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Das Jahr der Krisen

Das Jahr der Krisen

Titel: Das Jahr der Krisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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attraktiv wird, ganz gleich, in welchem Sinne. Es war ein schwacher Einfall, aber der beste, den er unter diesen Umständen zusammenbekam. Vielleicht hat Pat recht, merkte er. Vielleicht werden wir – Sal Heim und ich – nie von diesem Ort zurückkehren. Es war nicht die Sorte von Gedanken, die ihm gefiel. Der Goldenes-Tor-Satellit war auch überhaupt nicht die Art von Ort, wo er sterben wollte. Ironie, daß ich jetzt hierherkomme, zum ersten Mal, unter diesen Umständen, sagte er zu sich.
    Die Türen des Jet-Busses glitten zurück, als der Bus ausrollte.
    »Da wären wir«, sagte Sal Heim und erhob sich rasch. »Und jetzt geht’s los.« Zusammen mit den Parteifreiwilligen ging er auf den nächsten Ausgang zu. Jim Briskin folgte ihm einen Moment später.
     
    Am Eingang lächelte ihnen die diensthabende, unbekleidete Auskunftsdienerin zu und sagte: »Ihre Karten, bitte.«
    »Wir sind alle neu hier«, sagte Sal Heim. Er holte seine Brieftasche heraus. »Wir werden bar bezahlen.«
    »Gibt es irgendwelche Mädchen, die Sie speziell zu besuchen wünschen?« fragte die Dienerin, während sie das Geld einstrich und die Registrierkasse klingeln ließ.
    Jim Briskin sagte: »Ein Mädchen namens Sparky Rivers.«
    »S IE ALLE ?« Die Dienerin blinzelte, zuckte dann aber höflich mit den nackten Schultern. »In Ordnung, meine Herren. De gustibus non disputandum est. Tor drei. Passen Sie auf, wohin Sie treten, und drängeln Sie bitte nicht. Sie ist in Raum 395.« Sie zeigte auf Tor drei, und die Gruppe setzte sich dorthin in Bewegung.
    Nachdem sie Tor drei passiert hatten, sah Jim Briskin vor sich« Reihen vergoldeter, glänzender Türen; über einigen leuchteten Lichter, und er verstand, daß diese Zimmer im Augenblick nicht von Kunden belegt waren. Und an jeder Tür sah er eines dieser merkwürdig belebten Bilder, Darstellungen der Mädchen dahinter. Die Bilder riefen, lockten und wimmerten jedesmal, wenn sie sich ihnen von Zeit zu Zeit auf der Suche nach Raum 395 näherten.
    »Heda!«
    »Hallo, großer Bursche.«
    »Könntest du dich beeilen? Ich warte …«
    »Na, wie geht’s dir?«
    Sal Heim sagte: »Es geht hier entlang. Aber du brauchst sie nicht, Jim. Ich kann dich zu ihrem Büro bringen.«
    Kann ich dir vertrauen, fragte sich Jim stumm. »In Ordnung«, sagte er und hoffte, daß es eine kluge Entscheidung war.
    »Diesen Aufzug«, sagte Sal. »Drück auf den mit C bezeichneten Knopf.« Er betrat den Aufzug; der Rest der Gruppe folgte, sie drängten sich hinter ihm herein, so viele wie möglich. Mehr als die Hälfte der Gruppe blieb draußen auf dem Korridor. »Ihr folgt uns«, wies Sal sie an, »sobald ihr könnt.«
    Jim berührte den C-Knopf, und die Aufzugstür schloß sich lautlos. »Ich bin deprimiert«, sagte er zu Sal. »Ich weiß nicht, warum.«
    »Es ist dieser Ort«, sagte Sal. »Ist überhaupt nicht dein Stil, Jim. Wenn du jetzt aber ein Verkäufer für Krawatten oder flache Teller oder Schwamm-Flubile wärst, dann würde es dir hier gefallen. Du wärst jeden Tag hier oben, wenn das deine Gesundheit zulassen würde.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Jim. »Egal, in welcher Branche ich arbeiten würde.« Es ging gegen jede Ethik – und Ästhetik – in seiner Natur.
    Die Aufzugstür glitt zurück.
    »Da sind wir«, sagte Sal. »Dies ist George Walts privates Büro.« Er sprach sachlich. »Hallo, George Walt«, sagte er und trat aus dem Aufzug.
    Die beiden Mutanten saßen an ihrem großen Kirschbaumholzschreibtisch auf ihrem besonders konstruierten breiten Sofa. Einer der Körper hing wie ein schlaffer Sack herunter, und ein Auge war glasig und leer geworden und starrte ins Leere.
    Mit schriller Stimme sagte der Kopf: »Er stirbt. Ich glaube, er ist schon tot; Sie wissen, daß er tot ist.« Das aktive Auge heftete einen bösartigen Blick auf Tito Cravelli, der mit seinem Lasergewehr auf der anderen Seite des Büros stand. Verzweifelt stieß eine lebende Hand gegen den herabhängenden, schlaffen Arm des Körpergefährten. »Sag etwas!« kreischte der Kopf. Mit gewaltigen Schwierigkeiten mühte sich der lebende Körper hoch. Jetzt plumpste sein stiller Gefährte dagegen, und voller Entsetzen stieß er den lästigen, leblosen Sack weg.
    Ein schwacher Krampf von Leben bewegte den herabhängenden Sack – er war noch nicht tot. Und auf dem Gesicht des unverletzten Bruders erschien wilde Hoffnung. Sofort torkelte er grotesk auf die Tür zu.
    »Lauf!« blökte der Kopf und hastete unbeholfen weiter. »Du kannst es

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