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Das Jahr der Flut

Das Jahr der Flut

Titel: Das Jahr der Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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Banden unter seiner Kontrolle, und laut unseren Informationen sind wir für sie tabu.«
    »Was hätten sie davon?«, fragte Toby.
    »Es wäre schlecht für ihr Image, etwas mit Gott im Namen zu disqualifizieren«, sagte Adam Eins. »Die Konzerne würden es nicht gutheißen, vor allem wenn man bedenkt, welchen Einfluss die Petrobaptisten und die Gebotenen Früchte unter ihnen haben. Sie behaupten ja, religiös zu sein und religiöse Toleranz zu befürworten, solange die Religionen nicht anfangen, Sachen in die Luft zu sprengen: Sie haben etwas gegen die Zerstörung von Privateigentum.«
    »Sie können uns doch unmöglich
mögen
«, sagte Toby »Natürlich nicht«, sagte Adam Eins. »Sie halten uns für verschrobene Fanatiker, die Nahrungsextremismus mit fehlendem Modebewusstsein und puritanischer Antikonsumhaltung verbinden. Aber da wir nichts haben, was sie wollen, zeichnen wir uns nicht als Terroristen aus. Entspann dich und schlaf, liebe Toby. Die Engel wachen über dich.«
    Komische Engel, dachte Toby. Nicht alle waren sie Engel des Lichts. Aber immerhin schlief sie tatsächlich besser auf ihrer raschelnden Getreidehülsenmatratze.

DAS FEST ADAMS UND ALLERPRIMATEN

Jahr Zehn
     
    Gottes Methodenlehre
bei der Schöpfung des Menschen
    Gesprochen von Adam Eins
     
    Liebe Mitgärtner der Erde, welche Gottes Garten ist:
    Wie wundervoll, euch alle hier auf unserem herrlichen Dachgarten versammelt zu sehen! Es war mir eine große Freude, den schönen Baum der Tiere zu betrachten, den unsere Kinder aus aufgelesenen Plastikobjekten gebastelt haben − ein hervorragendes Beispiel dafür, wie man böse Stoffe einem guten Zweck zuführen kann! −, und ich freue mich auf unser bevorstehendes gemeinschaftliches Mahl mit den Steckrüben aus der letzten Ernte, die nun in Rebeccas köstlicher Steckrübentorte gelandet sind, ganz zu schweigen vom Pilzpotpourri, das wir Pilar, unserer Eva Sechs, zu verdanken haben. Außerdem feiern wir Tobys Beförderung in den vollwertigen Lehrerstatus. Durch ihre harte Arbeit und ihr Engagement hat Toby uns gezeigt, dass ein Mensch unsägliche Qualen und innere Blockaden überwinden kann, wenn er nur das Licht der Wahrheit erblickt hat. Wir sind sehr stolz auf dich, Toby.
    *
    Beim Fest Adams und Allerprimaten bestätigen wir unsere Abstammung vom Affen − eine Bestätigung, die den Zorn derjenigen auf uns gezogen hat, die in ihrem Hochmut noch immer die Evolution leugnen. Wir bestätigen aber auch die göttliche Instanz, die uns schuf, wie wir geschaffen sind, und dies wiederum hat den Zorn solch kurzsichtiger Wissenschaftler entfacht, die sagen: »Es gibt keinen Gott.« Diese behaupten, die Nicht-Existenz Gottes sei dadurch bewiesen, dass Er sich nicht in ein Reagenzglas stecken, wiegen und messen lasse. Gott aber ist reiner Geist; wie also kann man folgern, die Unmessbarkeit des Unermessbaren beweise dessen Nicht-Existenz? Wahrlich, Gott ist kein Ding, Gott ist das Nicht-Dinghafte, nämlich das, durch das und anhand dessen alles Materielle existiert; gäbe es ein solch Nicht-Dinghaftes nicht, wäre die Existenz zum Bersten gefüllt mit materiellen Dingen, und ein Ding wäre vom anderen nicht zu unterscheiden. Allein die Existenz einzelner materieller Dinge ist schon der Beweis für die Nicht-Dinghaftigkeit Gottes.
    Wo waren die kurzsichtigen Wissenschaftler, als Gott das Fundament der Erde legte, indem er einem Klumpen Masse seinen Geist einhauchte, die Dinge voneinander schied und so der Masse Gestalt gab? Wo waren sie, als »die Morgensterne miteinander lobten und jauchzten«? Aber wir wollen ihnen in unserem Herzen vergeben, denn heute ist es nicht unsere Aufgabe, zu ermahnen, sondern in aller Demut unser irdisches Dasein zu kontemplieren.
    Gott hätte den Menschen allein aus dem Wort schaffen können, aber so geschah es nicht. Er hätte ihn aus dem Staub der Erde formen können, und in gewissem Sinne war es auch so, denn was bedeutet »Staub«, wenn nicht Atome und Moleküle, die Bausteine jedweder materiellen Einheit? Und darüber hinaus schuf Er uns durch den langen und komplexen Prozess der natürlichen und sexuellen Auslese, was nichts anderes ist als Seine ingeniöse Methode, dem Menschen Demut einzuhauchen. Er schuf uns »eine kleine Zeit niedriger denn die Engel«, aber auf andere Weise − und das ist wissenschaftlich belegt − sind wir eng verwandt mit unseren Mitprimaten, ein Umstand, den die Hochmütigen dieser Welt ihrer Selbstachtung wenig genehm finden. Unsere Triebe,

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