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Das Jahr der Krisen

Das Jahr der Krisen

Titel: Das Jahr der Krisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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in ihrem langen Mantel, und sie fröstelte im Abendwind, der von den Seen hereinkam. »Es ist zu gefährlich … Ich kenne George Walt besser als du – weißt du noch? Schließlich habe ich dich für ein Geschäft mit ihm auserkoren – das sollte mein Beitrag sein.«
    Pat sagte: »Wenn du da hinaufgehst, Jim, wirst du nie mehr zurückkommen. Ich weiß es. Bleib hier bei mir.« Sie ergriff seinen Arm, aber er riß sich los.
    »Ich muß gehen«, sagte er zu ihr. »Der Mann, der mir das Leben gerettet hat, ist dort oben, und ich muß ihn da herausholen. Er hat zuviel für mich getan, als daß ich ihn einfach dort lassen könnte.«
    »Ich werde an deiner Stelle gehen«, sagte Sal Heim.
    »Danke.« Es war ein gutes Angebot, gut gemeint. Aber – er mußte sich bei Tito Cravelli für das revanchieren, was er für ihn getan hatte. Es stand fest: Er mußte dafür sorgen, daß Tito sicher vom Goldenes-Tor-Momente-der-Freude-Satelliten wegkam. So einfach war das. »Das beste, das ich dir anbieten kann«, sagte er, »ist die Gelegenheit mitzufahren.« Er meinte es ironisch.
    »Schon gut«, sagte Sal und nickte. »Ich werde mit dir kommen.« Zu Pat sagte er: »Aber du bleibst hier unten. Entweder wir kommen umgehend wieder zurück – oder überhaupt nicht mehr. Komm schon, Jim.« Er stieg die Stufen in den Jet-Bus hinauf und gesellte sich zu den anderen, die bereits eingestiegen waren.
    »Paß auf dich auf, sagte Pat zu Jim Briskin.
    »Was hast du von meiner Rede gehalten?« fragte er sie.
    »Ich war in der Wanne und habe nur einen Teil davon gehört. Aber ich glaube, es war die beste, die du jemals gehalten hast. Sal hat das auch gesagt, und er hat sie ganz gehört. Jetzt weiß er, daß er einen furchtbaren Fehler gemacht hat. Er hätte bei dir bleiben sollen.«
    »Zu schade, daß er das nicht getan hat«, sagte Jim.
    »Wär’s nicht besser, du würdest etwas sagen wie: ›Besser spät als …‹«
    »Okay«, sagte er. »Besser spät als nie.« Er drehte sich um und folgte Sal in den Jet-Bus hinein. Er hatte es gesagt, aber es war nicht ehrlich. Zuviel war passiert – zu spät war zu spät. Er und Sal hatten sich für immer getrennt. Und beide wußten sie es … oder vielmehr: Sie fürchteten es. Und strebten instinktiv nach einer neuen Annäherung, ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie diese aussehen konnte.
    Während der Jet-Bus in flottem Aufstieg nach oben sauste, lehnte sich Sal vor und sagte: »Du hast eine Menge erreicht, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe, Jim. Ich möchte dir gratulieren. Und ich bin nicht ironisch. Das kaum.«
    »Danke«, sagte Jim Briskin knapp.
    »Aber du wirst mir nie verzeihen, daß ich dir meinen Rücktritt überreicht habe, oder? Nun, ich kann es dir nicht einmal verübeln.« Dann war Sal still.
    »Du hättest Minister werden können«, sagte Jim.
    Sal nickte. »Aber so fallen die fünfzig Mikado-Stäbe nun einmal. Jedenfalls hoffe ich, du gewinnst, Jim. Ich weiß, du wirst gewinnen – nach dieser Rede. Das war gewiß ein Meisterstück, jedem alles zu versprechen – eine Milliarde Goldküken in einer Milliarde Goldtöpfe. Ich brauche dir wohl nicht zu sagen, daß ich denke, du wirst einen hervorragenden Präsidenten abgeben. Einen, auf den wir alle stolz sein können.« Er lächelte herzlich. »Oder mache ich dich krank?«
    Der Momente-der-Freude-Satellit lag direkt vor ihnen. In der Mitte des brustförmigen Landeplatzes leitete der blinkende rosa Brustnippel ihr Fahrzeug zu seiner Anlegestelle, eine Brustwarzeneinladung, die allen blinkte. Das Yin-Prinzip, draußen im Raum zu kosmischen Proportionen aufgeblasen.
    »Es ist ein Wunder, daß sich George Walt aufrecht bewegen können«, sagte Jim. »So wie sie miteinander verbunden sind – an der Schädelbasis. Muß verdammt unangenehm sein.«
    »Worauf willst du hinaus?« Sal hörte sich jetzt angespannt und nervös an.
    Jim Briskin sagte: »Auf nichts Besonderes. Aber man sollte meinen, daß einer den anderen schon längst geopfert hätte – aus praktischen Gründen.«
    »Hast du sie jemals persönlich gesehen?«
    »Nein.« Er war noch nie auf dem Satelliten gewesen.
    »Sie mögen einander«, sagte Sal Heim.
    Der Jet-Bus setzte auf dem Landefeld des Satelliten auf. Die Drehung des Satelliten sorgte für seine ständige magnetische Strömung, ausreichend genug, um kleinere Objekte darauf festzuhalten, und Jim Briskin dachte: Da liegt der Fehler, den wir gemacht haben – wir hätten es nie gestatten dürfen, daß dieser Ort

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