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Das Inferno

Das Inferno

Titel: Das Inferno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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liegen blieb. Er blutete heftig aus einer Wunde am Kopf, und auch seine Jacke war blutdurchtränkt. Newman kniete sich neben ihn, wobei er darauf achtete, unterhalb des Fensterbretts in Deckung zu bleiben. In der Fensterscheibe war dort, wo die Kugel sie durchschlagen hatte, ein sternförmiges Loch.
    »Ist er…«
    Paula konnte die Frage nicht zu Ende sprechen.
    »Kein Puls mehr«, stellte Newman fest. »Er ist tot. Sehen Sie nicht hin, Paula. Die Kugel hat ihm den halben Kopf weggerissen. Muss wohl ein Explosivgeschoss gewesen sein.«
    »Großer Gott! Nein!« Paula schlug die Hände vors Gesicht.
    Dann stand sie auf und stammelte: »Er war so ein netter Mensch…«
    Newman reagierte umgehend. Noch immer unterhalb des Fensterbretts in Deckung, zog er die dicken Vorhänge zu und kroch auf dem Boden zum nächsten Fenster, um dort das gleiche zu tun. Dann stand er auf, hielt sich aber so weit wie möglich von den Fenstern entfernt. Paula trat neben ihn und blickte nach unten auf Dr. Keflers sterbliche Überreste.
    Jetzt ist er nur noch ein halber Teddybär, dachte sie und erschrak selber über die Obszönität dieses Gedankens.
    »Er war so ein netter Mensch«, wiederholte sie. »Er hätte keiner Fliege etwas zu Leide tun können. Man trifft nicht oft Menschen, von denen man auf den ersten Blick weiß, dass sie gut sind, und denen man auf Anhieb vertraut. Er war einer von diesen Menschen.«
    »Dieselbe Technik, dieselbe Situation«, sagte Tweed mit sehr ruhiger Stimme. »Alles genau so wie beim Mord an Helga Trent in der Ebury Street. Auch damals war es Nacht, auch damals stand das Opfer hinter einer Gardine im Gegenlicht. Es hätte mir auffallen müssen…«
    »Ich gehe jetzt nach unten«, sagte Newman, der inzwischen seinen Revolver gezogen hatte. »Wenn es eine Hintertür gibt, gehe ich nach draußen und schaue mich um.«
    »Nein, Sie bleiben hier«, sagte Tweed.
    Newman ignorierte ihn und wollte gerade die Treppe hinuntergehen, als sein Handy schrillte. Er nahm es aus der Tasche und ging ran.
    »Ja?«
    »Hier Harry.« Die Stimme war so leise, dass Newman sie kaum verstand. »Bleiben Sie alle im Haus, bis ich mich wieder melde.«
    Newman wiederholte den anderen, was Butler gesagt hatte.
    »Harry weiß, was er tut«, sagte Tweed. »Wir bleiben hier, bis er wieder anruft…«
    Harry Butler, der in seiner Motorradkleidung stark schwitzte, war vorsichtig die Böschung hinaufgekrochen, bis er einen guten Blick auf das Haus hatte, in dem Tweed und die anderen verschwunden waren. Als er hinter sich ein Geräusch wie von rostigen Türangeln hörte, wirbelte er herum und sah, wie hoch oben auf einem der riesigen Kräne jemand in die Führerkabine stieg. Butler war innerhalb des Maschendrahtzauns, der die Hafenanlagen umschloss. Zuvor hatte er mit einem Dietrich ein Vorhängeschloss geöffnet und war durch eine Gittertür auf das Gelände gelangt. Jetzt arbeitete er sich in der Hocke langsam in Richtung Kran vor. Sein Scharfschützengewehr mit dem Zielfernrohr hatte er in der rechten Hand, während er die Unke ausgestreckt hielt, um etwaige Hindernisse, die Lärm hätten verursachen können, rechtzeitig zu ertasten.
    Als er am Fuß des Krans angelangt war, der ihm aus dieser Perspektive wie eine verkleinerte Version des Eiffelturms vorkam, blickte er nach oben. Eine Leiter mit Eisensprossen führte hinauf zur Kabine. Butler wusste nicht so recht, was er tun sollte.
    Die Person in der Kabine konnte jemand sein, der Tweed hinterherspionierte, vielleicht aber handelte es sich auch nur um jemanden, der dort idiotische Graffiti sprühen wollte. Da Tweed und die anderen im Haus und damit nicht in unmittelbarer Gefahr waren, beschloss Butler zu warten.
    Dabei blickte er immer wieder von der Kabine zum Haus und wieder zurück. Von oben war kein Geräusch zu hören, das auf irgendwelche Aktivität hätte schließen lassen. Möglicherweise war es ja auch ein Drogenabhängiger, der sich dort oben einen Schuss setzen wollte. Solche Leute machten oft die verrücktesten Dinge. Wieder blickte Butler hinüber zum Haus.
    Im ersten Stock brannte noch immer Licht, aber hinter den Gardinen war niemand zu sehen.
    Butler wischte sich die verschwitzten Handflächen an der Lederhose ab, damit er, wenn er zur Waffe greifen musste, trockene Finger hatte. Jetzt sah er, wie im Haus eine Gestalt am Fenster erschien, und blickte nach oben zur Krankabine. Als er den Blitz des Mündungsfeuers sah, riss er den Kopf herum und sah gerade noch, wie die Gestalt

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