Das Intercom-Komplott
Unfall Gelegenheit zu einem Gespräch mit Carter im Polizei-Kommissariat erhielt, teilte mit, Carter habe die vernehmenden Dienststellen erst Donnerstag abend davon unterrichtet, daß er seine Vermutungen über ein Komplott zwischen CIA und KGB in Intercom veröffentlicht habe. Zu diesem Zeitpunkt war natürlich die Ausgabe vom 20. Dezember schon in der Post und nicht mehr greifbar {*} . Über das Electret-Bulletin sagte er überhaupt nichts, obwohl es in derselben Ausgabe abgedruckt wurde, und auf Vorhalt behauptete er leichthin, er habe einfach vergessen, es herauszunehmen.
Seine journalistische Indiskretion hatte also, wie wir gesehen haben, nichts anderes bewirkt, als die Untersuchungsbehörden ins Lager seiner Gegner zu drängen. Seine spätere Beharrlichkeit – seine Weigerung nämlich, reinen Tisch zu machen – hatte ganz natürlich zur Folge, daß sich ihr Verhalten ihm gegenüber noch weiter verhärtete. Und der Entschluß, ihn zu verhaften, war aller Wahrscheinlichkeit nach in ihrem Wunsch begründet, ihn von den ausländischen Reportern fernzuhalten, die sie ununterbrochen bedrängten, wie auch darin, daß sie ihm eine Lehre erteilen wollten.
Verhaftet wurde er am Mittwoch vormittag, dem Haftrichter vorgeführt am Nachmittag desselben Tages. Man erließ Haftbefehl gegen ihn. Eine Freilassung gegen Stellung einer Kaution wurde abgelehnt. Der Haftrichter ordnete außerdem eine Durchsuchung des Intercom- Büros und seiner Wohnung an.
Was Carter übrigens nicht wußte: Dieser Tag – es war der 21. Dezember, ein Mittwoch – war sein letzter Tag als Herausgeber von Intercom.
Auch Dr. Bruchner mußte sehr sorgfältig abwägen, was er über den Intercom -Skandal aussagte. Dennoch, einige der wesentlichsten Ereignisse dieser Woche sind protokollarisch festgehalten, und manches andere läßt sich schlußfolgern.
Am Montag, dem 19. Dezember, erhielt Dr. Bruchner ein zweites Angebot – wieder über das Bankhaus Schwob – für die Aktien der Intercom Publishing Enterprises AG. Er übermittelte dieses Angebot telegrafisch an Arnold Blochs Postlageranschrift, die er einige Tage zuvor erfahren hatte. Am folgenden Tag antwortete Bloch ihm – ebenfalls telegrafisch –, er wolle akzeptieren, und gab ihm Anweisungen, wie der Betrag überwiesen werden solle: die Kaufsumme sei auf das Nummernkonto eines Basler Korrespondenten einer libanesischen Bank einzuzahlen.
Dr. Bruchner teilte dem Bankhaus Schwob sofort mit, das Angebot sei akzeptiert worden.
Keine einzige in Basel erscheinende Zeitung hatte an diesem Morgen auf Carters Mißgeschick hingewiesen, kein Wort wies darauf hin, was sich in Genf ereignet hatte, aber am späten Nachmittag machte ihn einer seiner Partner auf einen Leitartikel einer in Paris gedruckten amerikanischen Zeitung aufmerksam. Dieses Blatt nämlich hatte sich dazu entschlossen, Carters Behauptungen lächerlich zu machen, und wer den Artikel geschrieben hatte, war wohl der Spaßvogel der Redaktion. Er war mit Eifer ans Werk gegangen. Nachdem er an General Novaks seltsame Karriere erinnert hatte, beschrieb er Intercom als »erste Geige in einem Orchester von Wahnwitzigen« und seinen Herausgeber als dessen »mondsüchtigen Dirigenten«. Illustriert wurden diese Vergleiche durch eine Liste der absurdesten › Intercom -Ausflüge nach Wolkenkuckucksheim‹. Es war ein amüsanter, vernichtender Einspalter.
Dr. Bruchner freilich reagierte seltsam darauf.
Man muß hier daran erinnern, daß er zwei verwirrende Tage hinter sich hatte. Das zweite Angebot des Bankhauses Schwob hatte ihn verwundert, seine Annahme zutiefst verblüfft. Es war ihm zwar gelungen, mit Dr. Schwob über die Zahlungsmodalitäten so zu verhandeln, als ginge es um die selbstverständlichste Sache der Welt, aber es war ihm doch schwergefallen. Und als das Gespräch abgeschlossen war, glaubte er, geträumt zu haben.
Der Preis für die Intercom- Aktien lag mittlerweile bei zwei Millionen Franken. In Dr. Bruchners Hirn begann es zu wirbeln. Als er dann aber die Kolumne in der Pariser Zeitung las, wirbelte es in die entgegengesetzte Richtung. Aus dem Mann, der zunächst seinen Sinnen nicht getraut hatte, wurde jemand, der merkte, daß er ein Geschäft verpaßt hatte, jemand, der etwas für zwei Millionen verkauft hatte, das kurz zuvor nach aller Ansicht nichts wert gewesen war.
Dr. Bruchner rief im Intercom- Büro an, sprach mit Mlle. Deladoey und erfuhr von ihr, Carter sei aus dem Hospital entlassen. Danach vergaß er alles
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