Das Insekt
Mobiltelefon klingelte.
Es war Ralph.
»Bonnie! Warum zum Teufel hast du denn nichts gesagt?«
»Wovon sprichst du? Was hätte ich wozu sagen sollen?«
»Das mit Phil Cafagna.«
»Wie bitte? Da war doch nichts mit Phil Cafagna.«
»Das sieht er aber anders. Er sagt, du hättest ihn angemacht, und als er dir gesagt hätte, dass er verheiratet wäre, hättest du ihn übel beschimpft. Und deshalb hat er die ganze Bestellung storniert. Wegen dir.«
»Machst du Witze, Ralph? Ralph Cafanga hat mich angebaggert. Er hat mich voll gequatscht, von wegen er wolle mich befreien und lauter so eine Scheiße. Ich hab ihn nicht beleidigt, ich habe ihm nur gesagt, dass ich kein Interesse an seinem Angebot habe.«
»Bonnie! Er hat die Bestellung storniert. Verstehst du, was das bedeutet? Das sind sechzig Prozent unseres Umsatzes. Ohne Pacific sind wir am Ende.«
»Ich schwöre dir, Ralph, genau so war es. Er hat mich angesprochen und wollte mit mir ins Bett. Ich hab Nein gesagt. Und das war alles.«
»Verdammte Scheiße! Ich hab fünfzehn Jahre gebraucht, um so weit zu kommen.«
»Hat Phil Cafangna keinen Boss, den man anrufen könnte?«
»Doch. Phil Cafagnas Boss ist sein älterer Bruder Vincent. Glaubst du, den interessiert, was ich sage? Nein, Bonnie. Das war’s. Ich bin am Arsch.«
»Hör zu, wir treffen uns, okay. Ich muss nur schnell zur Deponie und dann treffen wir uns. Ich komme sofort rüber.«
»Wozu?«
»Wozu? Damit wir uns was überlegen können.«
»Vergiss es, Bonnie. Da gibt’s nichts zu überlegen.«
»Wir bitten Phil Cafagna, die Entscheidung noch mal zu überdenken.«
»Das wird er nicht tun. Er war wirklich wütend, Bonnie.«
»Ich kann das alles einfach nicht glauben, Ralph. Ich will dich sehen. Wir müssen darüber reden.«
»Tut mir Leid, Bonnie. Ich habe einen Termin mit der Bank. Ich ruf dich morgen an.«
»Ralph…«
»Was glaubst du eigentlich, wie ich mich fühle, Bonnie? Weil’s mit Phil nicht geklappt hat, hast du eben mich genommen, die zweite Wahl? Toll. Du hast mich richtig aufgebaut, Bonnie.«
»Ralph, ich muss mit dir reden.«
»Ich kann nicht, Bonnie. Fahr einfach zu deiner verdammten Deponie.«
Duke gesteht
Aber Bonnie fuhr nicht zur Deponie. Sie bog stattdessen auf den Washington Boulevard und fuhr nach Hause. Schon als sie den Wagen vor dem Haus anhielt, hörte sie laute Rockmusik aus dem Garten. Bonnie öffnete die Haustür und rief: »Ray! He, Ray, kannst du mich hören? Mach die verdammte Musik leiser!«
Sie ging in die Küche und sah durch das Fenster in den Garten. Draußen war Ray. Er lag auf einer Liege und spielte mit geschlossenen Augen Luftgitarre. Neben ihm lag Duke mit nacktem Oberkörper und einem Sixpack neben sich. Er bohrte in der Nase.
Bonnie zog die Terrassentür auf und trat hinaus. Sie war schon fast bei ihnen, ehe Duke sie kommen sah. Mit dem Finger in der Nase erstarrte er.
»Was um alles in der Welt machst du hier, Duke?«, fragte Bonnie. »Ich dachte, du fängst heute wieder an zu arbeiten?«
»Die… äh… Die haben gesagt, dass sie heute zu viel Leute haben. Und weil sie mich nicht brauchten, haben sie mich wieder nach Hause geschickt.«
»Die haben dich nicht gebraucht? An deinem ersten Arbeitstag?«
»Genau so war’s. Das gibt’s hin und wieder. Na ja, das Geschäft geht nur schleppend und… da braucht man eben nicht so viele an der Bar.«
»Wir sprechen über das Century Plaza Hotel, das dich mitten in der Hauptsaison an deinem ersten Tag nicht hinter der Bar braucht, weil das Geschäft schleppend läuft? Sehe ich das richtig?«
Duke starrte sie nur an. Es war offensichtlich, dass er nicht wusste, was er sagen sollte. Ray lag im Liegestuhl neben ihm und öffnete erst jetzt die Augen.
»So wie ich das sehe, habe ich jetzt zwei Möglichkeiten, Duke«, sagte Bonnie. »Wenn du die Wahrheit sagst, dann rufe ich deinen Boss im Plaza an und stell ihn zur Rede. Wenn du lügst, dann spar ich mir das. Also?«
Duke sah Ray an, aber der zuckte nur mit den Schultern. Schließlich sah Duke wieder Bonnie an und sagte: »Spar dir das.«
»Du lügst also. Dann hätten wir das schon geklärt. Allerdings bleiben auch in diesem Fall zwei weitere Möglichkeiten: Entweder du bist einfach nicht zur Arbeit erschienen, ohne irgendwem was zu sagen. In diesem Fall würde ich jetzt anrufen und dich krank melden. Oder du hattest überhaupt nie eine Stelle im Century Plaza, du hattest nie auch nur die leiseste Absicht, dich im Century
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