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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Lawson
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den Kopf. »Kannst du mir nicht vertrauen?« Er kniete sich neben die Klapperschlange. »Sie ist tot. Sieht aus, als wäre ihr Kopf überfahren worden.«
    »Wahnsinn.
Und jetzt steig bitte wieder ein.«
    Doch Victor hörte nicht auf mich. Er zog einen Handschuh an und bückte sich, um die anderthalb Meter lange Klappeschlange am Schwanz hochzuheben. »Wir bringen sie deinem Vater mit, der kann sie wahrscheinlich – OHMEINGOTT!«
    Die »tote« Klapperschlange hatte genau diesen Moment für einen wütenden Angriff auf Victors Bein ausgewählt. Nicht ganz zufällig war es auch genau derselbe Moment, in dem ich mit der Taschenlampe ins Auto zurücksprang und Victor imStockdunklen auf der einsamen Straße stehen ließ, in der Hand eine wütende Klapperschlange, die ihn ermorden wollte.
    »MACH SOFORT DIE TASCHENLAMPE WIEDER AN!«, brüllte er.
    »ICH SAGTE DOCH, DU SOLLST DA NICHT RAUSGEHEN!«, brüllte ich wütend zurück, verriegelte (aus irgendeinem Grund) rasch die Türen und kurbelte sämtliche Fenster hoch. Ich hatte wirklich Angst um Victor und wollte ihm auch helfen, andererseits dachte ich gleichzeitig, dass er daran irgendwie wirklich selbst schuld war.
    »MACH SOFORT DIE TASCHENLAMPE AN ODER ICH WERFE DIESE BLÖDE SCHLANGE DURCH DAS FENSTER ZU DIR REIN«, schrie er, was überraschend war, einmal weil er für jemanden, der gerade an einem Schlangenbiss starb, überraschend lebendig klang, und außerdem weil er irrtümlich annahm, ich hätte nicht automatisch alle Türen verriegelt.
Er kennt mich so wenig,
dachte ich.
    Ich holte tief Luft, rief mir ins Gedächtnis, dass er zwar ein Macho-Idiot war, aber eben mein Macho-Idiot, und kurbelte das Fenster soweit herunter, dass ich gerade die Hand mit der Taschenlampe durchstecken konnte. Victor sah immer noch sehr lebendig aus und ziemlich sauer. Wie sich herausstellte, lebte die Schlange noch und wollte ihn beißen, aber ihr Kiefer war zerschmettert, deshalb konnte sie Victor nichts tun. Victor sah mich mit panisch aufgerissenen Augen zornig an, erlöste die Schlange mit einer Schaufel von ihrem Leiden und kam zum Pickup zurück.
    Es dauerte eine Weile, bis sein Atem sich wieder beruhigt hatte, aber seine Stimme klang nur mühsam beherrscht. »Du hast mich allein gelassen. Im Dunkeln.
Mit einer lebenden Klapperschlange.«
    »Nein,
du
hast
mich
allein gelassen. Im Auto.
Wegen
einerlebenden Klapperschlange«, erwiderte ich. »Deshalb sind wir wohl quitt.« Es folgte eine lange Pause, während der er mich unablässig anstarrte. »Aber ich verzeihe dir«, fügte ich hinzu.
    »DU HÄTTEST MICH FAST UMGEBRACHT«, rief er.
    »Nein, das war die
Klapperschlange. Ich
war nur eine unfreiwillige Zeugin. Ich wollte den Wagen wenden und die Schlange überfahren, um dich zu retten, aber du hattest die Schlüssel eingesteckt. Außerdem kann ich Autos mit Gangschaltung nicht fahren. Ich wäre also wahrscheinlich auch gestorben, aber eben viel qualvoller und langsamer an Hunger und Kälte. Eigentlich müsste ich auf dich wütend sein.« Ich war erst wütend geworden, als ich angefangen hatte, mich zu verteidigen, aber dann war mir klar geworden, dass ich nicht ganz unrecht hatte. Wenn überhaupt, dann hatte ich fast uns beide getötet, aber Victor war zu kurzsichtig, um so weit voraus zu sehen.
    »Du hast mich allein gelassen. Im Dunkeln.
Mit einer lebenden Klapperschlange«,
wiederholte er flüsternd.
    »Ich habe dir eben vertraut«, sagte ich liebenswürdig. Das ist einer meiner Lieblingssprüche, wenn ich mich mit jemandem streite, denn der andere kann dir schwer widersprechen, ohne dadurch offen zuzugeben, dass dein Vertrauen nicht gerechtfertigt war. Ich sage das ziemlich oft. Es klang so gut, dass ich es gleich noch einmal sagte: »Ich wusste, dass du mit dieser Schlange fertig wirst. Manchmal muss man einfach Vertrauen haben.«
    Genau um dieses Vertrauen rang ich in der Woche vor unserer Hochzeit. Die Vorstellung, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit so vieler Menschen zu stehen, versetzte mich in Panik, ich wäre am liebsten ausgebüchst und hätte mich in Las Vegas in Tennisschuhen von einem Elvis-Imitator trauen lassen. Aber Victor war ein Einzelkind und seine Familie wünschte sich so sehr eine Hochzeit mit allem Drum und Dran, alsohatte ich mich ergeben und ließ die Hochzeitsvorbereitungen willig über mich ergehen. Ich war nie der Typ für große Hochzeitsfeiern und verschwendete keinen Gedanken an Hochzeitskerzen und Probeessen. Zusammen mit meiner Mom machte ich aus

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