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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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Stutzenmachen. Es geht ungefähr so: Zwei Marionetten reden miteinander, und die eine sagt zur anderen: ›Hast du aber einen großen Kopf!‹ Nun sieht das Publikum sich diesen Kopf natürlich genauer an und stellt fest, in Wirklichkeit hat die Marionette keinen großen Kopf, sondern einen kleinen, und hier setzt der Veranderungs-Effekt ein: Das Publikum stutzt und fragt sich: Warum war die Rede von einem großen Kopf, wo er doch so klein ist? Und dann sieht sich das Publikum den Kopf noch einmal an und fragt sich: Warum hat die eine Marionette den Kopf der anderen Marionette anders beschrieben, als wir es tun würden – du verstehst: die Veranderung! –, und fortan denkt das Publikum ganz anders mit. So ähnlich geht es mit dem Vaua-Effekt.«
    »Das ist mir etwas komplex«, seufzte der dritte Nachfolger, aber er machte sich eine Notiz.
    »Und mir ist es schnuppe«, sagte der Hauptbuchhalter, »von mir aus kann der Kollege Groth seine portugiesischen Abenteuer auch in Hieroglyphen berichten; mich interessiert der Finanzplan. Soll ich die Unsumme von englischen Pfunden nun mit dem Vermerk verbuchen: Ausgegeben für eine Darbietung von David Groth, in der nachgelesen werden kann, wie es war, als sich der kleine David nach Westindien verlaufen hatte? Ist das alles für das enorme Geld? War nicht damals, als ihr es unter Rot in den Plan gesetzt habt, von einer Waffenausstellung in London die Rede?«
    Solche Einwürfe des Finanzministers hatten eine ähnliche Wirkung wie die Machtsprüche des dritten Königs: Sie einten die Abteilungsfürsten.
    Aber nein, beteuerten sie, aber nicht doch, die Waffenschau der Gunsmith Association und die Beteiligung der DDR-Industrie an dieser, dies für das Ansehen des Landes so wichtige Ereignis, werde in den nächsten Nummern mit großer Aufmachung kommen, und nie seien Devisen für einen besseren Zweck ausgegeben worden. Nahezu alle Ressorts des Hauses hätten aus dem Projekt Londonreise Gewinn gemacht, die Finanz solle doch nur sehen: Allein alle diese herrlichen Bilder, die meisten von vorzüglicher Tiefenschärfe, ersparten den Anschaffungspreis vom zentralen Bilddienst, und wie kostensenkend war es doch, einen Spezialisten für Waffenkunde und Weltreisen zugleich im Hause zu haben, so daß Lilo, Leserbriefe wegen, die sich auf Musketen oder Puerto Rico bezogen, nicht mehr auf spesenfressende Reisen zu Fachleuten mußte, sondern sich gleich hier unterm Dache prägen lassen konnte, und wenn sie wollte, doppelt, haha. Gar nicht zu reden von den beiden eigenartigen englischen Kochrezepten für Redakteur Klotz und den beiden neuen Schottenwitzen für die Humorseite; so billig hatte man so etwas noch nie bekommen! Und dann der außenpolitische Aspekt, immer noch fürs selbe Geld, und für die gleiche Summe auch noch die ökonomischen Erwägungen, und da der Sport eine Doppelseite über das Tontaubenschießen während der Ausstellungerhalten werde, könne man beinahe schon von finanziellem Eigenaufkommen sprechen. Nein, der Kollege Hauptbuchhalter könne ganz ruhig den lächerlichen Pfundbetrag eintragen und vertreten; hier war nun wirklich mal viel Zeitung fürs Geld.
    »Und dann auch die menschliche Seite«, sagt Johanna Müntzer, »das ist hier jetzt doch sehr wichtig. Da haben wir einmal die Beiträge zum allgemeinen Menschenbild, von den portugiesischen Zöllnern bis zu diesem feudalen Linkshänder in London, und da haben wir speziell den wunderbaren Mann aus Suhl, der schon die Züge des Neuen trägt, was mit irgendwelchen kapitalistischen Pennies gar nicht aufgewogen werden kann. Aber über das alles hinaus, liebe Genossen und Kollegen, haben wir einen unschätzbaren Gewinn gemacht: Wir haben eine Lehre empfangen!«
    »Nun, Genossin Müntzer«, sagte Chef III, »wir sollten diesen Ideenkomplex zwar nicht allzuweit ausdehnen, aber wenn es eine Lehre ist, dafür haben wir noch die Zeit, denn ich sage mir immer: Lernen können wir alle noch. Was ist es denn diesmal?«
    »Gleich«, sagte Penthesilea, »gleich sage ich es. Aber erst noch ein anderes: Es freut mich, solche Worte von dir zu hören; es freut mich, wenn du sagst: Lernen können wir alle noch. Gerade wenn du das sagst, freut es mich besonders. Es stimmt ja so sehr! – Aber die Lehre! Wir haben gelernt, wie wichtig doch der Punkt Verschiedenes sein kann. Beinahe wäre uns die kleine Meldung aus dem ADN-Wirtschaftsdienst entgangen, wenn nicht – aber das ist es eben, da verrät sich die gute Schule –, wenn nicht der

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