Das Jahr auf dem Lande
einer Arbeit nachgehen, die vielleicht monoton, aber nicht sonderlich ermüdend wäre, und um fünf Uhr wären sie daheim und müßten nicht bis Mitternacht bei einer kranken Kuh Wache halten. Und am Ende der Fünftagewoche hätten sie ein fettes Banknotenbündel in der Hand und keine Schulden.
Glücklicherweise merkte Adrian an diesem Punkt, daß er die Sympathien seiner Zuhörer verlor, und nach ein paar charmanten Worten über die Freuden, die er in ihrer Mitte genossen hatte, verließ er das Podium. Die Leute atmeten hörbar auf, als die Frauen aufstanden und die Platten mit den Sandwiches und dem Gebäck holten. Bald war eine lebhafte Unterhaltung im Gange, die sich zu Adrians Enttäuschung nicht um Umweltschutz, sondern um landwirtschaftliche Probleme drehte. Traurig sagte er sich, daß diese netten Menschen wohl zu wenig Sinn für das Schöne hätten.
Trotzdem war die Versammlung ein Erfolg. Die Frauen hatten köstliche Leckerbissen vorbereitet und einander zu übertrumpfen versucht, und Cynthia Holden hatte eine Obsttorte gebacken, die man zugunsten von Mavis Beltons Schaumrollen und Caroline Trents Honigwaffeln übersah. Adrian bemerkte das und schnitt sich, diplomatisch wie immer, ein großes Stück von der langweiligen Torte ab. Cynthia lächelte ihn dankbar an und war sichtlich froh, weil sie ihr Werk nicht unberührt wieder mit nach Hause nehmen mußte.
Um elf Uhr warf Adrian seiner Frau einen flehenden Blick zu, aber sie schüttelte unmerklich den Kopf. Er wußte, was sie meinte. Nachdem er alle diese Leute an einem naßkalten Abend aus ihren Häusern gelockt hatte, mußte er ihre Gesellschaft schon noch eine Weile ertragen. In diesem Augenblick ließ ein lauter Krach die Tür der Halle erzittern, und dann stand Sheikh auf der Schwelle, sah größer aus denn je und sehr selbstzufrieden. Nachdem er seine Herrin liebevoll begrüßt hatte, stürzte er sich auf die Reste des Buffets, und nun folgte eine Szene hektischer Verwirrung, während alles versuchte, die besten Leckerbissen zu retten.
»Was für ein ungezogenes Vieh!« rief einer der Männer wahrheitsgemäß, und ein anderer meinte, man müsse sich mit ihm abfinden, denn das sei der Medway-Hund. Jo hörte das kurze Gespräch und packte Sheikh lachend am Halsband.
»Tut mir leid, ich dachte, er säße brav im Wagen. Das Fenster war wirklich nicht weit offen, aber er muß es irgendwie heruntergeschoben haben. Ich bringe ihn sofort hinaus. Entschuldigen Sie bitte! Er gehört mir, nicht meinem Vater. Es ist ganz allein meine Schuld.«
Sie bahnte sich einen Weg zur Tür, zerrte den widerstrebenden Sheikh hinter sich her, der verzweifelt auf die Kuchenplatten starrte. Lachend kam Lester ihr zu Hilfe, und die beiden verschwanden in der Dunkelheit.
»Wie kann man nur so einen Riesenhund zu einer Gemeindeversammlung mitnehmen!« rief eine Frau, und ihre Freundin erklärte: »Das sind Städter, meine Liebe, und Städter nehmen ihre Hunde immer und überallhin mit. Sie sind nun einmal so unvernünftig.«
Aber Sheikh hatte ein gutes Werk vollbracht. Er hatte den Abend abrupt beendet, und das gerade in dem Augenblick, als jemand vorgeschlagen hatte, man solle einen Hut herumreichen und Geld für den Umweltschutz sammeln. Damit hatte sich Sheikh das Wohlwollen so mancher Farmer zugezogen.
Andererseits hatte es Sheikh auch verhindert, daß man einen Termin für die erste Zusammenkunft des Komitees festsetzte. Adrian war sich dessen bewußt, aber er brachte das Thema nicht zur Sprache. Man würde eben telefonisch einen Termin vereinbaren, und wenn seine Freunde etwas spenden wollten, sie wußten ja, wo er zu finden war. Jetzt wäre es sinnlos gewesen, noch etwas Konstruktives zu unternehmen, und etwas später sagte er ärgerlich zu seiner Tochter, daß ihn Sheikhs überraschender Auftritt mindestens zwanzig Dollar gekostet hätte.
»Tu doch nicht so!« erwiderte Jo. »Du warst doch auch froh, daß du endlich gehen konntest. Ich habe deine bittenden Blicke gesehen und wie Chris den Kopf schüttelte. Du hast vielleicht ein paar Dollar eingebüßt, aber dafür wurde dir eine Menge Langeweile erspart. Außerdem müßtest du doch in blendender Laune sein, denn der Abend war ein gigantischer Erfolg.«
Das besänftigte ihn, und er streichelte Sheikh sogar versöhnlich über den Kopf. »Ja, ich glaube, ich habe sie alle sehr nachdenklich gemacht.«
Das hatte er, denn an diesem späten Abend sagten in mehreren Häusern die Männer zu ihren Frauen: »Er ist ja ein
Weitere Kostenlose Bücher