Das italienische Maedchen
dass er nur das von ihr wolle.
Am Ende hatte Rosanna ihn angebettelt, es endlich zu tun. Und tags zuvor hatten sie zum ersten Mal die Suite verlassen, um gemütlich im Le Caprice zu Mittag zu essen.
Rosanna war sich sicher, dass sie die Violetta besser denn je gegeben hatte, weil ihre Gefühle den Worten entsprachen, die sie sang. Am Ende waren sie beide mit nicht enden wollenden Standing Ovations bedacht worden.
» Cara .« Sie spürte, dass sich ein Arm um ihre Taille legte, und sah im Spiegel, wie Roberto die Stirn runzelte. »Ich bin aufgewacht, und du warst nicht da.«
»Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken.«
Er drehte sie zu sich herum. »Bitte sag mir immer, wo du hingehst. Ich möchte alles wissen, was du tust und denkst.«
»Wirklich alles?«, wiederholte sie spöttisch.
»Ja.«
»Im Moment wär ich dir dankbar, wenn du aus dem Bad rausgehst, damit ich die Toilette benutzen kann.«
»Okay, okay.« Roberto löste sich von ihr. »Brauch nicht so lang.«
»Keine Sorge. Lass schon mal das Frühstück kommen. Ich habe einen Bärenhunger.«
»Ich kenne keine Frau, die so viel isst wie du!«, spottete er, als sich die Tür zum Bad schloss. Er durchquerte den Wohnbereich und bestellte ein englisches Frühstück aufs Zimmer. Dann tappte er barfuß zur Tür der Suite, öffnete sie, holte die Zeitungen herein, die davor lagen, setzte sich damit aufs Sofa und schlug ein Boulevardblatt auf.
OPERNSTARS SINGEN PRIVATES LIEBESLIED .
Ein Foto zeigte ihn und Rosanna Hand in Hand beim Verlassen des Le Caprice. Roberto las den Text darunter.
Der attraktive Opernstar Roberto Rossini wurde gestern händchenhaltend mit einer seiner Kolleginnen, der schönen jungen italienischen Sopranistin Rosanna Menici, vor einem der besten Londoner Restaurants beobachtet.
Die beiden singen gerade vor ausverkauftem Haus in Covent Garden La Traviata .
Mr Rossini genießt einen Ruf als Frauenheld, und dem Foto nach zu urteilen, ist ihm wieder einmal ein hübscher Fang ins Netz gegangen …
Roberto legte die Zeitung zusammen und versteckte sie unter dem Sofa. Bisher war er so auf sein neues Glück konzentriert gewesen, dass er kaum weiter als bis zur nächsten Stunde gedacht hatte. Schon bald würde der Londoner Klatsch den Weg auf die Titelseiten der Mailänder Gazetten finden. Es war heraus. Bis zum Abend hätte sich die Geschichte nach Covent Garden herumgesprochen und bis zum folgenden Tag zur Scala und Paolo …
»Scheiße!«, fluchte er. Dass der Klatschkolumnist Rosanna im gleichen Atemzug wie seine früheren Geliebten erwähnte, machte ihn wütend. Natürlich war eine solche Reaktion verständlich. Warum sollte jemand glauben, dass seine Beziehung mit Rosanna sich von seinen bisherigen Affären unterschied?
Doch sie war anders. Sie war anders. Roberto glaubte, endlich gefunden zu haben, wonach er so lange gesucht hatte. Rosanna füllte die Leere in seinem Leben, machte ihn ganz. In ihrer Gegenwart mochte er sich selbst. Sie brachte seine besten Eigenschaften zum Vorschein. Die Vorstellung, dass sie ihn einmal verlassen könnte und er wieder zu seinem früheren Dasein zurückkehren müsste, machte ihm Angst.
Aber sie war jung. Der Altersunterschied zwischen ihnen betrug mehr als siebzehn Jahre. Und er war ihre erste Liebe. Was, wenn sie ihn so benutzte, wie er andere benutzt hatte, und sich irgendwann einem anderen zuwandte?
Roberto lehnte sich seufzend auf dem Sofa zurück. Viele Leute würden Rosanna von der Beziehung mit ihm abraten. Besonders Paolo de Vito würde entsetzt sein, denn Rosanna war sein Schützling.
»Bitte, lieber Gott, hilf mir, sie zu halten«, flüsterte Roberto.
Plötzlich wusste er, wie er Rosanna von der Ernsthaftigkeit seiner Absichten überzeugen und seine Gegner zum Schweigen bringen konnte.
Er würde sie heiraten.
Später am Morgen saßen Roberto und Rosanna im Taxi.
»Wohin fahren wir?« Rosanna klang wie ein aufgeregtes kleines Mädchen, und in ihrem schlichten rosafarbenen Kleid, dachte Roberto, sah sie auch kaum älter aus.
»Geduld, principessa .«
»Ich versuch’s ja, aber …«
»Wir sind da«, verkündete Roberto, als das Taxi in der New Bond Street hielt und er den Fahrer bezahlte.
»Wo?«
»Bei Cartier, einem der besten Juweliere der Welt. Ich möchte dir ein Geschenk machen«, antwortete Roberto und schob sie in das Geschäft.
Rosanna betrachtete mit großen Augen die Vitrinen mit den glitzernden Schmuckstücken. Ein älterer Herr im dunklen Anzug trat auf sie
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