Das ist nicht wahr, oder?
Muster der Schuppen.« Und ich: »Das ist ein strukturiertes Papier mit Rautenmuster, das mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Man sieht, dass es Papier ist, denn Schlangenhäute sind nicht viereckig. Oder perforiert.« Ich breitete es auf dem Boden aus und daraufhin Victor auf einmal: »Hm, das ist ja Küchenpapier, verdammt. Ich glaube, wir brauchen einen neuen Kammerjäger.«
Wir werden das Jahr wahrscheinlich nicht überleben.
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Ich will immer noch den Familienfriedhof in unserer Nachbarschaft finden und streife über leere Felder und halte nach Grabsteinen Ausschau. Eine Nachbarin, die ich noch nicht kannte, bremste kürzlich neben mir, stellte sich vor und meinte, ich sollte beim Wandern wegen der vielen Schlangen aufpassen. Ich bedankte mich, erklärte aber, ich würde nicht wandern, sondern nur nach Leichen suchen. Victor sagt, ich dürfte ohne ihn nicht mehr mit den Nachbarn sprechen.
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Gestern Abend war Victor weg, deshalb hinderte mich niemand am Ausrasten, als gegen Mitternacht etwas Großes heftig von außen gegen die Schlafzimmerwand schlug. Ich rief den Kammerjäger an und jammerte, etwas sehr Lautes werfe sich andauernd gegen die Wand. Er meinte, wahrscheinlich würde es sich um eine in der Wand eingesperrte Feldmaus handeln. Darauf ich: »Nein. Es klingt wahnsinnig gefährlich und
riesig.
Wie ein Dämon, der einen Bären gegen die Wand schleudert. Oder ein Chupacabra … mit einem Gewehr.« Darauf der Typ verwirrt: »Ein Chupa-
was?«
ER HATTE NOCH NIE VON EINEMCHUPACABRA GEHÖRT. Ich: »Augenblick mal,
ist das Ihr Ernst? Sind sie neu?«
Denn ich erwarte doch von meinem Kammerjäger, dass er das weiß. Ich rief sofort Victor an. »Hör mal, unser Kammerjäger weiß nicht, was ein Chupacabra ist«, und Victor: »Wirklich? Wir leben hier doch in Texas. So was sollte Prüfungsthema sein«, und ich: »ABER HALLO.« Diese ganze Woche stinkt zum Himmel.
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In meinem Schlafzimmer stinkt es furchtbar. Die schrecklichen Geräusche haben seit einer Woche aufgehört und es ist doch klar, dass der Chupacabra in der Wand gestorben ist. Der Kammerjäger ist zum Dachboden hinaufgestiegen und er meint, es hätte sich vermutlich um ein Eichhörnchen gehandelt, das in den Spalt zwischen den Wänden gefallen wäre, und er würde versuchen, es mit einem Haken vom Dachboden aus herauszuziehen. Nach zwanzig Minuten sagte er, er könnte es nicht erreichen, und gab auf. Er meinte auch, auf dem Dachboden liege viel Dreck, um den wir uns bei Gelegenheit kümmern sollten.
Am folgenden Tag kam ein zweiter Eichhörnchenangler von derselben Firma, der von dem Problem gehört hatte und sich selber daran versuchen wollte. Es ging in meinem Haus zu wie in einem großen Greifautomaten und der Preis war ein totes Eichhörnchen. Nach ungefähr einer halben Stunde kam mir die Befürchtung, die übrigen Chupacabras könnten den Angler getötet haben, aber dann stellte sich heraus, dass er nur aufgegeben und eine Flasche
Rat-sorb
Geruchsvernichter in die Wand geschüttet hatte. Das gibt es nämlich wirklich, Leute. Um den Gestank toter Tiere zu absorbieren. So steht es auf dem Etikett. Ich werde also offenbar den Rest meines Lebens mit einem toten Eichhörnchen in der Schlafzimmerwand verbringen müssen. Der Kammerjäger meint, das wäre oft so undalle Häuser hätten ausgetrocknete Tierkadaver in den Wänden. Was auch eine positive Seite hat. Denn wenn ich das nächste Mal auf einer vornehmen Dinnerparty eingeladen bin und keinen Ton herausbringe, denke ich einfach daran, dass das Haus wahrscheinlich voller toter Tiere steckt. Das ist in etwa so, wie wenn man vor einer Gruppe sprechen muss und sich die anderen alle nackt vorstellt. Nur dass die toten Tiere in der Wand nicht eingebildet sind und dafür wirklich nackt. Ich weiß nicht, ob das die Sache besser oder schlimmer macht.
Mein Fuß, meine Fußmatte, mein ungeladener Gast (ein im Wesentlichen toter giftiger Tausendfüßler). Am selben Tag bin ich noch vier Skorpionen begegnet. Wahrscheinlich werde ich hier sterben.
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Das mit dem Geruchsvernichter ist jetzt eine Woche her und der Gestank ist endlich verschwunden, aber vor ein paar Minuten habe ich in der Wand ein scharrendes Geräusch gehört. Ich wollte nicht noch einmal von vorn anfangen, deshalb beschloss ich, das Tier durch Schreien, Knurren und An-die-Wand-Hämmern zu vertreiben, als wäre ich ein gefährliches Raubtier. Aber als ich mich dann umdrehte, starrten mich die beiden Katzen nur empört an, als wollten
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