präsentierte sich in einer erlesenen Vielfarbigkeit verschiedener Brauntöne - getrockneter Lehm, Altgold, patinierte Metalle. Bei diesem Anblick musste er stets unwillkürlich an einen chinesischen oder tibetischen Tempel denken, der unter einer gelb-rostroten Farbschicht, die abgeblättert war, eine tiefer liegende Schicht der Wirklichkeit erahnen ließ.
    Gegen sechzehn Uhr stand die Sonne noch immer hoch am Himmel. Ackermann beschloss, nicht auf die Dunkelheit zu warten. Er wollte fliehen, schnell fliehen. Er ging durch das Wohnzimmer, nahm seine Reisetasche und öffnete die Tür.
    Alles hatte mit der Angst begonnen.
    Alles würde mit ihr zu Ende gehen.

Kapitel 39
     
    Über die Fluchttreppe stieg er zur Parkgarage seines Mietshauses hinunter. Auf der Schwelle suchte er die tiefdunkle Zone ab: leer. Er überquerte die Parkfläche und entriegelte eine schwarze Eisentür, die hinter einer Säule verborgen war. Am Ende eines langen Gangs betrat er die Métrostation Anvers. Er warf einen Blick zurück: Niemand war ihm gefolgt.
    Inmitten der Menschenmasse ergriff ihn ein Moment der Panik, dann beruhigte er sich wieder, denn die Passanten erleichterten seine Flucht. Er bahnte sich einen Weg, ohne den Schritt zu verlangsamen, den Blick auf eine weitere Tür gerichtet, die sich auf der gegenüberliegenden Seite der gekachelten Halle befand. Dort, direkt neben dem Passfotoautomaten, tat er, als warte er am Ausgabeschlitz auf seine Bilder. Er musste den Generalschlüssel benutzen, den er sich besorgt hatte. Nach einigem Zögern fand er ihn in der Tasche und öffnete einen Wandeinstieg, auf dem stand: NUR FÜR PERSONAL.
    Er war erleichtert, wieder allein zu sein. Im Inneren des Gangs herrschte ein durchdringender Geruch, ein herbes, gesättigtes Aroma, das er nicht identifizieren konnte und das ihn einzulullen schien. Er ging tief in den engen Gang hinein, stieß gegen verschimmelte Kartons, vergessene Kabelrollen, Metallbehälter. Er dachte keinen Moment daran, Licht anzumachen. Er trat mehrere Verschläge auf, öffnete Vorhängeschlösser, vergitterte Wände, verplombte Türen. Er machte sich nicht die Mühe, sie wieder abzuschließen, und doch hatte er das Gefühl, sie bildeten hinter ihm einen Mantel mehrerer Schutzschichten.
    Schließlich erreichte er die zweite Parkgarage unter dem Square d'Anvers. Sie sah genauso aus wie die erste, nur dass Boden und Wände hellgrün gestrichen waren. Es war niemand da. Er ging weiter, schwitzte heftig, wurde von einem Zittern geschüttelt, abwechselnd durchfuhren ihn kochend heiße und eiskalte Schauer. Jenseits der Angst diagnostizierte er seine Symptome: Entzug.
    Sein Volvo-Kombi stand in der Parkbucht mit der Nummer 2003. Der große Wagen, seine grau-metallicfarbene Karosserie sowie die Autonummer aus dem Département Haut-Rhin gaben ihm ein Gefühl der Sicherheit. Sein Organismus schien sich zu stabilisieren und sein Gleichgewicht wiederzufinden.
    Als bei Anna die ersten Störungen auftauchten, hatte er begriffen, dass sich die Situation verschlimmern würde. Er wusste besser als jeder andere, dass ihre Ausfälle sich häufen würden und ihr Projekt früher oder später in der Katastrophe endete. Für alle Fälle hatte er sich eine Rückzugsmöglichkeit zurechtgelegt. Zuerst wollte er in seine Heimat zurückkehren, ins Elsass. Da er seinen Namen nicht ändern konnte, würde er sich bei den anderen Ackermanns des Planeten verkriechen - es gab mehr als dreihundert von ihnen allein im Elsass. Danach würde er Weiterreisen, seinem eigentlichen Ziel entgegen: Brasilien,

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