Das Internat
Besen und grinste.
"Wollen Sie etwas über unser schnörkelloses Angebot wissen? Sechshundert Dollar alles in allem, und das beinhaltet einen Sarg aus Wellpappe für den Verstorbenen, die Asche gibt es in einer Plastikurne, keine Trauerrede."
Plötzlich hatte der Ort für Mattie seine Schönheit verloren. Sie hoffte, dass sie diesen Kerl normalerweise nicht auf die Hinterbliebenen losließen. "Ich wollte mich ehrlich gesagt nur nach dem Verbrennungsvorgang erkundigen."
"Ah", erwiderte er erfreut. "Nun ja, die Leichen werden in eine Steinkammer gebracht, die bis zu eintausend Grad aushält. Und sogar bei dieser Hitze dauert es Stunden. Trotzdem bleibt nicht nur Asche über, so gern man es auch glauben würde. Es gibt Knochenrückstände, die zermahlt werden müssen, viele Knochenrückstände. Das ist mein …"
Mattie schüttelte den Kopf. So viel wollte sie gar nicht wissen. Trotzdem musste sie noch eine Frage stellen. "Werden die Menschen jemals mit ihren Habseligkeiten verbrannt?"
"Ja, sicher, immer wieder. Solange wir das Zeug in die Box kriegen und es einwandfrei verbrennt, ist das kein Problem." Er schnalzte mit der Zunge. "Manche glauben allerdings nur, dass alles mit ihnen verbrannt wird. Sie wollen sogar zusammen mit ihrem Bargeld in Flammen aufgehen. Können Sie sich das vorstellen?"
Eine interessante Art, ein Videoband loszuwerden, dachte Mattie.
Durch seine dicken Brillengläser blinzelte der Mann sie an. "Sind Sie Journalistin?"
"Ich recherchiere etwas." Sie zuckte betont gelangweilt die Schultern.
"Konnte ich Ihnen helfen? Es gibt noch so viel mehr zu erzählen …"
"Nein, nein! Nicht nötig. Sie haben mir sehr geholfen."
Mattie bedankte sich und verließ die Kapelle. Nola Daniels hatte ihr erzählt, dass der Mann, der die medizinische Untersuchung während der Verhandlung von William Broud geleitet habe, diese Woche hier verbrannt würde. Das hieß, dass er bereits hinten im Lager des Krematoriums war. Ein Sarg aus Wellpappe? Der wäre nicht zu schwer zu öffnen. Und wenn Mattie kein Videoband fände, würde sie vielleicht etwas anderes entdecken, möglicherweise Manschettenknöpfe mit Sternen. Heute Morgen war sie mit dem Gedanken aufgewacht, dass auch andere Mitglieder des Rings sie getragen haben könnten, als Zeichen ihrer Mitgliedschaft zu einem geheimen Kreis.
Sie schlich um das Gebäude herum und entdeckte die schweren Aluminiumtüren der Einrichtung. Sie schienen nicht abgeschlossen zu sein. Als ob es der Zufall so wollte, waren sie es tatsächlich nicht. Mattie ging hinein und warf vorsichtig einen prüfenden Blick auf die Ausstattung, die einem Lager ähnelte. Nur die Öfen waren nicht zu übersehen.
Sie waren von außen mit Chrom verkleidet und mit einer digitalen Anzeige sowie numerischen Tastenfeldern versehen, mit denen die Brennstäbe, die Luftzufuhr und die Ventilatoren reguliert werden konnten. Ein rollenartiger Apparat vor jedem Ofen schien zu gewährleisten, dass man die Särge problemlos hineinschieben konnte. Die unheimliche Ähnlichkeit zu gigantischen Pizzaöfen verursachte Mattie ein flaues Gefühl im Magen. Sie musste dieses Bild vor ihrem inneren Auge ignorieren und weitermachen.
Wo wurden wohl die Leichen aufbewahrt? Neben den Öfen machte Mattie eine große Tresortür aus. Als sie darauf zuging, sah sie etwas, das sie an das Kofferkarussell im Flughafen erinnerte. Es deutete alles darauf hin, dass die Verstorbenen per Laufband zu den Öfen transportiert wurden.
Mattie streckte die Hand nach der Tür aus, aber ihre Finger erreichten den Griff nicht mehr. Ein schwerer Gegenstand traf ihren Schädel. Ihre Sicht verschwamm, und ein schneidender Schmerz zog durch ihren Kopf. Mattie hatte niemanden kommen gehört. Und sie hörte auch nicht ihren leisen Seufzer, als sie auf den Zementboden fiel.
Der tief sitzende, pochende Schmerz fühlte sich an, als wäre er direkt in Matties Gehirn eingedrungen. Sie konnte sich nicht bewegen und nichts sehen, selbst als sie die Augen öffnete. Panik erfasste sie, ließ sie aufkeuchen. Schemenhaft erinnerte Mattie sich an den Schlag, der sie zu Boden gezwungen hatte. Hatte er sie gelähmt?
Sie versuchte, die Hände zu bewegen, und spürte, wie ihr dicke Seile, geflochten wie Kabel, in die Handgelenke schnitten. Niemals würde sie die lösen können. Auch ihre Füße waren gefesselt, ein Knebel war ihr in den Mund gestopft worden. Die Dunkelheit umhüllte Mattie wie ein schweres Tuch, obwohl ihr die Augen nicht verbunden worden
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