Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Lawson
Vom Netzwerk:
Begeisterung nicht teilte, und sagte mit einer unwirschen Handbewegung, ich wäre eben ein »Mädchen« und könnte den männlichen Wunsch, den künftigen Schwiegervater mit einem mannhaften Geschenk zu gewinnen, sowieso nicht verstehen.
    »Du hast wahrscheinlich recht«, räumte ich ein. »Ich verstehe tatsächlich nicht, was so männlich daran sein soll, wenn ein Mann dem anderen einen Geldbeutel schenkt.« Victor stellte mit ziemlich lauter Stimme klar, dass es sich um einen
Medizin
beutel handle, und ich sagte: »Aha, na ja, davon habe ich keine Ahnung. Ich hatte nie einen Geldbeutel mit Kojotengesicht, weil ich nicht gewusst hätte, welche Schuhe dazupassen.« Victor sah mich finster an und sagte, ich hätte sowieso keine Ahnung, und ich stimmte ihm zu und gab meiner Vagina die Schuld, was wir im Moment ja offenbar beide täten. Daraufhin gab Victor sich seufzend geschlagen, küsste mich auf die Stirn und sagte, es täte ihm leid, was aber überhaupt nicht überzeugend klang. Ich glaube, er sagte das auch nicht, weil er seine sexistischen Bemerkungen bereute, sondern weil er sich nicht traute, mit meiner Vagina zu streiten. Was ziemlich geschickt von ihm war, denn meine Vagina ist
clever
.
    Wie sich herausstellte, liebte Daddy den Beutel mit dem Tiergesicht und hängte ihn an einen Ehrenplatz am Kaminsims, wo er heute noch hängt. Victor hatte seinen Respekt gewonnen, und das nur mit einer Tasche aus einem toten Tier. Ich überlegte, ob es vielleicht irgendeine geheime Zahlenkombination gab, mit der ich mich bei Victors Eltern genauso beliebt machen konnte. Nicht dass sie mich
nicht
gemocht hätten, sie wirkten in meiner Gegenwart einfach nur befangen. Sie waren nett und höflich, aber so ratlos, als wäre ihr Sohn überraschend mit einem Nackentattoo mit der Inschrift »KOCH MIR BASKETTI« aufgetaucht. Sie wirkten sprachlos und verwirrt und womöglich sogar gekränkt, schienen aber auch einzusehen, dass sie nichts mehr ändern konnten, also beglückwünschten sie ihren Sohn ein wenig zögernd zu dem mysteriösen Nackentattoo, um dessen Hand er angehalten hatte.
    Besonders deutlich wurde das am Tag vor unserer Hochzeit, als Victor mit seiner Mom und seinem Stiefvater zu uns kam, damit unsere Eltern sich noch vor der Hochzeit kennenlernen konnten. Meine Mutter und ich hatte meinen Vater überreden können, in seiner Präparatorenwerkstatt zu bleiben. Ich wollte meine Schwiegereltern zuerst mit etwas Alkohol und der Versicherung besänftigen, wir seien in Wirklichkeit alle ganz normal, bevor ich sie mit meinem Vater bekannt machte.Leider hörte mein Vater Victor mit seinen Eltern vorfahren und bedeutete ihnen winkend, auf den Platz hinter seiner Werkstatt zu kommen, auf dem ein mächtiges Feuer loderte. Im Feuer lag ein großes metallenes Ölfass, das mit einer kochenden Flüssigkeit gefüllt war. Mein Vater rührte mit einem Besenstiel darin herum und Dampfschwaden waberten um seine grauen Haare. Eigentlich hätte Victor nur zurückwinken und so tun sollen, als könnten sie ihn nicht hören, und dann mit seinen Eltern rasch in unserem Haus verschwinden. Stattdessen lächelte er nervös und half seiner Mutter, die mit ihren eleganten Absätzen im Dreck einsank, durch die kreuz und quer laufenden Hühner hindurch zu dem Platz hinter der Werkstatt. Mein Vater baute sich einschüchternd vor Victor und seinen Eltern auf, hieß sie aber mit seiner dröhnenden Stimme herzlich willkommen, während er zugleich weiter in dem Kessel rührte. Meine künftige Schwiegermutter versuchte sich in Small Talk, blickte mit fragend hochgezogenen Augenbrauen auf den Kessel und fragte ein wenig ängstlich: »Was kochen Sie denn da?« Sie beugte sich zögernd darüber und versuchte ein Lächeln. »Ist das … Eintopf?«
    Mein Vater kicherte gutmütig, lächelte freundlich und herablassend, wie man es bei einem Kind tut, und sagte: »Nein, ich koche nur Schädel.« Er spießte mit dem Besenstiel den Kopf einer Kuh auf, an dem noch Fleisch hing, und zeigte ihn ihr. Ein Augapfel fiel heraus, rollte auf meine künftigen Schwiegereltern zu und blieb neben dem Designerschuh meiner Schwiegermutter liegen, als wollte er ihr unter den Rock sehen. Daraufhin flüchteten die beiden zum Auto und fuhren überstürzt ab. Ich sollte sie erst wieder zur Hochzeit sehen.
    Aber sie bissen die Zähne zusammen und waren tapfer bemüht, mich als neues Familienmitglied aufzunehmen. Das Ganze dauerte lange und kostete sie größte Überwindung. Sie behandelten

Weitere Kostenlose Bücher