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Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Clemens
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Großteil ihrer heiß geliebten Möbel. Tim kam ihr damals regelrecht verwaist vor. Er leistete lustlos seinen Zivildienst ab, während Nina ebenso lustlos eine Hauswirtschaftsschule besuchte. Damals wohnte ihr Bruder mit ihr zusammen in einer winzigen Wohnung, die sie während des Studiums nur mit Mühe und Not finanzieren konnte, bis er die Stelle beim Finanzamt bekam und sich mit Nina eine kleine Wohnung nehmen konnte.
    Die Stelle hatte sie ihm beschafft. Tim war damals ohne jeden Antrieb. Es schien ihr so, als warte er nur darauf, dass ihm jemand sagte, was er tun solle. Sie bekam es mit der Angst zu tun, als sie bemerkte, dass er sich zu nichts aufraffen konnte und immer stiller wurde. Nur wenn er in den Stall fuhr und mit Nina zusammen war, ging es ihm einigermaßen. Sie wusste, dass es so nicht weitergehen konnte, dass er leicht in eine Depression abrutschen konnte.
    Dann fand sie die Stellenausschreibung des Finanzamts. Es wurden Bürokräfte gesucht, die sich durch interne Schulungen weiterbilden konnten. Sie schickte ihn hin und telefonierte mit dem Personalreferenten, den sie vom Studium kannte. Und Tim wurde tatsächlich angenommen. Als Nina davon hörte, bat sie sie, sich auch für sie einzusetzen. Sie war davon überzeugt, dass sie sich lächerlich machen würde, wenn sie noch einmal mit ihrem ehemaligen Studienkommilitonen sprach, um auch die Freundin ihres Bruders dort unterzubringen. Aber Nina wurde tatsächlich angenommen und hielt das für selbstverständlich, weil sie, Claire, dafür gesorgt habe. Als sie sie dann noch darum bat zu fragen, ob sie und Tim nicht in einem gemeinsamen Büro sitzen könnten, weigerte sie sich und sagte, das müssten sie schon selbst klären. Und das taten sie auch. Denn sie saßen tatsächlich zusammen.

    Wie erleichtert war sie damals, beide gut untergebracht zu haben. Und wie wütend auf ihre Eltern, die sich nicht mehr verantwortlich fühlten. Sie sah das Gesicht ihrer Mutter vor sich. Immer ein wenig blasiert, als sei sie in die falsche Gesellschaft geraten. Und dann ihr Vater, der seine Frau immer noch anbetete und für seine Kinder nicht viel übrig hatte. Gerade Tim hätte ihn so dringend gebraucht.
    Die Stute war an den Zaun getreten und schnupperte an ihren Händen. Die Barthaare pickten sie, aber die Oberlippe des Tieres war ganz weich. Sie hob die Hand und berührte sie an den Nüstern, die etwas verklebt waren. Die müssten unbedingt mit einem Schwamm gereinigt werden. Am Vortag noch hatte sie gesehen, wie Tim Esquires Nüstern säuberte. Und die Stute hatte dabei genussvoll geseufzt. Sie streichelte die Oberlippe und sah hoch. Und erschrak. Das war doch Princess, die nach jedem biss. Hastig trat sie einen Schritt zurück und die Stute reckte den Hals nach ihr. Seltsam, dass sie nicht nach ihr schnappte. Das musste sie unbedingt Tim erzählen. Er würde staunen und begeistert sein.
    Ihr Bruder konnte sich so schnell begeistern. Aber ebenso schnell zweifelte er auch an sich, wenn er sich kritisiert fühlte.
    So wie Viktor es getan hatte. Er hatte ihn sogar massiv kritisiert, ohne ihn überhaupt zu kennen. Sie ging weiter und bog rechts auf den Rundweg ab. Viktor war zu weit gegangen. Sie stieß gegen einen Stein, der einige Meter weit flog. Wie konnte er nur? So auf Tim herumzuhacken. Tim, der nie etwas Schlechtes wollte und dem man höchstens vorwerfen konnte, dass er ein Träumer sei. Viktor hatte den Bogen überspannt. Es war ihr ernst damit, dass sie ihn nie wieder sehen wollte. Es tat überhaupt nicht weh.
    Sie trat wieder in die Lücke und blickte auf das Steinhaus, das es ihr so angetan hatte. Es schien zu warten. Auf sie. Sie atmete einmal tief durch. Sie würden versuchen, das Hotelprojekt zu verwirklichen. Das war das, was sie immer schon wollte. Und wahrscheinlich wäre es sowieso zur Trennung gekommen. Viktor hätte nie akzeptiert, dass sie etwas Derartiges in Angriff nahm. Etwas, womit er sich nicht messen konnte. Und genau das wollte er, wie ihr nun klar wurde. Sich messen und natürlich gewinnen.
    Sie drehte sich um und ging weiter. Was er brauchte, war eine Frau, die ihn bewunderte. Das hatte sie nie getan. Nicht so, wie Nina Tim bewunderte.
    Als Tim damals unbedingt eine Reitstunde zum Geburtstag haben wollte, bot ihr Vater ihr an mitzukommen. Aber sie weigerte sich. Sie befürchtete, mit den großen Tieren nicht zurechtzukommen und hatte eine alberne Angst davor, hinunterzufallen. Nicht einmal Tim zuliebe konnte sie sich überwinden und

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