Das Impressum
bist du auf Untat fixiert. Ich ziehe einen Strich von den Haselnüssen zu meinen Erdbeeren; da bekomme ich eine Richtung. Ich sehe in deinem Wandel Nichtachtung von dreierlei Eigentum: dem Eigentum als solchem, dem geistigen Eigentum und dem geistlichen Eigentum. Ich sage dir, David Groth, halte ein, kehre um, sonst wartet die Hölle deiner, denn sie ist zugleich mit dem Eigentum erschaffen worden und zu dessen Schutze, und fürchtest du ihrer nicht, so wirst du ein großer Räuber werden. Dies sprach ich als Pastor zu dir, und als Erdbeerbesitzer versohle ich dir jetzt den Hintern.«
Soweit mein Pastor, und nun ich: Der Mann hat recht behalten mit mir, und seine Hirtenhand hat mir die Mahnung eingerieben, so sehr, daß ich bei meinen ferneren Unternehmungen über die Zäune um andrer Leute Propretät die nahe Hölle immer vor Augen hatte. Das hielt mich meist in Grenzen und schärfte meine Umsicht, wo ich sie doch überschritt.
Bis dann jener Fall eintrat, an den mein Pastor nicht hatte denken können; an diesem, an diesem Falle war ich sehr beteiligt. Er steht auf der Rolle der großen Delikte verzeichnet als die Expropriation der Expropriateurs; das ist wissenschaftlich und bedeutet: Enteignung der Räuber, und es ist natürlich, daß die es Raub des Eigentums nannten.
Und wieder wissenschaftlich ist, daß mein Pastor, historisch fixiert, wie er war, auf dreierlei Formen von Eigentum, eine vierte Form nicht zu sehen vermochte – denn wer kann schon von Ratzeburg bis Moskau sehen? –; doch nun kann auch mein Pastor, so ihm sein Gott noch immer die Augen offenhält, diese vierte Form von Eigentum gewahren – wir haben es ihm leicht gemacht: Hebt er den Blick aus seinem Erdbeergarten ostwärts, sieht er hinüber nach Gadebusch, wo einstens Theodor Körner fiel, dann kann er die dort historisch fixierten Buchstaben lesen: VE; VE wie Viertes Eigentum, VE wie Volkes Eigentum.
Doch sollten ihn darob die guten Augen schmerzen, so halte ich einen Trost für ihn bereit: Er hat recht gehabt mit mir und meiner Richtung, und wenn seine Einreibung bei mir nicht auf Dauer verfing, so mag er wissen: Seine nicht und mancher andrer auch nicht; bei mir nicht und nicht bei den meisten von meinesgleichen.
Als mich mein Lehrermensch Kasten in das hinausließ, was er das Leben nannte, da sagte er zu mir: »Da jetzt dein Vater den grauen Rock des Führers tragen darf, Geliebter mein, obwohl er einmal, dank unserem Führer, in Zebrastreifen gelaufen ist, will ich dich behandeln, als wärest du der Sohn einesbeliebigen Volksgenossen, und will dich gemahnen an ein Wort unseres großen Dichters Hermann Burte: ›Musik entsprang aus deinem Blut, ein Strom, und wogte Lust am Tod in deine Lieder‹ – wir haben es durchgenommen: Was hier mit der zweiten Person, Einzahl, vom Dichter angerufen wird, ist Deutschland, und in dieser großen Stunde behandle ich dich trotz deines Namens als einen Teil davon. Mögest du nimmer den im Schrifttum beschriebenen Kreislauf durchbrechen – wir haben ihn einmal durchgenommen: Aus dem Blut entspringt die Musik, und diese wogt, weil sie vom Blute ist, die Lust am Tode in die Lieder, und diese schwellen dem Manne den Arm, und wo er nun hinkommt, fließt wieder Blut, und so weiter, Beispiele dazu: Volker der Spielmann und Richard Wagner. Du trittst nun ein in den Arbeitskampf, und einmal wirst du auch in den größeren Kampf gerufen, da weise würdig dich unter den Waffen; und tönet der Sang vom Deutschland über allem, dann wisse, er kommt aus unserem Blute und ist die reine Lust am Tod!«
Soweit mein Lehrermensch Kasten, und nun ich: Mit der Lust am Tode hat es zwar ein Leben lang gehapert bei mir – ehe ich eine Lust darauf habe kriegen können, ist mir immer die Angst vor dem Tod dazwischengeraten, so daß es zu Dichter Burtes Kreislauf in mir nicht kommen wollte –, aber vergebens hat mich Herr Kasten keineswegs behandelt.
Vor allem entsann ich mich gut seiner Mahnung, als späterhin wieder der Sang aufklang von Deutschlands gehobener Stellung. Dann dachte ich mir: Was singt ihr denn hier; was summt ihr da so; wer ist hier der Spielmann?
So sah ich da näher hin und sah so manchen Volksgenossen, den ich wohl noch kannte, und meinte auch Herrn Kasten zu erkennen, und sagte mir: Wo das singt und wo man so was singt, da laß dich niemals nieder, und laß dich auch nicht ruhig nieder, solange man noch nebenan so todeslustig nach des Volkers Fiedel springt.
Nichts geht über einen guten
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