Das Internat
erschreckt? Komm zurück!
Stunden hatte sie damit verschwendet, über einen Jungen nachzudenken, der es sich zum Hobby gemacht hatte, dumme kleine Mädchen zu quälen. Zwei Wochen lang war sie jede Nacht aufgeblieben und hatte an ihrem Zimmerfenster gesessen, um ihn bei seiner ersten Lieferung um fünf Uhr morgens zu beobachten. Schließlich begannen ihre Noten zu leiden, und eine Lehrerin erwischte sie auf frischer Tat.
Mattie hatte sich geschämt, ihren Beobachtungsposten aufgegeben und war zurück ins Bett gegangen. Sie sollte doch die Starke sein. Sie sollte sich nicht in ältere Jungs verlieben. Und dennoch, zwei Wochen lang hatte sie sich wie Julia auf ihrem Balkon gefühlt. Sie hatte sich gewünscht, dass er sie bemerkte und die Mauer zu ihrem Zimmer hinaufkletterte. Leidenschaftlich hatte sie von seinen Berührungen und seinem Mund geträumt. Und mehr als alles andere auf der Welt hatte sie sich gewünscht, dass er sie küsste.
Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie bewegte sich und stöhnte. Ihr war immer noch kalt, und ihre Gedanken waren geradezu heiß, wie im Delirium,
lächerlich.
Sie fantasierte, träumte wieder von Jimmy Broud, als hätte sie damit nie aufgehört.
Als sie wieder zu sich kam, zitterten ihre Beine. Es war kein Wasser, dass sie umhüllte, sondern eine Decke.
Entspann dich. Schlaf wieder, wenn du kannst. Ich bin bei dir.
Sie lag mit Jimmy Broud im Bett. War das möglich?
Er zog sie in die Arme, und sie hatte keine Kraft, sich zu wehren. Mattie war gezwungen, sich halten und trösten zu lassen, eine seltsame Qual – so fremd, dieses Gefühl von Hilflosigkeit. Sie seufzte. Hätte sie gekonnt, sie hätte ihn angefleht, sie in Ruhe zu lassen. Schließlich gab sie auf. Sie ließ sich fallen. Es gab nichts anderes, was sie tun konnte.
Richtig so. Kämpf nicht mehr. Entspann dich.
Das Bett war so weich und warm wie das Badewasser, und manchmal konnte sie das eine nicht einmal vom anderen unterscheiden.
Warum bist du weggelaufen?
Ich wollte nicht weglaufen. Ich will nicht mehr weglaufen.
Wehr dich nicht, Mattie. Lass mich dir helfen.
Hilf mir. Hilf mir zu bleiben.
Wann hatte er sie geküsst? Wann war das passiert? Sie hatten sich nicht geküsst, als sie noch zur Schule ging. Das wusste Mattie sicher, aber sie konnte den Druck seines Mundes auf ihrem spüren. Ihr war, als drückte jemand Rosenblätter an ihre Lippen. Sein Kuss war warm und lebendig. Pulsierend. Es gefiel ihr … mehr, als sie sich es jemals hätte vorstellen können. Sie wollte mehr.
Seine Arme waren nicht weich. Sie hoben sie hoch, als wäre sie federleicht.
Sein Körper war auch nicht weich. Nirgendwo.
Jimmy? War das ein Traum – oder liebte er sie? War er in ihr? Rief sie seinen Namen?
Jimmy!
Mattie öffnete die Augen und erlebte etwas, das man einen furchtbaren Schock nennen könnte. Sie lag im Bett, aber nicht mit dem Jungen, von dem sie geträumt hatte. Dies war nicht ihr sicherer Hafen. Das hier war der Sturm.
Jameson Cross lag auf dem Bauch im Bett und beobachtete sie, die Arme um die Kissen unter seinem Kopf geschlungen. Mattie sah ihn an und zuckte zusammen. Ihr tat der Kopf weh, genau an der Stelle, die das Kissen berührte. Aber den Schmerz beachtete sie nicht, solange Cross in der Nähe war, besonders wenn er so aussah, als sei er nackt. Eine Decke lag auf seinen Beinen und der Hüfte, also konnte Mattie sich nicht sicher sein.
Sie war nackt. Auch sie lag unter einer Decke, bis zur Nasenspitze, aber sie musste nicht nachsehen. Einige Dinge wusste man einfach. Ob man nackt war, zum Beispiel. Und ob der Kopf schmerzte. Ihrer schmerzte sehr.
"Was tust du hier?", fragte sie ihn mit schwacher, gepresster Stimme.
"Ich wohne hier."
Sie warf einen Blick durch das unordentliche Schlafzimmer und schloss die Augen, bemüht, die letzten vierundzwanzig Stunden zu rekapitulieren.
"Was tue ich dann hier?"
Er setzte sich auf, und sie sah, dass er Jeans trug. Gott sei Dank. Als er ihr ein Glas Wasser aus der Karaffe auf dem Nachttisch eingoss, rutschte Mattie vorsichtig ein Stück höher und versuchte, sich zu orientieren. Wenn das ein Schlafzimmer war, hatte sie so etwas vorher noch nie gesehen. Es gab überhaupt keine richtigen Wände, links nur eine transparente, raumgroße Trennwand, die von der Decke hing, und rechts eine Abtrennung aus wasserblauen Glasblöcken, die scheinbar ein Badezimmer beherbergten. Dem Bett gegenüber stand eine Kommode aus Teakholz, die sich fast über die gesamte Länge des
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