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Das Inselcamp

Das Inselcamp

Titel: Das Inselcamp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Steinkuehler
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 …
    »Hans« – sie sagte Hans, wenn sie Jott meinte – »kennt das Vogelnest«, gab sie, ohne zu zögern, zu. »Als er sein Inselcamp plante, bat er uns um Hilfe. Gerald, Edwin und Patrick waren gleich einverstanden. Rebekka und die anderen weigerten sich. Schließlich zogen wir vier vom Nest hinunter auf den Campingplatz und gaben euch reichlich Gelegenheit, euch zu beweisen.«
    »Uns – zu – beweisen …« Pitt würgte an den Worten. Spinne hob die Schultern. »Na ja«, sagte sie. »Wenn niemand eure Hilfe gebraucht hätte und jeder euch nur ausgelacht hätte – dann wäre das Camp schnell zu Ende gewesen, oder nicht?«
    »Das ist es jetzt auch«, sagte Britt. Sie sagte es mit einem deutlichen Schlusspunkt. Und keiner der Jungen widersprach. Als Britt sich aber umdrehte und allein wegging, wollten ihr gleich mehrere nach. Pitt zuerst, dann Jacques, schließlich Edwin.
    Aber eine hielt sie zurück. »Jungs«, sagte Spinne energisch, »das überlasst ihr besser mir.«

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
    Der Geist weht, wo er will
    Britt lief, bis der Steg zu Ende war. Dort stützte sie sich auf die Brüstung und keuchte. Weit beugte sie sich vor, drauf und dran, sich zu übergeben. Weg mit dem Unrat, nur weg. Sie tat das oft in letzter Zeit, kotzen. Danach fühlte sie sich besser.
    »Du bist ein tolles Mädchen, Britt«, sagte im entscheidenden Moment hinter ihr eine Stimme. »Wer dich kennenlernt, vergisst dich nicht.« Die Stimme war leise und weich, obwohl sie für gewöhnlich rau und spöttisch klang. Spinne. Britt beugte sich noch weiter vor.
    »Das alles hier hast du doch gar nicht nötig«, fuhr Spinne mit ihrer veränderten Stimme fort. »Du brauchst weder Hans noch die elf, du brauchst nicht einmal eine Konfirmationsfeier. Gib’s zu – du hättest diesen ganzen Zirkus nicht mitmachen müssen.«
    »Genau!«, rief Britt zornig. Noch vor einer Minute hatte sie sich geschworen, nie wieder ein Wort mit Spinne zu sprechen. Oder mit einem der anderen, die sie belogen und vorgeführthatten. Edwin und Gerald. Patrick und – Jott! »Ich hätte überhaupt nichts machen müssen! Ich könnte jetzt am Pool liegen. Vier Sterne und all inclusive .«
    Spinne trat neben sie. Auch sie hielt sich am Geländer fest. »Und?«, fasste sie nach und versuchte, dem Mädchen ins Gesicht zu sehen. »Warum bist du trotzdem hier?«
    Britt trat einen Schritt zurück. Die Lust am Kotzen war ihr vergangen. »Weil … weil … weil …« Sie kniff die Augen zusammen. Unfreiwillig dachte sie an Edwin, den Stotterer. »Pitt hat mich überredet«, fiel ihr ein.
    Spinne nickte. »Vielleicht«, sagte sie. »Aber das, was du hier tust, das ist ganz allein deins.« Feierlich sprach sie, fast ehrfürchtig. »Die Kinder lieben dich, Britt, und vor allem Edwin.« Sie hob die Hand, um Britts Einspruch abzuwehren: Das ist ja bloß gespielt . »Einer wie Edwin kann nicht spielen«, sagte sie. »Und was mich angeht …«
    Spinne zuckte plötzlich zusammen. Als Britt sie ansah, war das hagere Gesicht bleicher denn je. Die Augen waren zusammengekniffen, der Mund verzerrt. Sie sank in die Hocke.
    Britt hockte sich zu ihr und nahm die welken Hände in ihre. »Verdammte Schmerzen«, zischte Spinne, als es vorbei war. Sie öffnete die Augen wieder und hielt Britts prüfendem Blick stand. »Ich wollte nur meine Ruhe haben«, gestand sie. »Aber als Hans mit seinem Vorschlag kam, da hat es mich gereizt … Ich schätze, ich war neugierig.«
    Neugierig … – »Und dann?«, fragte Britt. »Und dann hast du von diesem Schmerzensmann geredet«, sagte Spinne ernst. »Vom Kreuz und von der Hoffnung, die das Kreuz nicht zerstören konnte. Da hab ich mir gedacht, das wäre vielleicht was …«
    Britt konnte sich nicht erinnern. Sie konnte nur staunen. Irgendwo in einem Winkel ihres Herzens gab sie der kranken Frau recht. Es war das Kreuz, das sie antrieb. Nicht Pitt und nicht Jott und erst recht nicht ihre Eltern.

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
    Tauben und Schlangen
    Sie setzten sich auf die Holzbohlen des Stegs – die waren noch nass vom Regen des Tages – und hingen ihren Gedanken nach. »Ich kann nicht aufhören«, sagte Britt in das Schweigen. »Nein«, sagte Spinne. »Ich kann auch nicht weitermachen«, sagte Britt. »Nein«, sagte Spinne. »So nicht.«
    Auf einmal schob sie den Ärmel von Britts Kutte hoch und legte ihren Arm an den des Mädchens. Britt sah hin und sah, was sie sehen sollte. Den dürren, welken Arm der kranken Frau. Und

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