Das Inselcamp
außer Maria – und Pitt, Britt, Tom, Jakob und Philip spielten im Badezeug Ritter und Dame und erschraken gebührend, wann immer ein Gespenst ihnen vor die Füße stolperte.
»Ein blödes Spiel«, flüsterte Tom Jakob zu. Dann schnappten sie sich gemeinsam eines der Gespenster und kitzelten es durch. Pitt war nur halb bei der Sache. Er sah Britt ohne Kittel, und er sah, wie furchtbar mager sie war.
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Im Licht der Wahrheit
»Britt, hör dir mal an, was Philip zu erzählen hat!« Britt und Jacques räumten gerade die Brettspiele zurück in ihre Kartons. Gerald, der Rollstuhlfahrer, war noch da, und Edwin, der Stotterer, bemühte sich vergebens, einen Witz zu erzählen. »Und … und dann … haben sie …«
Britt folgte Pitt nach draußen. Dort waren die drei vom Berg und sahen hinaus aufs Meer. Die Wolken hatten sich endlich leergeregnet. Eine späte Sonne sandte schräge Strahlen.
»Diese Kinder, Maria und Elli«, sagte Pitt, »sie gehören gar nicht zum Zeltplatz. Sie leben in einer Kommune, ein ganzes Stück weit landeinwärts.«
»Da beten sie den ganzen Tag und lesen in der Bibel«, sagte Philip. »Die sind noch heiliger als Jott.« Er erzählte von seinem Tag auf dem Hügel: von Judiths Vater und Johannas Engel. Und von den Fürbitten.
Britt wurde blass, und Pitt sprach aus, was sie dachte: »Ich wette, Jott weiß, dass sie hier sind«, sagte er. »Darum hat er uns hierhergeschafft!«, rief Tom und Jakob ergänzte: »Der wollte, dass sie uns bekehren!« Philip machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ein Haufen Behinderte«, sagte er.
Wie aufs Stichwort rollte Geralds Rollstuhl durch den breiten Eingang des Zeltes. Edwin bahnte ihm den Weg. »Du legst den Finger in die Wunde«, sagte Gerald ruhig. »Aber, aber, aber …«, sagte Edwin. Seine Augen waren offen und groß auf Britt gerichtet. Er hatte sich daran gewöhnt, dass sie verstand, was er sagen wollte.
Aber Britt ging nicht zu ihm hin wie sonst und ließ ihn in ihr Ohr flüstern, sondern sie sah starr auf Philip. Oder durch ihn hindurch. Sie stand unter Schock.
Edwin kniff die Augen zusammen und versuchte sich zu konzentrieren. »Aber, aber, aber«, sagte er wieder. Philip war rot geworden, tief rot. Er schaute von Gerald zu Edwin und von Edwin zu Gerald. Er sah ein, dass er nichts zurücknehmen konnte.
»Gerald und Edwin gehören auch dazu«, sagte er schließlich zu Tom. »Ein paar von den Hütten da oben sind leer. Es war von einem Rollstuhlfahrer die Rede und von einem Stotterer.«
»Und von mir«, sagte Spinne. Die tief stehende Sonne im Rücken, stand sie da, hinfälliger denn je. Sie warf lange Schatten. »Auch wenn ich nur zu Gast bin.«
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Die große Enttäuschung
Andi hatte Judith den Weg gezeigt, der vom Vogelnest hinunter zum Strand führte. Gegen fünf hatte der Regen aufgehört, und die sechs hatten sich von ihren Gastgebern verabschiedet. Selbst Simone hatte zugegeben, dass es ein guter Tag gewesen war.
»Ich muss noch zum Campingplatz«, hatte Judith gesagt, und drei der sechs kannten einen Weg. Den waren sie gegangen, zu sechst, alle mit eigenen Plänen.
Johanna hoffte, dass Gabriel nachkommen würde (sie hatte ihm einen Zettel geschrieben), Tamara und Simone wollten endlich einmal schwimmen. (»Zwei Wochen Nordsee und kein einziges Mal im Wasser«, meinte Simone. »Das glaubt uns keiner!«) Von Matti dachten alle, dass er zur Surfschule wollte. Judith aber und Andi wollten zu Martin.
Bevor sie sich trennen konnten – auch ihre Kittel hatten sie noch an – stießen sie auf die kleine Versammlung vor dem Aufenthaltszelt. Auf Britt, Pitt und die drei vom Berg. Auf einen Rollstuhlfahrer und einen, der bei ihm stand, auf eine dürre Frau und auf Jacques, der abseits stand.
Und bevor sie sich zu erkennen gaben, betrachtete Judith die Gesichter. Empörung las sie in den Gesichtern der Jungen, jähen Zorn. Wirklich beunruhigend aber war Britts Gesicht. Da lag die Welt in Trümmern.
Judith machte den anderen ein Zeichen. Seid still . Langsam und unauffällig traten sie näher. Dann sprach die Dürre, und sie sprach ohne Mitleid.
»Ihr hättet nicht miteinander sprechen sollen«, sagte sie. »Das war die Bedingung. Ich habe ihm gleich gesagt: Ihr werdet euch nicht daran halten.«
»Was genau war der Plan?«, fragte Tom, und Jakob ergänzte: »Für wie blöd hält er uns!« Spinnes hageres Gesicht verzog sich zu einem spöttischen Grinsen. Na ja
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