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Das irische Erbe

Das irische Erbe

Titel: Das irische Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Clemens
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zu denen sie sie als Kind manchmal begleiten durfte. Eine dunkelhaarige Frau, ungefähr in ihrem Alter, kam sofort auf sie zu und sprach sie auf Irisch an. Verflixt. Sie erklärte ihr auf Englisch, dass ihre Haarspitzen geschnitten werden sollten, aber die Friseuse verstand sie zuerst nicht und blickte sie ratlos an. Dann nahm Claire eine Strähne ihres Haares zwischen die Finger und markierte eine Schere und die Schnittbewegung. Jetzt verstand sie.
    Sie führte Claire zu einem Sessel und legte ihr einen Umhang vor. Dann wusch sie ihr die Haare und begann zu schneiden. Es irritierte Claire, dass sie nicht vor einem Spiegel saß und nicht sehen konnte, was sie machte. Aber die Wut hatte sie müde gemacht. Sie versuchte zu entspannen und blätterte in einem Frauenmagazin.
    Als sie fertig war, reichte die Friseurin ihr einen Spiegel, und sie erschrak zuerst. Sie hatte ihre Haare auf Kinnlänge geschnitten. Zusammenbinden konnte sie sie so nicht mehr. Aber es sah gar nicht so schlecht aus. Vielleicht war eine Veränderung längst überfällig gewesen. Doch, es gefiel ihr. Die Länge stand ihr.
    Sie bedankte sich und fuhr zurück.
    Sie ging sofort in den Stall. Tim wusch gerade den Futtertrog von Esquire aus. Sie stellte sich zu ihm.
    »Muss man das regelmäßig machen?«, fragte sie.
    »Kommt darauf an«, Tim rieb jetzt mit einem trockenen Lappen durch den Trog, ein wenig behindert von der Stute, die glaubte, es gebe Futter.
    »Bei Scabri ja, bei den anderen reicht einmal in der Woche. Mach uns doch einen Tee, ja?«
    Er hatte überhaupt nicht bemerkt, dass sie fortgewesen war, was sie ein wenig ärgerte
    »Ich war beim Friseur«, sagte sie herausfordernd.
    »Tatsächlich? Und was hast du da gemacht?«
    Er warf ihr einen Blick zu.
    »Neue Farbe, nicht wahr?«

    Der Tee würde warten müssen. Sie ging zuerst ins Steinhaus. Die beiden Männer sahen hoch, der Schnauzbart grüßte, der Dürre starrte sie nur an. Aus den Augenwinkeln sah Claire, dass der Durchbruch deutlich größer war. Demnach hatten die beiden am Vormittag richtig Gas gegeben.
    Ohne Umschweife fragte sie, ob jemand wisse, wie sie Ben Hastings erreichen könne.
    Der Schnauzbart begann zu grinsen und sie explodierte beinahe.
    »Verdammte Scheiße«, brach es aus ihr hervor, wobei sie ins Deutsche fiel.
    »Was glauben Sie eigentlich, was ich hier mache? Ich versuche, die Wirtschaft in Ihrem verschlafenen Land ein wenig zu fördern und werde von allen Seiten nur boykottiert. Kein Wunder, dass Ihr überall hinterherhinkt. Und ich habe gedacht, Ihr hättet mittlerweile europäischen Standard erreicht.«
    Sie verstanden sie nicht, aber das war ihr gleich.
    »Ihr werdet noch in hundert Jahren ein Agrarland sein und Schafe auf der Weide haben, wenn ihr euch nicht etwas mehr anstrengt.«
    Der Schnauzbart grinste wieder und Claire musste an sich halten, nicht auf ihn loszugehen.
    »Wieso Schafe?«, hörte sie eine Stimme hinter sich und drehte sich blitzschnell um. Hastings, in Arbeitsklamotten, das Gesicht staubbedeckt, die Haare zerzaust, einen Stemmhammer in beiden Händen haltend. Seine blauen Augen fixierten sie.
    Perplex sagte sie: »Ich dachte, Sie sind im Ausland. Das hat mir Ihre Assistentin jedenfalls gesagt.«
    »Welche Assistentin?«, fragte er.
    »Na, die Blondine.«
    »Das ist Fiona«, sagte er, als erkläre das alles.
    »Dann sind Sie also nicht fort?«, fragte sie und schalt sich sofort ob ihrer dummen Frage.
    »Nein, Sie sehen mich doch hier.«
    Die Arbeiter lauschten dem Gespräch gebannt. Claire versuchte sich zu beruhigen.
    »Ich frage mich, wie Sie den Umbau in der Zeit überhaupt schaffen wollen. Ihre Männer scheinen einfach draufloszuarbeiten. Wieso gibt es hier keine Pläne oder Skizzen, wie bei anderen Bauunternehmungen auch?«
    »Da liegen doch die Pläne,« er deutete auf einen umgekippten Karton, auf dem verschiedene Pläne lagen, säuberlich in Prospekthüllen eingepackt.
    »Wo ist also das Problem?«, fragte er.
    »Zwei Ihrer Leute sind krank, Sie können nie und nimmer den Termin einhalten.«
    »Deshalb bin ich ja hier«, sagte er kurzangebunden, schob sie zur Seite und ging auf den Durchbruch zu. »Ich habe so schnell keinen Ersatz gefunden.«
    Sie schwieg perplex.
    »Und wieso sagte Ihre Assistentin, Sie seien im Ausland?«, fragte sie, obwohl es sie nicht mehr interessierte.
    »Für Fiona ist alles jenseits von Connemara Ausland«, sagte er und fügte dann noch hinzu: »Irland ist schon lange kein Agrarland mehr. Und in der Viehzucht

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