Das Insekt
Plaza um eine Stelle zu bewerben. In diesem Fall könnte ich mir auch diesen Anruf sparen.«
Fast eine halbe Minute dachte Duke nach, ehe er »Yeah« sagte.
»Yeah was, Duke?«
»Yeah, spar dir den auch.«
Kurz nach drei an diesem Nachmittag rief sie Esmeralda an. »Es ist alles arrangiert«, sagte Esmeralda. »Wir treffen uns um acht in der Stadt.«
»Abgemacht.«
»Alles okay? Du klingst so angespannt.«
Sie drehte sich zu Duke und Ray um und sah sie auf ihren Liegestühlen im Garten liegen als sei nichts passiert.
»Ich hab alles im Griff«, sagte Bonnie. »Bis später.«
Der Mystiker
Esmeralda lebte in einem sechsstöckigen Wohnblock an der Sechzehnten Straße nahe des Santa Monica Freeway. Der braune Klinkerbau stand allein zwischen zwei verwahrlosten leeren Grundstücken. Vor dem Gebäude spielten Kinder in einem ausgenommenen, fensterlosen Ford Mercury.
Um fünf vor acht an diesem Abend stellte Bonnie ihren Buick neben den Mercury und stieg aus. Sie überprüfte ihren Lippenstift im Rückspiegel, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Der Verkehr an dieser Straße war ohrenbetäubend, die Abgase trieben ihr die Tränen in die Augen. Sie stieg die wenigen Stufen zur angelehnten Haustür hoch. Sie war frisch gestrichen. Kastanienbraun. Der Linoleumboden dahinter war frisch gebohnert und auf Hochglanz poliert. Sie drückte auf den Klingelknopf für Apartment vier und wartete. Dann sagte eine männliche Stimme durch die Sprechanlage: »Quien?«
»Hier ist Bonnie Winter. Ich möchte bitte zu Esmeralda.«
»Ah ja, sie wartet schon. Kommen Sie bitte hoch.«
Sie ging den Flur entlang bis zum Aufzug. Eine der Apartmenttüren stand offen, und sie sah eine junge Frau vor einem Spiegel stehen und sich etwas ins Haar stecken. Aus dem Fernseher kamen spanische Stimmen. Das Mädchen lächelte sich im Spiegel an.
Der Aufzug war langsam und alt und stank nach Lysol, aber irgendjemand hatte sich die Mühe gemacht, ihn mit sonnigen Postkarten aus Mexiko freundlicher zu gestalten.
Als die Aufzugtüren sich im vierten Stock öffneten, wartete Esmeralda schon davor. Sie trug ein karmesinrotes Satinkleid, das Bonnie noch nie an ihr gesehen hatte, und sogar ein karmesinrotes Band im Haar. »Juan ist schon da«, sagte sie im Flüsterton.
Sie schob Bonnie in ein kleines Wohnzimmer, das mit zu großen Möbeln aus den Fünfzigern zugestellt war: schokoladenbraunes Sofa mit Stickdeckchen auf der Rückenlehne, zwei schokoladenbraune Sessel, eine runder Tisch mit schokoladenbrauner Samttischdecke.
In der Ecke stand eine mit Porzellan und Nippes voll gestellte Vitrine. Auf dem Kaminsims standen, hingen und lagen so viele Kerzen, Rosenkränze, Ikonen, Marienbildnisse und -Statuen, dass der ganze Kamin wie der Altar in einer katholischen Kirche aussah.
Auf dem Sofa saß Esmeraldas Vater. Bonnie war ihm schon ein paarmal begegnet. Er war ein zurückhaltender Herr mit dichtem grauem Haar, Schnurrbart und stets makellosem weißem Hemd. In einem der Sessel saß ein dünner, fast schon abgemagerter Mann um die vierzig mit Aknenarben im Gesicht, scharf rasierten Koteletten, glatt zurückgegeltem Haar und tief liegenden Augen. Er war auf eine etwas wilde Art nicht unattraktiv. Unter einem schwarzen Anzug mit breitem Revers trug der Mann ein schwarzes Hemd mit silbernem Bolo-Tie.
»Bonnie, darf ich dir Juan Maderas vorstellen.«
Juan stand auf und ergriff mit beiden Händen Bonnies Rechte. Jetzt sah sie, dass er sicher an die zwei Meter maß, und sie roch sein blumiges Eau de Cologne, ein Duft, der Bonnie verunsicherte, weil sie sich plötzlich stark an die Blumen auf der Beerdigung ihres Vaters erinnert fühlte.
»Esmeralda hat mir von Ihnen erzählt«, sagte Juan mit tiefer rauer Stimme. »Sie scheinen ein ganz besonderer Mensch zu sein, bei der Tätigkeit, die Sie ausüben.«
»Ich gebe mein Bestes«, sagte Bonnie. »Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für mich nehmen.«
»Nein, nein, das mache ich doch gern. Außerdem hat mir Esmeralda von den Faltern erzählt und so mein Interesse geweckt.«
»Es ist nur so, dass ich diese Falter noch nie gesehen habe, und in meinem Beruf wird man so eine Art Experte für Insekten aller Art.«
»Setzen Sie sich doch«, sagte Esmeraldas Vater. »Bring etwas Wein, Esmeralda.«
»Danke, aber ich muss noch fahren«, sagte Bonnie.
»Dann vielleicht eine Cola?«
»Außerdem muss ich auf meine Figur achten. Wasser reicht mir, danke.«
Sie setzte sich neben Esmeraldas Vater
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