Das Inferno
Kopf.
»Das ist wirklich brillant. Dieser Plan muss einfach gelingen.
Ich ziehe den Hut vor Ihnen, Blondel.«
Paula wurde fast schlecht, als sie das hörte. Schon wieder hatte sie sich grundlegend getäuscht. Slavic und Rondel arbeiteten nach wie vor zusammen. Die beiden waren und blieben Partner, und ihre Differenzen waren nur gespielt. Slavic hob die Feuerzeug-Pistole ans Ende seiner Zigarre, aber anstatt sie anzuzünden, richtete er den Lauf mit einer blitzschnellen Bewegung auf Rondel und drückte mehrmals hintereinander ab.
Rondel machte ein ungläubiges Gesicht, während sich ihm die vier Kugeln in die Brust bohrten. Dann riss er die Arme in die Höhe, ließ die Browning fallen und taumelte nach hinten gegen das Panoramafenster. Sein fallender Körper brach ein Loch in die Scheibe, das genau die Form seiner Silhouette hatte.
Sogar die in der Luft wedelnden Arme konnte man erkennen.
Es war der makaberste Abgang, den Paula je erlebt hatte.
Nur Harry Butler, der noch immer draußen vor dem Schloss war, bekam mit, was danach geschah. Als er das Geräusch brechenden Glases hörte, blickte er nach oben und sah, wie ein menschlicher Körper aus dem Fenster nach unten stürzte. Einige Meter weiter unten schlug er gegen die Felswand und setzte dann seinen Fall, wilde Kapriolen schlagend, fort, bis er schließlich Hunderte von Metern tiefer mit dem Kopf zuerst aufs Wasser klatschte.
Alles, was Butler noch von ihm sah, war ein runder Schaumfleck, der von der nächsten Welle weggespült wurde.
Victor Rondel war für immer in den Fluten der Ostsee verschwunden.
Butler rannte hinauf ins Schloss und stürmte mit der schussbereiten Uzi in der Hand ins Arbeitszimmer.
»Alles in Ordnung, Harry!«, schrie Tweed ihm mit lauter Stimme entgegen. »Kein Grund zur Aufregung.«
Weil Slavic noch immer die versilberte Pistole in der Hand hielt, befürchtete Tweed, Butler könnte das Feuer auf diesen eröffnen. Zum Glück hörte er die Warnung aber rechtzeitig und ließ die Waffe sinken. Dann blickte er in die Runde und bemerkte trocken: »Wer immer gerade aus dem Fenster gesprungen ist, er hat einen langen Tauchgang vor sich.«
»Ich habe zwei von diesen Pistolen«, erklärte Slavic. »Die eine ist wirklich ein Feuerzeug, die andere habe ich mir von einem Büchsenmacher in genau derselben Form nachbauen lassen – mit dem einzigen Unterschied, dass man mit ihr tatsächlich schießen kann. Ich dachte, sie könnte mir eines Tages einmal nützlich sein.«
»Und das war sie heute ja auch«, sagte Tweed. »Aber sollten wir jetzt nicht Ihr System aktivieren?«
»Sie haben Recht. Folgen Sie mir zusammen mit Paula, und die anderen können sich inzwischen etwas zu trinken genehmigen. Später essen wir dann alle gemeinsam…«
44
Vor der Stahltür zum Kontrollraum bat Slavic Paula darauf zu achten, dass er auch die richtige Kombination auf dem Ziffernblock eintippte. Bisher hatte sie ihn für die eiskalte Ruhe bewundert, die er angesichts all der Aufregung bewahrt hatte, jetzt aber bemerkte sie, dass der unterdrückte Stress doch Spuren an ihm hinterlassen hatte.
Während er die Zahlen eingab, zitterten seine Finger zwar, aber der Code war korrekt. Nachdem die Tür sich geöffnet hatte, drückte Slavic diesmal aber nicht den roten Knopf, der den Alarm ausschaltete.
»In ein paar Sekunden werden meine Leute den Computerraum verlassen und sich in Sicherheit bringen«, sagte er zu Paula. »Da, hören Sie, es geht los.«
Von draußen vernahm Paula das durchdringende Schrillen einer Alarmsirene, und zwanzig Sekunden später liefen die Frauen in den weißen Kitteln, die sie vorhin durch das Fenster des Computerraums beobachtet hatte, den Gang entlang.
»Wenn Sie wollen, können Sie das Ende des Internets mit ansehen«, sagte Slavic und gab Paula eine dunkle Brille und zwei Ohrstöpsel. »Schützen Sie Ihre Augen und Ohren und sehen Sie sich vom Fenster zum Computerraum aus die Bildschirme an.«
Paula setzte sich die Brille auf und steckte sich die Stöpsel in die Ohren, bevor sie wieder hinaus in den Gang trat. Vor dem Fenster zum Computerraum blieb sie stehen und schaute hinein.
Sämtliche Bildschirme waren noch angeschaltet und zeigten irgendwelche Seiten im Internet, was Paula angesichts der Tatsache, dass sich kein menschliches Wesen mehr in dem Raum befand, ziemlich grotesk fand.
Sie sah auf die Uhr. Nach dem, was sie bei ihrem ersten Besuch im Kontrollraum mitbekommen hatte, konnte es nicht länger als fünf Minuten dauern,
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