Das italienische Maedchen
Garden bekommen solltest, hast du es schon einmal erlebt und kennst das Gefühl.« Er sah sie an. »Du bist doch glücklich, oder?«
»Ja, natürlich. Von diesem Augenblick habe ich lange geträumt. Jetzt, wo er da ist, habe ich fast ein schlechtes Gewissen«, antwortete sie seufzend. »Es war alles so einfach.«
»Rosanna, Tausende werden die Besprechungen lesen, die Fotos der schönen jungen Opernsängerin sehen und sich wünschen, du zu sein. Aber sie wissen nichts von dem Preis, den du zahlen musst – die Jahre harter Arbeit, die Einsamkeit, der Neid, der Stress, ständig im Rampenlicht zu stehen. Das ist für einen jungen Menschen wie dich nicht leicht.«
»Obwohl es keinerlei Anlass zur Traurigkeit gibt, bin ich irgendwie niedergeschlagen.« Rosanna schluckte.
»Meine Kleine, du hast in Covent Garden ein fulminantes Debüt hingelegt, in einer Rolle, die du noch nie zuvor gesungen hast. Das war gestern, und heute ist das Adrenalin weg. Kein Wunder, dass du niedergeschlagen bist. Du bist erschöpft. Komm. Jetzt tröste ich dich.« Roberto winkte sie zu sich.
Rosanna setzte sich neben ihn aufs Sofa.
»Du verstehst mich«, flüsterte sie.
»Ja. Und ich werde auf dich aufpassen.« Er strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Was ich gestern Abend zu dir gesagt habe, stimmt. Ich weiß, dass ich dich liebe, Rosanna Menici. Keine Ahnung, warum oder wie, aber es stimmt. Glaubst du mir das?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie wahrheitsgemäß.
»Wenn ich darf, werde ich versuchen, es dir zu beweisen. Gibst du mir eine Chance?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe dich oft nicht leiden können, aber tief in meinem Innern weiß ich, dass ich dich immer geliebt habe, Roberto.«
»Dann küsse ich dich jetzt.«
Er hob ihr Kinn ein wenig an.
»Du weißt, dass das unser beider Leben verändern wird. Danach gibt es kein Zurück mehr, Rosanna.«
»Das will ich auch nicht.« Sie schloss die Augen und erwiderte seinen Kuss.
MET
NEW YORK
So also begann Robertos und meine Liebe, Nico. Ich hatte ihn tatsächlich nicht immer leiden können, weil seine Rücksichtslosigkeit anderen gegenüber zu offensichtlich war. Trotzdem liebte ich ihn, hatte es immer getan. Ich war nicht so dumm zu glauben, dass er mich nicht verletzen würde, aber ich wusste auch, dass der Schmerz ohne ihn größer sein würde als mit ihm.
Bei diesem ersten Kuss war uns klar, dass dies unser beider Schicksal besiegelte, dass die Vorsehung es uns bestimmt hatte, zusammen zu sein, egal, wie schwierig es werden würde. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie schön jene Tage in London waren, in denen wir beide zum ersten Mal die echte Liebe erlebten.
Unsere gemeinsamen Auftritte in La Traviata im August wurden von Kritikern als die größten der Operngeschichte bezeichnet. Wir sangen beide mit wahrer Leidenschaft, und das spürten sie. Ich muss noch irgendwo eine Aufnahme davon haben. Der Gedanke, dass Du sie nie hören wirst, stimmt mich traurig.
Wir waren so sehr aufeinander fixiert, dass wir uns nicht um die Meinung anderer kümmerten. Roberto, der um das Interesse der Medien an unserer Beziehung wusste, riet mir jedoch, mich innerlich zu wappnen. Mittlerweile ist mir Folgendes klar: Dass keiner von uns Gelegenheit hatte, denen, die uns wichtig waren, unsere Liebe zu erklären, bevor die ganze Welt davon erfuhr, verursachte tiefen Schmerz.
Außerdem gab es einiges, was ich über Roberto nicht wusste …
22
Eine Woche nach ihrem ersten Kuss wachte Rosanna in Robertos Armen auf. Sie löste vorsichtig seine Hand von ihrer Taille, stand auf, zog ihren Morgenmantel an und ging leise in den Wohnbereich, um Vorhänge und Terrassentür weit zu öffnen. Obwohl noch früh am Morgen, schien die Sonne bereits warm auf ihr Gesicht, und der klare blaue Himmel verhieß einen strahlenden Tag. Von Embankment und Themse, wo die Menschen, auf ihr eigenes Leben konzentriert, ihren Geschäften nachgingen, drang Lärm herauf. Am liebsten hätte sie die ganze Welt an ihrem Glück teilhaben lassen.
Im Bad betrachtete Rosanna ihr Gesicht im Spiegel. Sie sah aus wie immer, jedoch wie von innen erhellt. Trotz der anstrengenden Vorstellung am Abend zuvor leuchteten ihr Augen, und ihre Haare glänzten.
Sie war verliebt – verliebt in Roberto Rossini und er in sie.
Die vergangene Woche waren sie unzertrennlich gewesen. Obwohl sie die Nächte im selben Bett verbrachten, hatte Roberto sich geweigert, mit ihr zu schlafen, weil er fürchtete, sie könnte meinen,
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