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Klassenkampf eher für etwas Nichtmenschliches zu erklären, als daß er den verehrten Grundbegriff in Gefahr sehen wollte, ins Subjektive aufgeweicht zu werden.
Da verfiel Fran auf das Gegenteil und bestand vorerst darauf, allen Personen das Persönliche zu streichen, und sprach also nur noch von dem objektiven Herrn Adenauer und der objektiven Genossin Müntzer und dem objektiven David Groth und erklärte es für politisch, daß der kein Hammelfleisch mochte, und für einen Ausdruck des Klassenkampfs, wenn sie ihren Kamm nicht fand.
Sie verhedderten sich tief in dieses Spiel. Sie fuhren mit grotesk verformten Begriffen aufeinander los und ließen die sich wie Kasperlefiguren balgen, wild und nicht gebremst von Abmachungen der wirklichen Welt; sie brachten die Übertreibung als einen Schutz zwischen sich und die ernsten Dinge; die Wortmarionetten fochten einen Kampf aus, vor dem sich nicht nur Franziska gefürchtet hätte, aber mit Begriffskarikaturen ließ er sich führen, und wo Rückzug nötig war, verlief der von der Karikatur zurück zum Begriff; man hatte klein beigegeben und war doch bei seiner Ansicht geblieben.
Die Versuchung, sich dieser Erfindung öfter zu bedienen, als nötig war, lag nahe, aber daß sie sich beide davor hüteten, zeigte, wie gut sie zueinander paßten.
Zueinanderpassen heißt auch, von den Gefahren des Miteinander wissen, von denen der Schmirgel Gewohnheit eine der schlimmsten ist. Zuerst verschleift er die störenden Unebenheiten, aber dann kommt die Glätte, nichts greift mehr, keine Reibung, keine Reibungswärme, keine Reibungselektrizität, spannungsloser Zustand, Langeweile, ein Leben zu zweit nach außen hin, und wenn es gut geht, Trennung, und wenn es schlecht geht, Goldene Hochzeit so.
Fran und David hatten Glück: Sie kamen nicht zur Ruhe, nicht zu jener Ruhe, in der Fahrrinnen versanden. Diese Ruhe kann wie Bewegung erscheinen. Ebbe und Flut sind Bewegung, aber die ist von Ewigkeit, und alle Abweichungen in Dauer und Stärke fallen, wo das so lange geht, zurück in eine Regel, und in den Augenblicken, da die Flut zur Ebbe kentert oder die Ebbe zur Flut, in den Waagemomenten des Stillwassers, sinken Schlamm und Planktonreste zu Boden, und der wächst, und einmal ist nicht mehr freie Fahrt, wo neulich noch freie Fahrt gewesen ist. Und sie hatten Glück, die beiden: Ihr großer Streit kam früh.
Fran bestand auch später darauf: Der Anlaß und die Umstände hatten zu ihnen gepaßt, und es wunderte sie nicht, daß David sich nicht erinnern mochte. Er entsann sich der Geschichte allenfalls bis dahin, wo sie gerade noch lachhaft war. Wenn schon die Rede darauf kam, hielt er sich wortreich an diesen Teil, denn in dem anderen sah er nicht gut aus. Und dieser andere Teil verjährte nicht. Den einen konnte man lachend erledigen, der war vorbei, die Torheit war vorbei, diese Torheit jedenfalls war längst vorbei. Der andere aber konnte höchstens vergeben werden, vergessen nicht, und deshalb kam er nicht vor in Davids Erinnerung.
Fran wußte noch jedes Wort, und der Baum stand immer noch da am Wasser, aber als sie einmal nachgesehen hatte, war der Ring nicht mehr dagewesen oder nur nicht zu sehen; vielleicht war Holz um ihn gewachsen, oder eine Elster hatte sich an ihren Ruf gehalten. Ein Verlobungsring, einer von zweien, einer im Baum und der andere im Wasser.
Werfen hatte sie nie gekonnt, nicht weit und nicht geradeaus, und es sah lächerlich aus, wenn sie warf, und es war lächerlich gewesen, daß sie die Ringe geworfen hatte, einen ins Wasser und einen in einen Baum. Der hatte auch ins Wasser gesollt, aber er war in den Baum geflogen, und das hatte alles gerettet.
David hatte von Anbeginn alle Schuld auf Annette Wunder geschoben, aber Fran hatte ihm immer widersprochen. Natürlich wäre es ohne Annie, wie Davids Wirtin in Fach- und Freundeskreisen genannt wurde, nicht zu dieser Verlobung und so auch nicht zu diesem Streit gekommen, aber am Ende hatte ja nicht Annie die Ringe gekauft, sondern David hatte es getan, und Frau Wunder hatte allenfalls den Anlaß zur großen Auseinandersetzung beigesteuert, nicht aber deren Ursachen. Der Anlaß bestand in einer Ansicht, in Annettes Ansicht, daß unter ihrem Dach niemand zu jemandem ins Bett kriechen dürfe, wenn nicht die an solchem Tun Beteiligten die Absicht wenigstens glaubhaft machen könnten, ihre Beziehungen bei nächster Gelegenheit ins amtliche Register zu bringen.
Bei einer beliebigen Zimmerwirtin wäre das nicht
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