Das Inferno Roman
Frau, die überhaupt keinen Kopf mehr hatte. Ich habe sogar noch danach gesucht.« Er sah Barbara an, und sein Mundwinkel hob sich. »Tatsache ist, das hättest du sein können. Sie hatte irgendwie ungefähr die gleiche Statur wie du. Hättest du sein können.«
»Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen.«
»Hey, ich bin froh, dass du es nicht warst.«
»Sicher.«
»Wirklich.«
»Also«, unterbrach Lee, »du meinst, die meisten der Toten waren Opfer des Bebens?«
»Die meisten, ja.«
»Und fast alle wurden ihrer Kleidung beraubt?«
»Ja, deshalb fiel es mir auch so schwer, etwas zum Anziehen für mich zu finden. Scheiß Los Angeles. Die ganze
Stadt besteht nur aus Aasgeiern. Man braucht sich nur mal umzusehen, wenn die Mülltonnen rausgestellt werden. Ich habe niemanden auf frischer Tat ertappt, aber Sie können wetten, dass überall diese kranken Typen rumrennen und den Toten das letzte Hemd abnehmen. Sie sind wie die Plünderer, nur rauben sie Leichen aus und nicht Läden. Vielleicht hat mich so einer erwischt«, sagte er. »Hat gedacht, ich wäre schon im Jenseits.«
»So wie dein Kopf aussieht«, sagte Barbara, »wollte jemand da nachhelfen.«
»Ihr hättet mich nicht so daliegen lassen dürfen.«
»Du hast doch mit allem angefangen.«
»Ich wollte uns nur ein Auto besorgen. Hättet ihr das nicht versaut, wären wir schon längst zu Hause.«
»Du kannst doch nicht einfach ein Auto klauen …«
»Lasst uns nicht wieder anfangen zu streiten«, sagte Lee. »Es hört sich an, als ob sich die Situation draußen doch nicht so drastisch verschlimmert hat, wie wir dachten.«
»Ich habe gesehen, was ich gesehen habe«, sagte Heather. »Ich bin keine Lügnerin.«
»Das behauptet auch niemand«, sagte Lee.
»Wenn Earl deine Meute nicht gesehen hat«, fragte Barbara, »wo ist sie dann überhaupt?«
»Er hätte sie sehen müssen«, behauptete Heather. »Er lügt.«
»Hör auf zu spinnen«, sagte Earl.
Heather ließ ihren Blick über ihn schweifen. »Vielleicht gehörst du zu ihnen .«
Er grinste. »So ein Blödsinn.«
»Sie haben dich vorgeschickt, um uns zu finden, nicht wahr?«
»Du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank.«
»Lee! Er ist einer von ihnen! Muss er einfach. Der Rest schleicht sich wahrscheinlich gerade an …«
»Das bezweifle ich«, sagte Lee. Mit der Pistole in der Hand ging er zur Tür, öffnete sie und ging auf die Balkonbrüstung. Er kam wieder zurück in die Wohnung und schüttelte den Kopf. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, sagte er: »Draußen ist die Luft rein. Earl steckt nicht unter einer Decke mit der Bande, von der du uns erzählt hast, Heather. Ansonsten wären die anderen schon längst hier.«
Heather schüttelte den Kopf. »Vielleicht warten sie auf ein Signal von ihm oder so was.«
»Gib’s doch endlich auf«, sagte Earl. »Wahrscheinlich hast du das Ganze erfunden.«
»Hab ich nicht.«
»Und warum habe ich die dann nicht gesehen?«
»Weiß ich nicht.«
»Warum sollte sie sich so eine Geschichte einfallen lassen?«, fragte Pete.
»Wer weiß? Vielleicht gefällt ihr die Aufmerksamkeit, die ihr dann zukommt.«
»Ich habe das nicht erfunden.«
»Beruhige dich«, sagte Lee.
»Vielleicht haben sie sich alle irgendwo drinnen versteckt«, sagte Heather, »und die Leichen mitgenommen.«
»Das ist mal’ne hübsche Vorstellung«, meinte Barbara.
»Für mich hört sich das an wie gequirlte Kacke«, sagte Earl.
Pete drehte sich zu ihm. »Eigentlich wollten wir gerade abhauen, als du aufgetaucht bist.«
»Ich nicht«, sagte Heather.
»Barbara und ich. Was ist mit dir, willst du mit uns kommen?«
»Ja, was glaubt ihr denn? Ich war den ganzen Morgen allein da draußen, und das war ganz schön hart. Ja, ich komme mit euch. Klare Sache.«
»Könntest du noch ein paar andere Klamotten gebrauchen, bevor ihr euch auf den Weg macht?«, fragte ihn Lee.
»Ja! Im Ernst? Das wäre klasse. Wissen Sie, was ich noch gebrauchen könnte? Was zu essen. Und einen Drink. Haben Sie Bier oder so was da?«
Lee runzelte die Stirn. »Bier? Wie alt bist du überhaupt?«
»Wissen Sie«, begann Earl, »das Alter, in dem hier jemand legal Alkohol trinken darf, liegt bei einundzwanzig. Aber die Sache ist die, es gibt da ein ungeschriebenes Gesetz. Den Erdbeben-Faktor. Haben Sie schon mal was davon gehört?«
»Ich fürchte nicht.«
»Ist so ähnlich wie der Wind-Chill-Faktor, den sie dort haben, wo es noch richtige Winter gibt. Man muss das tatsächliche Alter einer Person
Weitere Kostenlose Bücher