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Das Jahr auf dem Lande

Das Jahr auf dem Lande

Titel: Das Jahr auf dem Lande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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Nachdem diese wichtige Zeremonie beendet war, gingen die Bewohner von Rangimarie zu den Plätzen in der ersten Reihe, die man natürlich für sie freigelassen hatte.
    Danach entstand eine kleine Verlegenheitspause, die Holden und Trent gleichzeitig zu überbrücken versuchten. Trent überließ James Holden natürlich das Wort, und dieser schlug vor, daß Mr. Medway nun bitte »ans Rednerpult treten und uns allen erzählen möge, warum wir hier sind«.
    Mit einem bescheidenen Widerstreben, das er vielleicht ein wenig übertrieb, bestieg Adrian das Podest. »Das errötende Veilchen«, flüsterte seine unverbesserliche Tochter in Lesters Ohr und wurde streng zum Schweigen ermahnt. An Lesters anderer Seite wisperte Robert: »Jetzt wirst du gleich hören, wie ihnen der alte Knabe Honig ums Maul schmiert.«
    Und genau das tat Adrian. Er war ein guter Redner, und er wußte, wie er seiner Zuhörerschaft schmeicheln mußte. Er schilderte seine Waldwanderung in poetischen Worten, war aber viel zu klug, seine Gefühle beim Anblick der Müllhalde zu beschreiben. Statt dessen sprach er von der Schönheit der Natur, die man bewahren müsse, schimpfte voller Verachtung auf die Städter, die aufs Land fuhren und ihren Müll irgendeinem Farmer vor die Tür warfen. Er habe das oft genug gesehen, wenn er in Stadtnähe unterwegs gewesen war, und er wisse natürlich, daß er hier vor einem solchen Anblick sicher sei. An diesem Punkt applaudierten die Zuhörer begeistert. Sie lebten zu abgeschieden, um selbst unter solchen Unannehmlichkeiten zu leiden, aber sie alle hatten in stadtnäheren Gebieten gesehen, daß dergleichen üblich war.
    »Meine Damen und Herren«, fuhr Medway fort und machte dann eine kleine Pause. »Oder darf ich >meine Freunde< sagen, weil ich fühle, daß ich hier Freundschaften fürs Leben geschlossen habe?« Nun waren sie alle tief gerührt, und wieder ertönte heftiger Applaus. Adrian war in seinem Element. Er sprach von dem mühsamen Tagewerk der Farmer, wie anstrengend es sei, Müllgruben auszuheben, wie zeitraubend. »Und gerade die Zeit und die Arbeitskraft sind die kostbarsten Güter des Farmers...« Und dann unternahm er das Wagnis, von den Maori zu sprechen, von der unberührten Sauberkeit ihrer Wälder. Damit hatte er die Leute mitten ins Herz getroffen.
    »Wenn ein Maori seine Farm und seinen Wald sauberhalten kann, dann kann ich das auch!« rief ein Mann, und Medway war entzückt über diese Unterbrechung. Das war genau die Reaktion, auf die er gehofft hatte.
    Er erzählte ein wenig über die Anti-Umweltverschmutzungskampagne, die zur Zeit in den Städten geführt werde, ging davon aus, daß seine Zuhörer natürlich alle Bescheid darüber wüßten. Er lobte diese Bemühungen, gab aber zu, daß sie manchmal in Fanatismus ausarteten. Es sei jedoch immer besser, einem Problem mit übertriebener Vehemenz zu Leibe zu rücken, als in Apathie zu verfallen und ein Problem zu übersehen, das für die nächste Generation zur ernsten Gefahr werden könne. Als er merkte, daß sein Publikum der Meinung war, die Nachwelt könne für sich selber sorgen, hielt er sich nicht länger bei diesen Überlegungen auf. Statt dessen sagte er, wie tief er es bedaure, daß eine sonst so fortschrittliche Gemeinde in diesem einen Punkt dem modernen Zeitalter hinterherhinke. »Wie schön ist doch unsere Welt... Wir haben dunkle Wälder, Flüsse, die im Sonnenlicht glitzern, blaue Berge in der Ferne, üppig grüne Täler. Aber wir müssen diese Schönheit bewahren. Und es wäre doch gelacht, wenn uns das nicht gelänge!«
    Rauschender Beifall belohnte diesen dramatischen Schlußsatz, Medway nahm seinen Platz wieder ein, immer noch begleitet von donnerndem Applaus. Er erinnerte sich an Christines milde Kritik nach einer Rede, die er vor einem anderen Publikum gehalten hatte. »Liebling, du hast danach so selbstzufrieden ausgesehen. Kein Wunder, du hast sie ja auch von den Stühlen gerissen.« Er hatte erklärt, das sei Unsinn, er habe gelangweilt ausgesehen, und sie hatte ihm nicht widersprochen. Für alle Fälle bemühte er sich diesmal, seine Gesichtszüge so zu arrangieren, daß sie den Eindruck simpler Bescheidenheit vermittelten. Es war das Gesicht eines Mannes, der nun auf klügere Worte wartete, als er sie soeben von sich gegeben hatte.
    Erst einmal entstand ein langes, ziemlich peinliches Schweigen, dann erhob sich James Holden und hielt eine langweilige Rede. Er dankte dem Vorredner und stimmte dessen Ansichten zu. »Doch

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