Das Intercom-Komplott
weiteren Gedanken. Büros werden oft von Einbrechern heimgesucht, meistens von kleinen Gaunern, die sich für Schreib- und Rechenmaschinen oder die Portokasse interessieren. Wir wissen jetzt, daß es in Blochs Büro nichts zu holen gab. Und ich will Ihnen sagen, wen ich für den Täter halte.
Meiner Ansicht nach war es das BfV.
Das man nicht mit dem BND verwechseln darf, Mr. Latimer. Der Bundesnachrichtendienst ist das westdeutsche Äquivalent der amerikanischen CIA. 1948 bis 1955 als das von den Amerikanern finanzierte ›Amt Gehlen‹ bekannt, wurde er später dem Bundeskanzleramt unterstellt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hingegen entspricht dem englischen Büro M 15, der französischen DST oder der Spionageabwehr innerhalb des FBI. Das Bulletin über den FG 115 muß alle diese Organisationen beunruhigt haben, der zeitliche Ablauf der Geschehnisse freilich läßt vermuten, daß es die CIA war, die sich zum Eingreifen entschloß.
Und so spielte sich alles ab: Am Montag, dem 12. Dezember, tauchten Goodman und Rich bei Dr. Bruchner in Basel auf und erfuhren, daß der Besitzer von Intercom Bloch sei. Gleichzeitig wird ihnen aber auch gesagt, daß ich alle Arbeit täte und für den Inhalt verantwortlich sei. Also kommen sie am Dienstag nach Genf, um mich zu interviewen. Aus mir bekommen sie nichts heraus, folglich kommt ihnen Bloch in den Sinn.
Was jetzt geschah, kann ich nur vermuten. Wahrscheinlich fuhren sie am Mittwoch nach München, um ihm einen Besuch abzustatten. Als dies fehlschlug, besprach sich Rich mit den Bonner Leuten der CIA, die sich ihrerseits mit dem BfV in Verbindung setzten. Wahrscheinlich hatte sich auch der Verfassungsschutz mit Bloch beschäftigt und he rausbekommen, daß niemand, auch nicht die Münchner Polizei und seine Bank, etwas über ihn wußte. Das muß sie verwundert haben. Die CIA mußte also handeln, um etwas zu erfahren. Man brach einfach in Blochs Büro ein, um sich seine privaten Papiere ansehen zu können, ohne daß er das Gefühl haben mußte, überwacht zu werden.
Natürlich hatte niemand Grund zu der Vermutung, daß dieser Arnold Bloch überhaupt nicht existierte, daß er nichts war als eine Stimme und ein Name. Eine Stimme, die von unbekannten Orten aus Ferngespräche führte, und ein Name, der auf einer Reihe von gefälschten Papieren, einigen Bankauszügen und mehreren höchst respektablen Empfehlungsschreiben stand.
Auch ich hatte keinen Anlaß zu einem solchen Verdacht. Den größten Teil des Freitagnachmittags verbrachte ich damit, ihm einen Brief zu schreiben.
Es wurde ein Meisterwerk. In gemäßigten Worten beschrieb ich die Probleme, vor die ich mich gestellt sah, in aller Ausführlichkeit, erläuterte mit größter Folgerichtigkeit meine Lösungsvorschläge und schloß mit einer Liste der Themen, die bei unserer Gipfelkonferenz besprochen werden müßten. Falsch war nur, daß ich von der naiven Annahme ausging, daß ich mich an einen Menschen wandte und nicht an einen Geist, und daß ich dachte, ihm sei mehr daran gelegen, daß wir im Geschäft bleiben, als ermordet zu werden.
Ich verließ das Büro kurz vor sechs Uhr und ging, wie an den beiden Abenden zuvor, in ein Café an der Ecke. Seit der Begegnung mit Goodman und Rich fühlte ich mich nicht mehr so recht wohl in meiner Haut, und da man mich schon einmal nach Hause verfolgt hatte, wollte ich herausbekommen, ob und wann es wieder geschah. Wurden Sie schon einmal beschattet, Mr. L.? Wahrscheinlich nicht. Wenn Sie es aber doch einmal erlebt haben, werden Sie wissen, daß man dabei auf die ausgefallensten Gedanken kommt.
Von diesem Café aus konnte man drei Straßen übersehen. Und man konnte es durch verschiedene Ausgänge verlassen. Man behauptet zwar, es sei unmöglich, einem geübten Verfolger zu entkommen, aber man kann ihm seinen Job doch schwer genug machen. Und genau das wollte ich.
Ich weiß nicht genau, ob an diesem Abend jemand hinter mir her war, als ich das Café verließ und zu meinem Auto ging – beim erstenmal war mir der Fiat mit dem Fribourger Kennzeichen nur zufällig aufgefallen –, aber angesichts dessen, was später geschah, bin ich ziemlich sicher, daß es so war. Ich bin überzeugt davon, daß ich diesen Kerlen Schwierigkeiten bereitete; zwar nicht im selben Maße wie sie mir, aber es ist eben doch angenehm zu denken, daß ich ihnen keine leichte Beute war.
Als ich mein Glas geleert hatte, zahlte ich und stand auf, als wollte ich gehen. Aber ich verließ das Café noch
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