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Das Impressum

Das Impressum

Titel: Das Impressum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Kant
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seine Beine.«
    Er verheimlichte ihnen nicht, daß er sich selbst einmal als Amateurfotograf versucht habe, wußte von verwackelten Bildern und gerissenen Filmen zu berichten und hätte sich noch um alle Autorität geredet, wenn ihm nicht am Ende noch eine Geschichte eingefallen wäre, die ihm in Franziskas Augen schon deshalb sein kluges und scharfäugiges Menschengesicht zurückgab, weil er sie nicht vergessen hatte und für erzählenswert hielt.
    »Das ist schon lange her«, sagte er, »ewig, da kam ich an einem Sonntagnachmittag im Herbst aus dem Kino nach Hause. Der Film war trübe gewesen, und der späte Nachmittag war noch trüber, und die Aussicht, den Rest des Tages im möblierten Zimmer Politische Ökonomie zu lesen, war auch nicht heiter. Ich ging unlustig von der Straßenbahn durch die Laubenkolonie, wo ich wohnte, und an der Ecke von meinem Lupinenweg stand ein Mann. Klein und alt war er und sah merkwürdig aus. Er wollte wohl fein aussehen, aber es hatte nicht weit gereicht. Das weiße Hemd war uralt und brüchig, und wie er sich den Schlips um den Hals gezwirbelt hatte, daran merkte man, daß er ewig keinen Schlips getragen hatte. Dann hatte er einen fipsigen Regenmantel an, und es war eigenartig, daß an so einem kleinen, dünnen Mann ein Kleidungsstück überhaupt noch fipsig aussehen konnte. Vielleicht war es ein Kindermantel.
    ›Sie werden entschuldigen‹, sagte er, ›es ist nur, ob Sie einen Fotoapparat haben?‹
    ›Ja‹, sagte ich und dachte: Was kommt nun?
    ›Es ist nur‹, sagte er, ›ob Sie uns da vielleicht knipsen möchten?‹
    ›Jetzt‹, sagte ich, ›wen?‹
    Er sah in den trüben Himmel und nickte, als wollte er sein Verständnis dafür andeuten, daß eigentlich jetzt die rechte Zeit zum Fotografieren nicht sei, aber dann sagte er sehr bestimmt:›Heute müßte es sein. Es ist, weil wir heute Goldene Hochzeit haben.‹
    Ich gratulierte ihm hastig. Er nahm meinen Glückwunsch würdig entgegen und gab mir seine Adresse: Hagebuttenstieg 4. Er ging zu seiner Hochzeitsgesellschaft, und ich holte meine Kamera.
    Ich hatte noch zehn Bilder auf dem Film, und ich war dem alten Mann sehr dankbar, denn ich hatte den Apparat zwar nach langem Sparen freudig erworben, aber schon nach der Hälfte des ersten Films hatte ich nicht mehr so recht gewußt, was ich nun noch mit der Maschine festhalten sollte; immerfort das Bretterhäuschen, in dem ich wohnte, und meine Zimmerwirtin, das wurde rasch langweilig. Aber nun eine Goldene Hochzeit – dies würde die Probe sein, die Prüfung, das Examen! Komisch, ich dachte schon nicht mehr in Bildern, ich dachte in Studien, Porträtstudien, Milieustudien, ich dachte in Kompositionen, Arrangements aus Licht und Schatten; ich faßte eine Art Rembrandt-Technik ins Auge, das Porträt des Jahres würde ›Der Mann mit der Goldenen Hochzeit‹ heißen, und auch etwas Brueghel hatte ich im Sinn, Berge von Brezeln schwebten mir vor und Würste fressende Enkelkinder und ein halbes Dutzend hochgradig besoffener Nichten.
    Ach je, diese Hochzeit war eine graue Angelegenheit. Die Goldene Braut war noch mühsamer und noch vergeblicher aufgeputzt als der Goldene Bräutigam. Vielleicht tue ich ihr unrecht, aber sie sah so auffällig frisch gewaschen aus wie nur jemand, der sich sonst nicht so sorgfältig wäscht. Und ihr Kleid war bestimmt schon lange nicht mehr gewaschen worden; man sah es, auch wenn es ein schwarzes war. Nein, ich will es nicht beschönigen: Es war bald zu erkennen, daß dies nicht nur arme, sondern auch tief verkommene Leute waren. Der Wermutgeruch im Zimmermief kam nicht nur von der einen Flasche und den beiden halbleeren Gläsern, und die Tischdecke war nicht erst heute fleckig geworden, und als ich die Lampenschirme entfernte, um etwas mehrLicht zu bekommen, fuhr ich durch Staub, der Ruhe gehabt hatte mindestens seit dem Silberfest.
    Das Paar war allein, und es waren auch keine Spuren von früherem Besuch zu sehen, und Post war wohl auch keine gekommen, denn an einem klebrigen Necessaire auf dem Vertiko lehnten zwei Ansichtskarten, eine aus Pisa und eine aus Ziegenhals bei Berlin, und waren vergilbt und hatten auf je vier Ecken je drei Eselsohren. ›Das ist der Fotograf‹, hatte der Mann gesagt, als ich in die Stube gekommen war, und mir war so gewesen, als hätte ein leiser Triumph in der Mitteilung geschwungen.
    Die Frau hatte genickt und sich einen silbernen Hochzeiterreif ins Haar genestelt.
    Sie sagte: ›Sieht man nich, wa, ob et Jold oder

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