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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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überspanntem Pergament.
    Nein, ich will nie wieder so reden, als kriegte ich, hoppla, ein Kindchen, ich will nicht quatschen wie ein Bubikopf von Tucholsky, ich mach jetzt Schluß mit dem Rheinsberg-Schnodder, ich geb jetzt alles zu und gestehe: Es tut weh!
    »Ich sage ja: Sie haben sich eine gute Zeit ausgesucht«, sagte Schwester Turo, »die anderen scheinen vergessen zu haben, wozu sie hergekommen sind. Ich habe Zeit für Sie,und die nehme ich mir auch immer, wenn es das erste ist. Geht es wieder?«
    »Ach ja«, sagte Franziska.
    »Dann ziehen Sie sich wieder an. Sie müssen noch genug im Bett liegen. Sie können mir zeigen, wie man mit so einem Apparat umgeht, dann knipse ich Ihren Mann, wenn er sein Kind besehen kommt.«
    »Ich weiß nicht, ob er schon zurück sein wird. Er ist unterwegs, beruflich.«
    »Das könnte sein Glück sein«, sagte Schwester Turo, »oder Ihres, ich weiß ja nicht.«
    Das war eine etwas dunkle Bemerkung, aber die Schwester half: »Ich habe hinter der Besucherscheibe nur selten Fassung gesehen. Wenn man ein paar Jahre hinter dieser Tür gestanden hat, die Neugeborenen im Arm, und auf der anderen Seite immer nur Männer, die sich schrecklich zusammennehmen, damit man ihnen die Freude und die Verwirrung nicht zu sehr anmerkt, hundertprozentig ernst nehmen kann man sie dann nicht mehr.«
    »Das muß man sowieso nicht«, sagte Fran, »meiner ist ganz gescheit, aber wenn er vom Friseur kommt oder wenn er so sinnend unter die Motorhaube guckt und versucht, wie der Herr Otto auszusehen, der den Motor erfunden hat, dann fragt man sich auch … Komisch, wenn man an Krankenschwestern denkt, denkt man eigentlich nie, daß sie verheiratet sind. Sind Sie?«
    »Nein«, sagte Schwester Turo, »kommen Sie, sitzen Sie da nicht rum. Bewegung ist gut für alle Beteiligten.«
    Fran ging auf den Gang hinaus und sah durch das Fenster einem Mann auf dem Klinikhof zu, der einen Schubkarren reparierte. Vielleicht bin ich doch zu früh gekommen, dachte sie, herumlaufen und warten könnte ich auch zu Hause. Aber diese Schwester ist angenehmer als Frau Mauer; wenn Frau Mauer erzählt, wie inständig anders es früher gewesen ist mit dem Kinderkriegen, das hab ich nun lange genug gehört: Ich sage immer, Frau Groth, viel heißes Wasser undeine erfahrene Hebamme, inständig, Frau Groth, da schenke ich Ihnen jeden Doktor, das ohnehin.
    Diesem freilich, dem Chef, der jetzt durch die Flügeltür kam, hätte auch Frau Mauer vertraut: Inständig, Frau Groth, der Mann ist eine Erscheinung!
    »Na, gnädige Frau«, sagte der Arzt, »hier ist wohl nichts zu holen für Ihre Kamera.«
    »Das weiß man nie«, sagte Fran, »aber ich habe gar nicht um Erlaubnis gefragt. Darf ich?«
    »Selbstverständlich, wenn es Ihnen Spaß macht. Nur sehe ich so gar nichts hier. Wie fühlen Sie sich? Vorzüglich, nicht wahr? Sehr schön, wir sehen uns ja bald.«
    Vielleicht hätte ich ihn fragen sollen, ob ich ihn aufnehmen darf, dachte Fran, es wäre interessant zu sehen, ob der sich dabei auch verändert. Aber dann fühlte sie, daß sich der Schmerz wieder bereit machte, über sie herzufallen, und sie ging in ihr Zimmer.
    Schwester Turo sagte: »Sie müssen nicht Ihre Zunge verschlucken, nur weil Sie nicht jammern wollen. Jammern hilft zwar nicht, aber wer weiß das schon, wenn ihm so ist. Nur Angst sollten Sie nicht haben.«
    »Es ist schon vorbei«, sagte Fran. »Der Professor hat mich mit der Kamera erwischt, aber er hat gesagt, ich darf, wenn ich etwas finde. Wenn Sie da stehen bleiben, mache ich von Ihnen …«
    »Nein«, sagte die Schwester und ging zur Tür. Dann blieb sie stehen, stand lange still und ging schließlich wieder zurück an den Platz am Fenster. »Es ist Unsinn, machen Sie nur. Viel wird sowieso nicht zu sehen sein von mir, so mit dem Rücken zum Licht.«
    Fran lachte erleichtert: »Stimmt, aber ich kann Ihnen verraten: Das, was von Ihnen bei dem bißchen Licht zu sehen ist, kommt bei anderen Frauen nicht einmal heraus, wenn sie ihren Schneider mitgebracht haben und ich mit Lampen und Schatten nachhelfe.«
    »Gott im Himmel, erinnern Sie mich nicht«, sagte SchwesterTuro, »das war einmal, ich weiß es. Vielleicht darf man so etwas nicht sagen, aber da es vorbei ist, sage ich es: Einmal war ich schön.«
    »Ich will mich nicht mit Ihnen streiten«, sagte Fran, »nur weiß ich nicht, warum Sie die Vergangenheitsform wählen.«
    »Weil es Vergangenheit ist. – Wenn ich wüßte, Sie sind nicht sehr empfindlich, würde ich

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