Das ist nicht wahr, oder?
Ungefähr hundert von uns hatten sich in der Halle versammelt und der Bischof sagte gerade so richtig laut und dramatisch: »Himmlischer Vater, höre unser Gebet!« Im nächsten Augenblick plärrte es aus dem Walkie-Talkie eines Typen von der Technikabteilung: »KOMM REIN, KUMPEL!«, und ich musste mitten im Gebet rausgehen, weil ich so laut losprustete, dass die anderen schon hersahen. Ich konnte nämlich nur noch daran denken, wie Gott uns wahrscheinlich nur mit halbem Ohr zugehört hatte und dann plötzlich hochfährt: »WTF? Hat der Bischof mich wirklich gerade Kumpel genannt?« Da wurde mir klar, dass ich wahrscheinlich nie in den Himmel komme, es sei denn, Gott hat einen Wahnsinnshumor, den er wahrscheinlich hat, weil hallo?, ich meine,er lässt mich in einer kirchlichen Organisation arbeiten! Er zwingt mich zwar nicht dazu, aber er führt, wie ich höre, so eine Art Oberaufsicht über alles, von daher liegt es letztlich wohl doch in seiner Verantwortung. Wenn überhaupt, sollten die anderen also Gott die Schuld daran geben, dass ich mitten im Gebet losprusten muss. Wenn ich gefeuert werde, muss ich das unbedingt dem Bischof sagen.
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VERGANGENE WOCHE
sollte ich für meinen Chef eine zwanzigseitige Vorlage zu einem mitarbeiterbezogenen Benchmarking überarbeiten. Ich gab den fertigen Text ab, und er schrieb auf den Umschlag nur: »Nein, so nicht.« Da ich keine Ahnung hatte, was er wollte, schob ich das Ganze vor mir her, und als er heute Vormittag reinkam und sagte, er bräuchte die Endfassung in einer halben Stunde, druckte ich ihm haargenau denselben Text aus wie zuvor, nur auf schönerem Papier. Am Nachmittag rief er das ganze Team zusammen und verkündete, ich wäre ein leuchtendes Beispiel für die Umsetzung konstruktiver Kritik.
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AM ENDE DES FLURS
sitzt eine ganz fiese Kollegin, die unbedingt erreichen will, dass ich gefeuert werde. Ich bin nicht gut im Streiten, deshalb wünsche ich ihr nur immer ganz laut »einen wunderschönen Tag« und meine damit in Wirklichkeit: »Sei lieb zu mir, sonst steche ich dir mit einer Gabel ins Gesicht.« Ich wünsche ihr mindestens alle Stunde einen wunderschönen Tag. Sie ist schon total genervt, aber sie kann nichts machen, sie kann sich ja nicht beschweren, dass ich ihr einen schönen Tag wünsche, ohne irgendwie geisteskrank zu wirken. Deshalb soll man sich nie mit Leuten anlegen, die nicht gut im Streiten sind, denn die sind so labil, dass man nie weiß, was sie gleich tun werden. Das sind Leute, die drehen plötzlich durch und stechen einem mit einer Gabel ins Gesicht.
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VERGANGENEN MONAT
kam der Direktor mit seiner üblichen Beschwerde, die Personalabteilung lege sich nicht genügend ins Zeug, weil seine Abteilung immer noch chronisch unterbesetzt wäre. Wir sagten, wir kämen mit der Arbeit nicht nach, und gaben ihm den »Diese-Leute-nie-einstellen-es-sei-denn-wir-werden-nächste-Woche-alle-gefeuert«-Ordner mit und sagten, er solle uns Bescheid geben, wen wir zu Gesprächen einbestellen sollten. Er gab uns den Ordner am nächsten Tag zurück und hat sich seitdem nie wieder beschwert.
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HEUTE BEIM MITTAGESSEN
hat mein Kollege (Jason) mir von einem Dokumentarfilm über eine Frau erzählt, die einen ganz kleinen Oberkörper hatte. Von der Hüfte an abwärts war dagegen alles riesig. Ich daraufhin: »Meine Güte, ich wette, die hat gigantische Schamlippen«, worauf Jason seine Gabel hinlegte und sagte, er werde künftig nicht mehr mit mir zu Mittag essen. Aber dann sagte ich, große Schamlippen wären bestimmt wissenschaftlich sinnvoll. Ich würde sie, wenn ich diese Frau wäre, mit Vielzweckklemmen fixieren. Oder mit weichen Lockenwicklern. Zu besonderen Anlässen macht man die Lockenwickler dann ab und bingo: Dauerwelle. Fertig zum Abschlussball.
»Hallo«, sagte Jason und fuchtelte mit den Händen vor meinem Gesicht herum, »ich esse hier gerade Thunfischsalat.«
»Aber stell dir doch vor, was du mit denen machen könntest. Wenn dich jemand angreift, könntest du zurückschlagen, oder du könntest Kinder auffangen, die aus einem brennenden Haus springen. Ich wette, sie sind flach wie Pfannkuchen, weil sie ja immer zwischen den Beinen zusammengeklemmt werden. Du könntest eine Lampe dahinter stellen und Schattenspiele aufführen. So was ist wie ein Geschenk, für das keiner Verwendung hat. Aber ich, ich wüsste, was ich mit meinen Riesenschamlippen tun würde. Die ganze Welt würde ich damitunterhalten. So bin ich nun mal. Eine Heilige. Wenn ich
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