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Das Implantat: Roman (German Edition)

Das Implantat: Roman (German Edition)

Titel: Das Implantat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
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    »Wir wollen nur, dass die Bürger wachsam sind«, meinte die Sprecherin.
     
    Ein Mitarbeiter der Polizei, der anonym bleiben will, sprach in einem Telefoninterview von einem vertraulichen Memorandum, das an die Dienststellen weitergeleitet worden sei. In dem Memorandum heiße es, die Bedrohung gehe von extremistischen Implantatträgern aus, die der terroristischen Astra-Organisation angehörten. Das Schreiben fordere die Beamten auf, »erhöhte Wachsamkeit walten zu lassen und jeden Implantatträger, der verdächtiges Verhalten zeigt, sofort in Haft zu nehmen«.

15
    Feuerprobe
    D er alte Mann steht wieder auf dem Dach des Wohnwagens und macht seine Übungen – genau über meinem Schlafzimmer. Bei jeder knarrenden Gewichtsverlagerung höre ich die Motoren seines Exoskeletts leise aufheulen.
    Ich werde ihm noch fünf Minuten geben, dann klettere ich zu ihm hinauf, um mich zu verabschieden.
    Mein Seesack liegt auf dem Bett, und oben gucken hastig hineingestopfte T-Shirts und Jeans heraus. Es ist mitten in der Nacht, aber nach dem, was gerade draußen auf dem Feld passiert ist, wird die Polizei nicht lange auf sich warten lassen.
    Wollte ich mich nicht ursprünglich hier verstecken und so unauffällig wie möglich verhalten? Hat ja gut geklappt.
    Als ich nach draußen gehe, laufen ein paar Typen mit leuchtenden Wartungsbuchsen vorbei, die auf dem Weg zu Lyles Wohnwagen sind. Davor hat sich bereits eine kleine Menge versammelt. Irgendwas ist im Busch.
    Ich steige die Holzleiter hinauf, die an einem Ende von Jims Wohnwagen lehnt. Jim steht mit nackten Füßen und freiem Oberkörper in seinem Exoskelett auf dem Dach und führt bedächtig seine Tai-Chi-Bewegungen aus. Seine Haut glänzt im Schein der alten Natriumdampflampen. Ich sehe ihm ein paar Sekunden bei seinen Übungen zu. Wie präzise und bewusst er von einer Kampfstellung in die nächste übergeht, hat irgendwie eine beruhigende Wirkung auf mich. Welchen Stil der alten Kampfkunst er da auch praktizieren mag: Mit Hilfe seines Exoskeletts führt er die Posen mit Sicherheit perfekter aus als jeder chinesische Lehrmeister.
    »Wie geht’s Nick?«, frage ich.
    Jim nickt. »Ich habe die Buchse gesäubert und wieder mit dem Implantat verbunden. Dann habe ich mein ganzes restliches Biogel draufgeschmiert. Er wird sich wieder erholen.«
    »Gut«, antworte ich. »Ich mache mich auf den Weg. Ich werde Lyle begleiten.«
    Langsam richtet Jim sich aus seiner letzten Stellung auf und dreht sich zu mir um. »Wohin geht ihr?«
    »Nach Detroit. Dort gibt es einen Zenith-Träger, der Hilfe braucht.«
    Meine Familie wird deiner gehörig in den Arsch treten.
    Jim nickt mir zu. Schweiß glänzt auf seiner Oberlippe.
    »Wir hätten es langsamer angehen lassen sollen«, meint er. »Wir hätten den Autofokus nicht gleich so vielen Menschen einpflanzen dürfen. Das ging alles viel zu schnell.«
    Jim denkt nicht darüber nach, was heute Nacht geschehen ist. Er denkt darüber nach, was vor Jahren geschehen ist. Und wofür er heute bezahlen muss.
    »Du hast nichts Böses getan, Jim«, gebe ich zurück. »Du wolltest den Menschen helfen. Genau wie mein Vater.«
    Gedankenverloren starrt Jim auf seine ausgestreckten Finger. Er wirkt nicht so, als würde er mir glauben.
    »Hast du es unter Kontrolle?«, fragt er.
    »Ich glaube schon«, erwidere ich.
    »Körper und Geist«, sagt er. »Weißt du, was das Ergebnis ist, wenn Körper und Geist in Einklang stehen?«, fragt er. Jim nimmt seine Übungen wieder auf und beugt die Knie. Anmutig bewegt er die Hände durch die Luft. »Das Ergebnis ist Harmonie«, fährt er fort. »Denk immer daran. Ein
Du
gibt es nicht. Es gibt auch kein
Es.
Körper und Geist müssen ein gemeinsames Ziel haben.«
    »Warum sagst du mir das?«
    »Du begibst dich auf eine gefährliche Reise. Von jetzt an können deine Entscheidungen unsere Rettung, aber auch unser Verhängnis sein. Lyle und die anderen sind Soldaten. Sie kennen nur die Gewalt. Ich hoffe, du kannst ihre Sicht auf die Dinge ändern. Für ein bisschen mehr Gleichgewicht sorgen.«
    »Ich werde es versuchen. Pass für mich auf Nick und Lucy auf.«
    »Wie stets«, sagt er.
    »Hab’s mir ziemlich mit ihr versaut, glaube ich.«
    Jim antwortet nicht. Könnte allerdings sein, dass er den Kopf ganz leicht einzieht.
    »Ich bleibe nicht lange weg«, füge ich hinzu.
    »Ich werde hier sein«, erklärt er. »Und weiter Steine klopfen.«
    Während ich vom Dach steige, höre ich seine Motoren surren. Einmal

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