Das irische Erbe
schloss den Wagen auf. Er war von außen ziemlich verdreckt, aber innen war es auch nicht besser. Benutzte Papiertaschentücher, Dreckbrocken, Strohreste und Einwickelpapiere von Bonbons, die Tim immer lutschte.
Sie lächelte unsicher.
»Mein Wagen ist eine Mülltüte auf Rädern.«
»Oh, meiner ist viel schlimmer«, sagte Ben.
Sie fuhren los und sie musste daran denken, wie unfreundlich er bei ihrem ersten Besuch in seinem Büro gewesen war. Und nun fuhr sie mit ihm durch Galway. Alles in allem waren die Dinge besser gelaufen, als sie gedacht hätte. Der Umbau ging nun zügig weiter. Schon erstaunlich, dass seine Anwesenheit im Haus so viel bewirkte. Er schien kräftig zuzupacken.
»Was ist eigentlich mit dem großen, dürren Arbeiter?«, fragte sie. »Er wirkt auf mich etwas sonderbar.«
»Ramon? Er ist ein wenig behindert. Aber sonst sehr tüchtig.«
Er schwieg und sie dachte an Zoes Worte, dass Männer jede Gelegenheit aufgriffen zu schweigen, und dass ihr an Ole gefallen hatte, dass er das nicht tat. Aber das Schweigen störte überhaupt nicht. Er schien seinen Gedanken nachzuhängen, ebenso wie sie ihren.
Spontan musste sie an Viktor und seine Lamas denken und wie wenig er von den Tieren doch gelernt hatte. Sich vorzustellen, dass Hastings ein Seminar machte, um von Lamas Autorität und Menschenführung zu lernen, war einfach absurd. Er war ein ganz anderer Typ Mann als Viktor.
Sie fuhr auf eine Kreuzung zu und fragte: »Geradeaus?«
»Ja, genau.«
Er dirigierte sie mit wenigen Worten durch Galway und sie blieb schließlich in einer gepflegten Straße am Rande der Stadt stehen. Neugierig sah sie sich um. Die Häuser auf der linken Seite waren schon älter und wirkten gegenüber denen auf der anderen Seite etwas kümmerlich. Links schienen sich die Eigentümer mit dem eher kleinen Geldbeutel niedergelassen zu haben. Auf der anderen Seite waren die Häuser schöner und verfügten über größere Grundstücke. Das Haus, vor dem sie hielten, war klein und nicht besonders nett anzusehen. Bröckelnder Putz, eine verbogene Dachrinne, einige gesprungene Dachziegel. Der Vorgarten war total verwildert und ein Anbau war nicht richtig gelungen. Er passte nicht zum Rest des Hauses. Von einem Architekten und Bauunternehmer hatte sie etwas anderes erwartet. Ehe sie sich noch bremsen konnte, sagte sie: »Der Anbau ist etwas zu wuchtig geraten, oder?« Dann fügte sie hastig hinzu: »Es ging sicher darum, auf diese Weise mehr Platz zu bekommen.«
»Ja, aber gefallen tut es mir nicht. Ein Erker wäre besser gewesen. Außerdem ist der Garten durch den Anbau zu klein geworden. Schön ist das nicht.«
Irritiert sah sie zu ihm hin.
»Aber warum haben Sie es denn so gemacht?«
»Das ist nicht mein Haus«, sagte er. »Das dort ist meines.«
Er deutete auf das gegenüberliegende Haus, das von einer weißen Mauer begrenzt wurde. Butzenscheiben vermittelten Gemütlichkeit. Die Fensterrahmen waren grün. Dazu ein reetgedecktes Dach und eine goldgelbe Fassade. Im Garten spendete ein riesiger Baum Schatten. Mehr war von der Straße aus nicht zu erkennen.
Er stieg aus, beugte sich noch einmal in den Wagen und sagte: »Sie müssen jetzt nur geradeaus weiterfahren und sich an der großen Kreuzung rechts halten. Die Straße führt direkt auf die Umgehung. Und vielen Dank, dass Sie mich gefahren haben.«
Sie fuhr los und sah ihn im Rückspiegel, bis sie abbiegen musste.
Abends las sie in Maureens Tagebuch weiter. Wieder ging es zuerst um Frederik, der ihr die wahre Liebe gezeigt habe. »Wir haben uns getroffen und alles vergessen. So war es noch nie.«
Sie hatten also miteinander geschlafen, schlussfolgerte Claire. Dann wurde Maureen sachlicher und es kam ihr so vor, als habe sie versucht, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Sie erzählte, dass ihr Mann Deutscher sei, der Irland liebe. Bei ihrer Heirat habe er nichts davon gesagt, dass er in Irland leben wolle. Sonst hätte sie ihn nicht geheiratet.
Es hörte sich wie eine Rechtfertigung an, aber Claire verstand sie. Maureen erklärte weiter, er habe sich von seinem Vater unabhängig machen wollen. Deshalb kaufte er den Hof, den er selbst bewirtschaften wollte. Sie wurde depressiv, als klar war, dass sie dort bleiben würden. »Aber er wird den Hof nicht halten können, das hat er nun selbst zugegeben. Ich weiß nicht, ob ich bei ihm bleiben kann, und ich weiß auch nicht, ob die Kinder mich zurückhalten können. Ich bin eine schlechte Mutter, das weiß ich.«
Sie seien
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