Das ist nicht wahr, oder?
besser, wenn ich sagen würde, ich hätte Bilder von einem anderen Penis verschickt?«
Ich denke seit fünfzehn Jahren über diese Frage nach und habe immer noch keine gute Antwort gefunden. Damals sagte ich: »Nicht wirklich. Einer Kollegin ein Bild von einem Penis zu schicken gilt nirgendwo als akzeptabel. Das steht auch im Mitarbeiterhandbuch so, also mehr oder weniger. Zwischen den Zeilen.«
»Steht da auch was dazu, dass jemand aus der PA dir ein Penisfoto vorlegt und dich fragt, ob das deiner ist?«
Darauf fiel mir keine Antwort ein, deshalb sagte ich nur, er wäre gefeuert, und notierte mir, dass wir unbedingt das Mitarbeiterhandbuch mit mehr penisbezogenen Richtlinien aktualisieren müssten.
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BIS HEUTE
musste ich fünf Männern, deren Bilder im Mailfilter hängen blieben, die Frage nach ihrem Penis stellen. (Anmerkung: Wenn ich das Leuten vorlese, die nicht in einer PA arbeiten, unterbrechen sie mich an dieser Stelle und sagen: »Wie bitte? Leute mailen auf der Arbeit Fotos von ihren Penissen?« Ich bejahe das dann, es passiere mindestens einmal im Vierteljahr. Wenn ich dieselbe Passage PA-Mitarbeitern vorlese, sagen sie immer: »Wie bitte? Du hast fünfzehn Jahre in der PA gearbeitet und musstest nur fünf Mal die Penis-Frage stellen?« Ich stelle dann richtig, dass ich diesen Abschnitt in meiner Anfangszeit geschrieben habe und dass gleich im nächsten Abschnitt noch einmal davon die Rede ist. Danach wurde es so alltäglich, dass ich es in meinem Tagebuch nicht mehr erwähne. Zuletzt konnte ich die Penis-Frage stellen, ohne rot zu werden oder zu kichern, so oft hatte ich den verschiedensten Männern schon Fotos ihres Gemächts vorgelegt und sie gebeten, ihren Penis zu identifizieren. Mit einer Vagina hatte ich kein einziges Mal zu tun. Wahrscheinlich lassen Frauen sich beim Verschicken ihrer Mails nicht so leicht erwischen, weil sie in die Betreffzeile nicht schreiben »Sieh dir meine Vagina an«. Außerdem haben Vaginas weniger Persönlichkeit als Penisse, die Frage »Ist das Ihre Vagina?« wäre also schwer zu beantworten. Wenn jemand mich auffordern würde, in einer Gegenüberstellung das Fahndungsbild meiner Vagina zu benennen, wäre ich aufgeschmissen. Und wahrscheinlich ziemlich besorgt, was meine Vagina angestellt hat, dass es ein Fahndungsbild von ihr gibt.
»SIND DAS IHRE PENISSE?«
Ich hätte nie gedacht, dass ich diese Frage einmal stellen müsste, weil ich niemanden kenne, der mehr als einen Penis hat, aber in diesem Fall handelte es sich um zwei Männer, die während der Arbeit ein Gemeinschaftsfoto ihrer Penisse gemacht hatten. Das Bild war nicht im Filter hängen geblieben, aber sie hatten es mit dem Bürodrucker ausgedruckt und dann versehentlich liegen lassen. Einer der beiden nickte nur stumm, aber der andere beugte sich vor, betrachtete das Bild ausdruckslos und zeigte dann auf den linken Penis. »Nur der«, sagte er. Ich dankte ihm für die Klarstellung, weil mir nicht einfiel, was ich sonst hätte sagen sollen. Sein Freund sah ihn entgeistert an, aber er hat daraus wahrscheinlich gelernt, genauer auf die Leute zu achten, mit denen sein Penis Bilder macht. Man darf sich nicht für alles hergeben, Leute.
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VERGANGENE WOCHE
habe ich eine Bewerberin abgelehnt, die alle Einträge ihrer Bewerbung entweder falsch geschrieben oder überhaupt nicht gemacht hatte. Gestern kam sie mit fast genau derselben Bewerbung wieder, aber mit anderem Namen. Ich habe sie wieder abgelehnt. Heute kam sie wieder und gab eine Bewerbung mit noch einem anderen Namen ab. Ich fragte sie, ob sie die Frau mit dem ersten Namen gewesen wäre. Sie erwiderte, das wäre ihre Schwester. Ich sagte, ich könnte sie nur einstellen, wenn ihr Name mit dem Namen auf ihrem Sozialversicherungsausweis übereinstimmte. Daraufhin wollte sie die Unterlagen zurück, die sie mir gerade gegeben hatte, und ersetzte den Namen durch den ursprünglichen. Ich lehnte sie wieder ab und sagte bei dieser Gelegenheit, dass jeder in seiner Bewerbung lügt, aber normalerweise nicht beim Namen. Beim Gehen sagte sie: »Dann bis morgen.« Ich bin ziemlich sicher, das war nicht ironisch gemeint.
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HEUTE MORGEN
teilte der Abteilungsleiter uns mit, wir würden demnächst Busfahrer einstellen, um die Leute zu unseren verschiedenen Standorten zu fahren. Wir sollten einen Ausschuss bilden und einen entsprechenden Fragenkatalog für unsere Einstellungsgespräche ausarbeiten. Ich erkundigte mich, ob wir auch abfragen sollten, ob die Bewerber
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