Das Inferno Roman
Mary. »Sie sind doch an allem schuld!«
Natürlich, dachte er. Hätte ich wissen müssen. Sosehr er Sheila und Barbara liebte, in der Regel zögerten sie nicht lange, ihm die Schuld an irgendetwas zuzuweisen - ganz egal, wie gering seine Beteiligung gewesen oder welches Missgeschick ihnen zugestoßen sein mochte. Anscheinend ist das normal bei Frauen, hatte er sich gedacht.
»Ich bin schuld?«, fragte er.
»Sie haben mich so wütend gemacht«, sagte Mary, »dass ich mich gar nicht mehr darauf konzentrieren konnte, was ich tat!«
»Ich habe Sie wütend gemacht?«
»Weil Sie mich wie eine Kriminelle behandelt haben.«
»Verstehe.«
Em, die immer noch besorgt Marys Wunde betrachtete, meinte: »Vielleicht sollten wir etwas Wasser drauftun.«
Clint stellte die Tüte ab. Em nahm eine Wasserflasche und eine Papierserviette heraus. Sie befeuchtete die Serviette. Während Clint Marys Bluse hochhielt, tupfte Em sanft die Wunde ab.
»Wie fühlt sich das an?«, fragte Em.
»Besser.«
»Schon seltsam, oder? Vor gar nicht allzu langer Zeit haben Sie das mit mir gemacht.«
»Und das war mir auch lieber so«, sagte Mary.
Em lachte, Mary schloss sich an. Selbst Clint musste lächeln.
»Jetzt ist Clint der Einzige«, sagte Em, »den es nicht am Rücken erwischt hat.«
Mary warf ihm über die Schulter ein verkniffenes Lächeln zu. »Der Tag ist ja noch nicht vorbei.«
»Sehr nett«, sagte er.
Em drückte die feuchte Serviette auf Marys Wunde. »Wir lassen sie drauf«, sagte sie. Sie führte Clints Hand und zog die Bluse herunter. Er ließ los. Em stopfte die Bluse in Marys Rocksaum. »Das müsste für eine Weile halten.«
Clint betrachtete Ems Rücken. Ihr T-Shirt war schweißgetränkt und nah des Schulterblatts von winzigen Blutstropfen gesprenkelt. »Was ist denn mit deinem Papierverband passiert?«
»Ach, der ist schon lange abgefallen.« Plötzlich verzog sie das Gesicht. »Ist etwa Blut auf meinem Shirt?«
»Ein bisschen.«
»Kacke!«
»Ist schon okay«, versicherte ihr Clint. »Das Blut passt sehr gut zum T-Shirt-Motiv.«
Sie grinste. »Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht. Und wo wir gerade von überfahrenen Tieren sprechen - hat jemand Hunger?«
Mary drehte sich zu ihnen um. Sie sah erst Em an und dann Clint. »Ich werde jetzt gehen. Nichts zu danken.«
»Sie müssen nicht gehen«, sagte Em. »Oder muss sie das, Clint? Kommen Sie, sagen Sie ihr schon, dass sie bleiben darf. Ich meine, schließlich war ich diejenige, der sie eine verpasst hat. Und außerdem hätte ich mich am Baum verletzen können, wenn Mary nicht gewesen wäre.«
»Wenn Mary nicht gewesen wäre, wärst du drübergeklettert.«
Sie grinste. »Vielleicht wäre ich runtergefallen und hätte mir den Hals gebrochen. Also hat sie mich schon zweimal gerettet.«
»Na sicher.«
»Glauben Sie nicht, dass sie jetzt lange genug in der Verbannung war?«
Eigentlich nicht, dachte er, da ist der nächste Ärger vorprogrammiert.
Aber Mary hatte Em tatsächlich gewarnt. Das musste gewürdigt werden. Und mit dem Schlag auf den Kopf hatte sie Em nicht wirklich verletzt. Außerdem wollte Em selbst, dass Mary eine zweite Chance eingeräumt wurde.
»Okay«, sagte er schließlich. Er sah Mary in die Augen. »Werden Sie sich von jetzt an anständig benehmen?«
Sie starrte ihn missmutig an. »Ich nehme es an.«
»Sie nehmen es an?«
»Ich will nicht mehr zurückgelassen werden.«
»Das geht eigentlich gegen meine Regeln, also vermasseln Sie es nicht. Ich möchte es nicht bereuen müssen, dass ich nett zu Ihnen war.«
Marys Oberlippe zuckte.
»Warum setzen wir uns nicht hin, legen eine Pause ein und essen was?«, sagte Em. »Dazu ist dieser Ort so gut wie jeder andere auch.«
Clint schaute den Hügel hoch und konnte die unbeleuchteten Ampeln am Mulholland Drive erkennen, die den höchsten Punkt des Berges markierten. Jenseits davon begann der Laurel Canyon Boulevard seinen langen geschlängelten Weg runter nach Hollywood.
Zum Sunset Boulevard.
Auf der anderen Seite des Sunset Boulevard gab es keine Berge mehr zu erklimmen. Die Straße änderte ihren Namen von Laurel Canyon in Crescent Heights, und sie würde ihn bis fast nach Hause führen.
Clint hatte eigentlich den Gipfel erreichen wollen, bevor sie eine Essenspause einlegten. Aber nach seinen Streitereien mit Mary fühlte er sich wie ein Diktator. Und dieses Gefühl mochte er nicht.
»Ich bin dafür«, sagte er Em. »Lasst uns hier eine Rast einlegen und was essen. Sieht wie der
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