Das Inferno Roman
gehört?«
»So noch nicht. Bei uns hieß es ›Step on a crack, snap a fella’s back‹.«
»Ich wette, das hat dir deine Mutter beigebracht.«
»Sie meinen also, es heißt nicht so?«
»Es heißt ›break your mother’s back‹.«
»Man hat mich getäuscht.« Grinsend schüttelte Em den Kopf. »Wir haben es immer vor uns hingesungen - Mom’s Version - und sind dann auf jede Ritze gehüpft, die wir finden konnten.«
»Ich kann es gar nicht abwarten , deine Mutter kennenzulernen. Ich werde dich wohl im Taxi nach Hause schicken müssen.«
»Ach, machen Sie sich wegen ihr keine Gedanken. Sie wird Sie mögen. Wie könnte sie nicht? Ich meine, Sie mögen vielleicht ein Mann sein, aber …«
»Hey, da gibt es kein ›vielleicht‹. Bitte!«
»Jedenfalls sind Sie nicht so ein Schwachkopf wie die meisten Typen.«
»Oh, herzlichen Dank. Ich fühle mich geehrt.«
In den darauffolgenden Minuten überquerten sie weitere Straßenrisse. Zwar hatten sie nicht weiter über die Redewendung gesprochen, aber Clint war aufgefallen, dass Em es vermied, auf Ritzen zu treten.
Weiter oben am Hang erreichten sie einen größeren Riss im Straßenbelag. Die zackig ausgerissene Spalte zog sich über die gesamten Fahrspuren, war aber an keiner Stelle breiter als etwa sechzig Zentimeter. An der rechten Seite lief sie in weiteren kleineren Rissen aus.
Em, die an Clints Seite schritt, blieb plötzlich stehen und sagte. »Halt, halt, halt. Boah!«
»Was?«
»Sehen Sie sich das an.«
»Die Spalte? Das ist nichts Schlimmes, mit einem Schritt sind wir drüber.«
» Da bin ich mir nicht ganz so sicher. Wie tief ist sie?«
Clint ging näher ran.
»Vorsichtig. Fallen Sie nicht rein.«
Ein weiterer Schritt brachte ihn nahe genug, um auf den Grund zu sehen. »Ist nicht mal einen Meter tief.«
»Sind Sie sicher, dass es dort nicht noch viel tiefer in irgendeine Kluft oder einen Abgrund geht?«
»Absolut sicher.«
»Okay. Habe ich auch nicht gedacht. Nicht wirklich. Aber in Filmen ist es immer so. Ich habe Filme gesehen, in denen sich die Erde auftut und Menschen verschluckt - und der Spalt geht dann bis zum Mittelpunkt der Erde oder so. Was ja eigentlich lächerlich ist. Aber man kann nie zu vorsichtig sein, wenn Sie wissen, was ich meine. Ich habe noch nie ein Erdbeben dieser Größenordnung erlebt, wer weiß also schon, was noch alles passieren kann? Haben Sie schon mal was von Bodenverflüssigung gehört? Das ist ganz schön beängstigend. Und das gibt es wirklich. Als wenn der Boden unter ihren Füßen zu Treibsand wird? In einem Film habe ich das allerdings noch nie gesehen. Sie?«
»Ich habe Treibsand in Filmen gesehen«, sagte Clint und überquerte die Spalte mit einem langen Schritt.
»Ich meine Bodenverflüssigung.«
Sicher auf der anderen Seite angekommen, drehte er sich um und betrachtete, wie Em die Spalte anstarrte. »Das habe ich noch nicht in einem Film gesehen«, sagte er.
»Ich auch nicht. Wahrscheinlich ist es auch nicht so dramatisch wie in eine endlose Erdspalte zu fallen.«
»Ich weiß nicht, ob bei einer Bodenverflüssigung Menschen wie von Treibsand verschlungen werden«, sagte Clint. »Und ganz nebenbei habe ich auch meine Zweifel, ob Treibsand in Wirklichkeit die Menschen so in die Tiefe zieht wie im Film.«
»Wahrscheinlich haben Sie Recht.« Em begann vorsichtig auf die Spalte zuzugehen, wie jemand, der sich über einen zugefrorenen Teich tastet. »Im Grunde genommen stimmen die meisten Dinge im Film nicht, oder?«
»Meistens nicht.«
»Ich sehe sie mir trotzdem gerne an.«
Die Lebensmitteltüte an sich gepresst, streckte Clint seinen anderen Arm aus. Em ergriff seine Hand. Sie griff fest zu, als sie über die Spalte trat.
»Ein Kinderspiel, oder?«
»Genau«, sagte Em. »Danke.« Sie ließ seine Hand los und blickte zurück. Ein Stück die Straße runter stapfte Mary langsam auf sie zu. »Vielleicht sollten wir auf sie warten?«
»Ich wüsste nicht, wieso«, sagte Clint.
»Vielleicht braucht sie Hilfe.«
»Pech gehabt. Daran hätte sie denken sollen, bevor sie dich schlug.«
»Vergebung wird bei Ihnen nicht gerade großgeschrieben, oder?«
»Wohl nicht. Komm jetzt.« Sie gingen weiter. »Einen Fehler kann ich ziemlich leicht vergeben«, erklärte er. »Einen dummen Zufall, wenn jemand Mist baut oder eine Situation falsch einschätzt … Die Leute sollten überlegen, was sie tun, und nie außer Acht lassen, was ihr Handeln für Konsequenzen haben könnte, aber Fehler macht jeder mal.
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