Das italienische Maedchen
nicht, dass sie verletzt wird. Ich habe sie schon einmal über meine Vergangenheit angelogen. Wenn sie die Wahrheit über Ella erfährt, glaubt sie bestimmt, dass ich sie wieder hintergangen habe. Und das wäre das Ende für uns.«
Luca hörte die Verzweiflung in Robertos Stimme. »Wann willst du mich sehen?«
»Ich fliege morgen nach England. Können wir uns in Heathrow treffen? Mein Flug kommt um elf in Terminal drei an.«
»Na schön, aber ich weiß nicht, wie ich dir helfen kann.«
»Danke, Luca, von ganzem Herzen danke. Bis morgen. Ciao .«
Roberto legte auf und sank aufs Bett. Er wusste, dass er nach jedem noch so kleinen Strohhalm griff. Wenn Luca sich weigerte mitzuspielen, musste er Rosanna selbst die Wahrheit sagen.
Als Luca am folgenden Morgen in der Ankunftshalle wartete, hörte er, wie sein Name ausgerufen wurde. Er meldete sich am Informationsschalter und wurde von einem Mann des Sicherheitsdienstes durch ein Gewirr aus Fluren in ein kleines Krankenzimmer geführt, in dem Roberto nervös hin und her lief.
Robertos Arroganz und Selbstsicherheit waren verschwunden. Er sah jetzt aus wie jeder übergewichtige Mann mittleren Alters mit einem Problem.
»Danke, dass du gekommen bist, Luca.« Roberto nickte dem Mann vom Sicherheitsdienst zu, der daraufhin den Raum verließ. »Ich dachte mir, es ist das Beste, wenn wir unter vier Augen reden. Nimm doch Platz.«
Luca setzte sich.
Roberto strich über sein unrasiertes Kinn. »Du hast jeden Grund, mich nicht zu mögen. Du weißt seit vielen Jahren, dass ich der Vater von Carlottas Kind bin. Als ich Rosanna geheiratet habe, muss das für euch beide ziemlich hart gewesen sein.«
»Wir wollten Rosanna, die dich liebt, nicht wehtun«, erklärte Luca kühl.
»Ich schwöre, dass ich bis zu dem Brief gestern nichts von Ella geahnt habe. Donatella Bianchi, eine Frau, die ich schon ziemlich lange kenne, war in meiner New Yorker Wohnung und hat Carlottas Schreiben ohne meine Erlaubnis geöffnet. Donatella sagt, sie hat vor, Rosanna persönlich eine Kopie des Briefs zu bringen.«
»Donatella Bianchi«, murmelte Luca.
»Du kennst sie?«
Luca nickte. »O ja. Aber warum will sie das Rosanna antun?«
»Um mich dafür zu bestrafen, dass ich sie verlassen habe. Rosanna ist die einzige Frau, die ich je geliebt habe, das weiß sie. Es ist die perfekte Rache. Donatella ist klar, dass deine Schwester mich höchstwahrscheinlich in die Wüste schickt, wenn sie das hört. Oder dass das zumindest einen Keil zwischen uns treibt. Und wir hatten in letzter Zeit genug Probleme.«
»Roberto, hast du Rosanna erzählt, dass du mal was mit Carlotta hattest?«
»Nein, das habe ich nicht für nötig gehalten. Rosanna war damals noch ein Kind und … Ja, ich hatte Angst vor Rosannas Reaktion. Luca, bitte hilf mir.« Roberto ergriff seine Hände. »Ich bin verzweifelt und flehe dich an: Denk nach, ob dir irgendeine Lösung einfällt. Ich verspreche dir vor Gott, dass ich der beste und liebevollste Mann der Welt sein werde. Ich liebe Rosanna und kann nicht ohne sie leben.« Roberto senkte den Kopf, und seine Schultern begannen zu beben.
Luca kannte tatsächlich einen Weg, wie sich Donatella für immer zum Schweigen bringen ließ. Aber hatte es nicht schon zu viele Lügen gegeben? War es nicht besser, wenn Rosanna die Wahrheit erfuhr? Sie würde ihr wehtun, doch im Lauf der Zeit würde sie darüber hinwegkommen.
Luca erinnerte sich an das Gesicht seiner Schwester im Café seiner Eltern, wie sie Roberto das erste Mal gesehen hatte.
Egal, wie er war: Sie liebte ihn. Egal, was er tat: Sie begehrte ihn. Er war Nicos Vater. Und außerdem, dachte Luca: Darf ich mich als Allmächtiger aufspielen? Er musste Roberto die Information geben, die er benötigte. Auf das, was danach geschah, hatte er keinen Einfluss.
Luca holte tief Luft.
»Roberto, ich weiß eine Möglichkeit, wie wir dieses Spiel beenden können.«
51
Donatella betrat die Lobby des Savoy Hotels.
Als Roberto sie in Wien angerufen und angefleht hatte, sich in London mit ihm zu treffen, bevor sie zu Rosanna fuhr, war sie nicht in der Lage gewesen zu widerstehen. Ihn noch einmal um Gnade winseln zu hören würde ihr zu großes Vergnügen bereiten. Und anders überlegen würde sie es sich auf keinen Fall.
Er wartete in der American Bar auf sie.
Sie begrüßte ihn mit einem Wangenküsschen. »Wie geht’s dir? Du siehst ein bisschen blass um die Nase aus, Roberto.«
»Drink?«, fragte er, ohne auf ihre Bemerkung
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