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Das Jahr der Krisen

Das Jahr der Krisen

Titel: Das Jahr der Krisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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sagte Howard. Offenbar hatte er es auch gesehen. »Es muß Ihnen gefolgt sein, von der anderen Seite herübergekommen sein. Bevor die Energie abgeschaltet wurde.«
    »Es ist bloß ein Insekt«, sagte Stanley. »Ein erbärmliches Ding, das aus diesem Sumpf auf- und zu uns herübergeflogen ist.« Ich weiß, daß an der Sache nicht mehr dran ist, sagte er zu sich. Es darf nicht mehr daran sein. »Um Gottes willen, jemand muß es töten!« sagte er und sah sich um. Wohin war es verschwunden? Nicht in die Röhre zurück, sondern in den Raum heraus.
    Aus der Röhre heraus sagte der Chefingenieur laut: »Mr. Stanley, der Riß hat sich nie geschlossen.«
    »Das ist absolut unmöglich«, sagte Stanley. »Die Energie ist abgeschaltet.« Er lief wieder in die Röhre hinein, fand den Ingenieur: Er kauerte neben dem Riß. Wieder schaute Stanley hinüber – in die Welt des Sumpfes, auf die dem Untergang und dem Zerfall geweihte morbide Landschaft. Der Chefingenieur hatte recht: Der Riß existierte noch immer.
    »Ich habe dafür nur eine Erklärung«, sagte der Ingenieur zu Stanley. »Er muß von einer Energiequelle von der anderen Seite aufrechterhalten werden, denn wie Sie wissen – von hier wird ihm keine Energie zugeführt; das steht fest.«
    Stanley sagte: »Haben Sie gerade eben etwas durchschlüpfen sehen? Etwas Lebendiges?«
    »Nur eine Sekunde lang. Aber ich dachte, es sei zurückgegangen.«
    »Es ist nicht zurückgegangen«, sagte Stanley. »Es ist irgendwo draußen, im Labor, im TE-Gebäude, auf unserer Seite, und jetzt werden noch mehr herüberkommen, weil wir diesen verdammten Riß nicht schließen können. Vielleicht können wir ihn irgendwie blockieren. Sie müssen sofort eine Barriere errichten, geht das? Mir ist egal, woraus sie gemacht ist, solange sie nur gut ist – und hält.«
    »Wir werden uns sofort an die Arbeit machen«, sagte der Ingenieur und stand auf.
    Welche Art von Energiequelle mochte dort drüben, auf der anderen Seite, existieren, fragte sich Stanley. Dort, in diesem brackigen, unwirtlichen Sumpf … Es sieht so aus, als hätte es darauf gelauert. Aber wie konnte es wissen, daß wir auftauchen würden? Wie konnte es uns erwartet haben?
    Als er wieder aus der Röhre heraustrat, sagte Howard zu ihm: »Es ist noch immer irgendwo im Raum. Ich spüre es, aber ich will verdammt sein, wenn ich es sehe. Es ist, als sei es einfach mit allem auf dieser Seite verschmolzen und jetzt nur noch so etwas wie … Sie wissen schon, irgend etwas, was es hier gesehen hat.«
    Don Stanley versuchte sich zu erinnern, wann er das letzte. Mal eine solche Angst gespürt hatte. Seit langer Zeit nicht mehr. Hatte er je zuvor in seinem Leben auf irgend etwas dermaßen reagiert?
    Nur einmal, erinnerte er sich. Vor Jahren. Damals hatte er dieselbe Angst verspürt, wie er sie jetzt empfand, nachdem er dieses dunkle, überall und nirgends zu vermutende Wesen von der anderen Seite in seine Welt herüberflitzen sehen hatte. Ich war achtzehn, erinnerte er sich. Noch ein Junge. Es war mein erster Besuch auf dem Goldenes-Tor-Satelliten.
    Es war damals gewesen, als er zum ersten Mal George Walt gesehen hatte.
     
    Da es unmöglich war, den Riß zu schließen, würden sie den Versuch unternehmen müssen, die schwach erhellte Sumpfwelt einer peinlich genauen Prüfung zu unterziehen, entschied Don Stanley. Er übernahm die volle Verantwortung und ordnete an, einen QB-Beobachtungssatellit mit Startausrüstung ins Labor zu bringen. Bevor die TE-Ingenieure die Barriere errichtet hatten, schickte er den Satelliten hinüber und sah zu, wie er in den düsteren, unheilvollen Himmel emporschoß.
    Die Berichte von dem umkreisenden Satelliten begannen beinahe sofort einzutreffen, und er setzte sich mit Howard hin und machte sich methodisch daran, sie durchzusehen. Es war fünf Uhr morgens. Viel zu früh, um Leon Turpin zu wecken, das war ihm klar. Wir werden einfach so weitermachen müssen, mindestens noch zwei Stunden.
    Der Planet war – und er empfand keinerlei Überraschung, als er dies erfuhr – die Erde. Aber die Sternenkarte, die der Satellit auf der dunklen Seite aufzeichnete, enthielt Einzelheiten, die völlig unerwartet waren. Lange Zeit saßen er und Howard zusammen und berieten sich, um sicherzugehen, daß es keinen Irrtum gab. Es gab keinen. Um sechs Uhr dreißig war sich Stanley über die Situation im klaren, klar genug, um Leon Turpin wecken zu lassen.
    Der QB-Satellit umkreiste dieses Mal eine Erde, die, gemessen an ihrer eigenen

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