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Das italienische Maedchen

Das italienische Maedchen

Titel: Das italienische Maedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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Roberto Rossini ist einer der berühmtesten Tenöre der Welt. Ich weiß, wie stolz sie auf dich war. Bei uns im Café hat sie von nichts anderem geredet«, tröstete Rosanna ihn.
    »Ja, aber sobald ich berühmt war, habe ich mir keine Zeit mehr für sie genommen. In den vergangenen sechs Jahren habe ich sie zweimal gesehen, und das auch nur, weil sie mich in Mailand besucht hat.« Er sah sie traurig an. »Du hattest recht. Ich bin durch und durch egoistisch, ein Schwein. Ich hasse mich.« Wieder fing Roberto zu schluchzen an. Erst nach einer ganzen Weile hörte er auf und wischte sich über die Augen. »So habe ich noch nie geweint. Ich habe ein schrecklich schlechtes Gewissen.«
    »Das ist ganz natürlich. Als meine Mutter gestorben ist, hatte ich auch Gewissensbisse, weil ich manchmal schlecht über sie dachte. Bestimmt hatte Maria Verständnis, dass du beschäftigt warst. Mütter verstehen und vergeben alles.«
    »Meinst du, sie verzeiht ihrem Sohn, wenn er nicht zu ihrer Beerdigung kommt?«, fragte er mit leiser Stimme.
    »Wenn es einen guten Grund dafür gibt, ja.«
    Roberto putzte sich geräuschvoll die Nase. »Tut mir leid, dass ich dir den Abend verdorben habe. Rosanna, du warst heute phänomenal. Du solltest feiern, nicht hier herumsitzen und einen traurigen alten Mann trösten.«
    »Schluss mit dem Selbstmitleid.«
    »Na schön, dann eben einen Mann mittleren Alters. Warum bist du zu mir gekommen?«, fragte er unvermittelt. »Es ist spät.«
    »Weil ich mich entschuldigen wollte.«
    »Das sollte eigentlich ich tun. Wie gesagt, ich bin ein Schwein.«
    Rosanna nahm noch einmal seine Hand. »Und ich wollte mich für heute Abend bedanken. Ohne dich hätte ich es nicht geschafft.«
    »Ist das dein Ernst?«
    »Ja.«
    »Dann scheine ich ja ausnahmsweise mal etwas Selbstloses getan zu haben.«
    »Ja. Und das werde ich dir nie vergessen. Danke.« Rosanna erhob sich und küsste ihn auf die Wange. »Jetzt solltest du versuchen, ein wenig zu schlafen.«
    »Rosanna, ich glaube, ich ertrage es nicht, allein zu sein. Würdest du bei mir bleiben?«
    »Ich …«
    »Keine Sorge. Ich hätte dich nur gern bei mir, das ist alles. Sonst nichts, versprochen.«
    »Gut«, meinte sie zögernd.
    »Komm, setz dich wieder neben mich.«
    Sie tat ihm den Gefallen, und als er die Arme um sie legte, war sie überrascht, wie selbstverständlich es sich anfühlte.
    »Das Schicksal hat dich heute zu mir geführt.« Er küsste sie sanft auf die Stirn. »Ich erinnere mich gut, wie ich dich das erste Mal singen gehört habe. Wie du meine Mamma zu Tränen gerührt hast. Da wusste ich, dass du einmal ein großer Star wirst.«
    »Ach.«
    »Ja. Deine Stimme war so klar und voller Gefühl.«
    »Ich weiß auch noch, wie du gesungen hast. An dem Abend habe ich in mein Tagebuch geschrieben, dass ich dich eines Tages heiraten würde.«
    »Möchtest du das immer noch? Jetzt, wo du weißt, wie ich bin?«, fragte er mit rauer Stimme.
    Kurzes Schweigen, bevor Rosanna antwortete. »Ich glaube, du bist nicht für die Ehe geschaffen, Roberto.«
    »Ich wäre kein guter Ehemann?«
    »Wahrscheinlich nicht.«
    »Du hast recht«, pflichtete er ihr bei. »Als ich heute Abend die Nachricht vom Tod meiner Mutter bekommen habe, ist mir aufgegangen, wie ich wirklich bin. Und was ich sehe, gefällt mir nicht. Ich muss mich ändern. Vielleicht kann mir die richtige Frau dabei helfen.« Roberto sah Rosanna an, die so rein und unberührt von den Enttäuschungen des Lebens wirkte. »Rosanna, ich muss dir etwas gestehen.«
    »Ja?«
    »Ich hab doch gesagt, ich hätte noch nie jemanden geliebt.«
    »Ja.«
    »Das war gelogen. Ich liebe jemanden.«
    »Wen?«
    »Dich.«
    Rosanna setzte sich auf. »Vergiss es, Roberto, ich werde nicht mit dir schlafen. Auch nicht aus Mitleid.«
    Er schmunzelte.
    »Ach, principessa , immerhin hast du mich zum Lachen gebracht. Natürlich würde ich gern mit einer schönen Frau wie dir schlafen. Aber meine Gefühle für dich gehen tiefer, und das ist sehr merkwürdig für einen Mann, der solche Emotionen nicht kennt. Ich möchte dich glücklich sehen, es ist mir wichtig, was du von mir denkst. Ich war schockiert über deine Ohrfeige, weil ich den Gedanken nicht ertragen kann, von dir gehasst zu werden. In den letzten Tagen habe ich mir große Mühe gegeben, mich zu bessern. Und nun werde ich mich noch mehr anstrengen. Morgen möchte ich den Gottesdienst besuchen, eine Kerze für Mamma anzünden und die Beichte ablegen. Dann mache ich einen Neuanfang.

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