Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Internat

Das Internat

Titel: Das Internat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
Vom Netzwerk:
vor Übelkeit umdrehen sollen.
    Die Augen seines Freundes standen offen, doch er sah nicht hinaus auf den See. Er konnte nichts außer ewiger Dunkelheit sehen. Frank O'Neill war tot.

40. KAPITEL
    S elbstmord, begriff Jameson. Als er den Raum betrat, entdeckte er eine offene Flasche Whiskey und ein umgefallenes Glas auf dem Schreibtisch. Daneben lag eine leere Schachtel Schlaftabletten. Tiefe Trauer übermannte Jameson. Die Szene vor seinen Augen schien Daniels' Erpressungsvorwürfe zu bestätigen, was für Jameson noch schwerer zu akzeptieren war. Niemand hätte Frank einen Heiligen genannt, trotzdem hatte er immer wie ein anständiger Kerl gewirkt.
    Während er um den Schreibtisch ging, wurde Jameson bewusst, dass er die Leiche seines Bruders nur wenige Tage zuvor entdeckt hatte. Billy und Frank hätten nicht unterschiedlicher sein können, weder im Leben noch im Tod. Obwohl er wie ein Baby zusammengerollt auf dem Badezimmerboden gelegen hatte, schien Billy friedlich gestorben zu sein. Franks Gesicht war angstverzerrt. Jameson mochte ihn kaum ansehen.
    In dem schwachen Licht hatte es so ausgesehen, als hätte Frank auf den See hinausgeschaut. Bei näherer Betrachtung wirkte es, als sei der Teufel persönlich hinter Frank her gewesen. Der Anblick, der sich Jameson bot, ähnelte Van Goghs grotesken Selbstportraits. Dieser unheimliche, starrende Blick und der verzerrte Mund, der jetzt offen stand. Der Speichel, der auf dem Kinn klebte.
    Er ist noch nicht lange tot, stellte Jameson fest. Das Blut hatte aufgehört zu zirkulieren; wegen der aufrechten Position hatte es den Kopf als Erstes nicht mehr erreicht. Das erklärte Franks fleckiges Gesicht. Jameson schätzte, dass weniger als eine Stunde vergangen war.
    Um sein Entsetzen zu beenden und dem Mann Frieden zu geben, hätte Jameson Frank gern die Lider geschlossen. Aber er konnte nicht. Wenn er die Polizei erst mal verständigt hätte, würde sie darauf bestehen, dass nichts angefasst würde. Jameson war kein Polizist, doch er hatte schon viele Fälle untersucht. Er kannte die Fallstricke.
    Jameson warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Er sollte Lane anrufen und einen Weg finden, ihr die Nachricht beizubringen. Irgendetwas hielt ihn davon ab. Frank war tot, und trotzdem schien in dem Zimmer etwas erledigt, beendet werden zu müssen. Sogar Franks Haltung drückte das Unmittelbare eines Schnappschusses aus, eine Momentaufnahme, bevor es weiterging.
    Jameson konnte Franks Arme und Hände sehen, den Nacken. Die Muskeln waren nicht weich, sie schienen immer noch angespannt zu sein. Jameson berührte die Haut und fühlte Wärme. Er hatte richtig geraten – Frank war noch nicht lange tot. Trotzdem war es seltsam, dass er nicht vornüber gefallen war, sich nicht gelöst hatte von dem, was ihn zu diesem Akt der Selbstzerstörung getrieben hatte.
    Warum hatte Frank das getan? Die Angst vor der Bloßstellung vielleicht. Scham. Schuldgefühle. Jameson hasste die Vorstellung, dass Menschen sich zu so einem Extrem drängen ließen, und das aus all den falschen Gründen. Normalerweise konnten sie nicht mit dem Gefühl leben, versagt zu haben, tatsächlich waren sie doch nur an dem Versuch gescheitert, den Ansprüchen anderer zu genügen. In Billys Fall lag es an den Erwartungen des Vaters. Harlan Broud war so darauf versessen gewesen, die Illusion von Güte und Frömmigkeit zu bewahren, dass er dafür seinen Sohn geopfert hätte – und Jameson hatte seinen Teil dazugetan.
    Einen Rebellen, der ihn in Verlegenheit brachte und ihm vor Augen führte, dass er nicht Gottes Abgesandter auf Erden war, konnte Harlan nicht ertragen. Er hatte eine sanftmütige Frau geheiratet, die ihn bis zum Tage ihres Todes anbetete, als ihr Körper von Krebs zerfressen war. Außerdem gab es den zweiten Sohn, der Zeuge von Billys Fehltritten geworden war und deshalb mehr als bereit war, an die Stelle des missratenen Erstgeborenen zu treten.
    Jameson hatte seine Rolle akzeptiert, ohne zu begreifen, dass dies dem Selbstbild seines Vaters diente.
Egoistisches Arschloch.
Warum war Harlan nicht gestorben? Er hatte seinen unschuldigen Sohn an den Rand des Selbstmords getrieben und die Gefühle seiner zarten Frau an jedem Tag ihrer Ehe verletzt. Warum waren es nie die Arschlöcher, die jung und auf tragische Art und Weise ums Leben kamen?
    Das Leben ist fair, überlegte Jameson. Nur die Menschen nicht, sie sind Schweine, selbstsüchtig und rücksichtslos, wenn es um ihr Ego geht.
    Die Schatten wurden länger und

Weitere Kostenlose Bücher