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Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Clemens
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weiter und sah dann, dass Tim die Stange etwas höher gelegt hatte. Sie kniff die Augen zusammen, packte die Mähne und ließ die Stute über die Stange springen.
    »Okay«, rief Tim. »Das reicht.«
    Mit glühendem Gesicht fiel sie in Schritt und klopfte das Tier.
    »Sie kann tatsächlich springen«, sagte Tim zufrieden. »Und du hast dich toll gehalten. Ich glaube, ihr werdet einmal ein Superteam.«
    Noch nie war sie so stolz gewesen. Sie wischte die Sattellage aus und reinigte das Gebiss, bewundert von Nina, die ihr unzählige Fragen stellte, von denen sie die meisten nicht verstand. Wie die Stute sie über dem Sprung mitnehme, ob sie sich auf die Hand lege und ob es Zufall gewesen sei, dass der Absprung jedes Mal passte.
    Sie fettete sorgfältig die Hufe ein, schüttelte das Stroh auf und gab dem Tier zum Schluss einige Pellets.
    Morgen würde sie zu Ben fahren.

    Sie stand früh auf, duschte und zog sich sorgfältig an. Sie durfte nicht zu elegant sein, auf keinen Fall. Lieber sportlich. So, als habe sie sich keine großen Gedanken über ihr Aussehen gemacht. Sie entschied sich wieder für die Stoffhose und einen etwas wärmeren Pullover im gleichen Farbton. Ihre Haare strich sie hinter die Ohren. Es sah noch ein wenig ungewohnt aus, aber nicht schlecht. Sie frühstückten zusammen und Nina erzählte, Jennifer habe ihre erste Reitstunde absolviert und sich ganz gut angestellt. Sie sei zwar ziemlich steif, tue aber alles, was man ihr sage.
    »Sie ist kein Besserwisser«, erklärte sie und biss in ihr Brötchen.
    »Obwohl sie Anwältin ist. Schon erstaunlich. Ich dachte immer, alle Anwälte sind Klugscheißer. Ist sie aber nicht.«
    Tim grinste und Claire blickte schnell auf ihren Teller.
    »Ich habe ihr angeboten, ihr weiter Unterricht zu geben. Dafür muss sie uns, wenn wir viel zu tun haben, im Stall helfen. Damit ist sie einverstanden.«
    Nach dem Frühstück bot Nina an, die Küche alleine aufzuräumen, weil Claire in die Stadt wollte.
    »Danke dir«, sagte sie und griff nach dem Autoschlüssel.
    Sie ärgerte sich über das Herzklopfen und zwang sich dazu, langsamer zu fahren. Nur keine Eile. Als sie auf dem gleichen Parkplatz wie beim ersten Mal parkte, sah sie das als ein gutes Zeichen an. Bevor sie ausstieg, blickte sie in den Innenspiegel und zog sich die Lippen nach. Nein, zu grell. Mit einem Papiertaschentuch wischte sie die Farbe wieder ab. Jetzt war der Lippenrand verschmiert. Sie ging die Konturen mit dem Tuch nach, befeuchtete die Lippen und lächelte sich aufmunternd zu. Dann stieg sie aus. Mit schwungvollen Schritten überquerte sie die Straße und blieb vor Bens Bürotür stehen. Dann erst sah sie das Schild, auf dem stand, Ben Hastings sei zurzeit verreist.
    Sie war so enttäuscht, dass sie am liebsten geheult hätte. Sie stieg wieder in ihren Wagen und wollte nach Hause fahren und sich in ihr Zimmer einschließen. Aber sie wusste, dass sie sich dann nur noch schlechter fühlen würde. Sollte sie einen Kaffee trinken gehen? Nein. Ihr war nicht nach Kaffee. Was dann? Sie beobachtete einen Mann mit einem großen Hund, der an jedem zweiten Haus kurz sein Bein hob. Wie eklig. Dann fiel ihr Maureen ein, die auch einen Hund gehabt hatte. Was war es noch gleich gewesen? Ja, genau, ein Dalmatiner, den sie nicht sonderlich mochte, wie sie schrieb.
    Sollte sie tatsächlich zum Zeitungsarchiv gehen? Um etwas herauszufinden, was so lange schon vorbei war? Doch, genau das würde sie jetzt tun. Es war besser, als Trübsal zu blasen und in Selbstmitleid zu versinken.
    Sie fuhr zur Redaktion der Zeitung und fragte nach dem Archiv. Eine junge Frau am Empfang erklärte ihr den Weg. Sie nahm den Aufzug in den dritten Stock und suchte die angegebene Zimmernummer. Auf ihr Klopfen hörte sie ein Murmeln. Unschlüssig öffnete sie die Tür und sah eine Dame hinter einem Schreibtisch, die aussah wie eine blassere Ausgabe von Vanessa Redgrave. Die hochgesteckten Haare wirkten wie zementiert. Das dunkelblaue Kostüm sah maßgeschneidert aus, verdeckte aber nicht die etwas ausladenden Hüften. Mit arroganter Miene nickte sie zur Begrüßung nur leicht mit dem seitlich geneigten Kopf.
    Auf Claires Frage sagte sie, das Archiv sei auf dem neuesten Stand. Dann wollte sie wissen, für welchen Zeitraum sie sich denn interessiere, und Claire sagte, es gehe um Mitte bis Ende der Sechzigerjahre.
    Redgrave nickte und brachte sie zu einem Scanner in einem kleinen Raum nebenan. Sie erklärte ihr, wie sie das Gerät bedienen musste

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