Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jahr der Maus

Das Jahr der Maus

Titel: Das Jahr der Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
Vom Netzwerk:
zuerst rein.« Er weiß, er soll mit den Insassen nicht so sprechen, und ihm ist klar, daß alle anderen zuhören, daß jemand mit Sicherheit reden und er sehr wahrscheinlich später von Donna getadelt werden wird, aber er kann nicht anders. Er hat nie, behauptet, daß er ein Heiliger ist, und McFlynns plötzliche Rebellion macht ihn so wütend, daß er beinahe platzt. Beinahe. Am liebsten würde er McFlynn jetzt jeweils eine Hand unter die linke und die rechte Achselhöhe stecken, ihn hochheben, zur Lava tragen, einen Moment lang über dem glutheißen Strom baumeln und dann reinfallen lassen.
    Höchstwahrscheinlich hätte Mattison genau das vor zwei Jahren auch noch getan, wenn er und McFlynn sich damals in dieser Situation befunden hätten; aber es ist ein Maß für den Fortschritt, den er gemacht hat, daß er sich jetzt nur vorstellt, McFlynn in die Lava zu werfen, statt es wirklich zu tun. Die Phantasie ist so lebhaft, daß er einen schwindelerregenden Moment lang glaubt, er täte es wirklich, und eine wilde Aufwallung hämischer Freude angesichts des Schauspiels verspürt, wie McFlynn in dem flammenden Strom aus geschmolzenem Magma verschwindet und schmilzt, während er darin versinkt.
    Aber es tatsächlich zu tun, wäre eine ziemlich erbärmliche Vorgehensweise. Außerdem ist McFlynn nicht gerade ein Schwächling, und Mattison ist sich im klaren, daß er sich im Fall des Falles auf einen alles andere als ungefährlichen Kampf einlassen würde. Mattison hat noch nie im Leben bei einer Schlägerei verloren, aber seine letzte liegt schon eine ganze Weile zurück, und er könnte aus der Übung sein; und überhaupt hat er jetzt keine Zeit für solchen Kokolores wie Schlägereien mit Leuten wie Blazes McFlynn, während die Lava drauf und dran ist, über seinen Damm zu treten.
    Daher kehrt er McFlynn statt dessen den Rücken zu, schluckt des Rest dessen hinunter, was er gern zu ihm sagen und mit ihm machen würde, und gibt Prochaska, Hawks und Snow, die den ganzen Disput schweigend mitangesehen haben, zu verstehen, daß sie die Pumpe ohne McFlynns Hilfe zu ihrem neuen Standort transportieren müssen. Sie wissen alle, was das bedeutet, daß McFlynn sie nämlich gründlich verarscht hat, indem er seinen Anteil an diesem Knochenjob auf ihre Schultern abgeladen hat, und sie sind rechtschaffen wütend. Dieser Wut machen sie in gewissem Umfang Luft, und Mattison denkt, daß er sie besser gewähren lassen sollte. Hawks erklärt McFlynn, er sei ein mieser Drückeberger, Prochaska sagt – vermutlich auf Tschechisch – etwas Gutturales und wahrscheinlich nicht gerade Schmeichelhaftes, und sogar Snow, der selbst nicht eben für harte Arbeit berühmt ist, zeigt McFlynn die geballte Faust und schlägt sich auf den Bizeps des angewinkelten Arms. McFlynn scheint das alles scheißegal zu sein. Er antwortet dem ganzen Trupp mit dem Stinkefinger und zeigt ihnen ein träges, verächtliches Grinsen, das bei Mattison die Befürchtung weckt, gleich werde eine wüste, allgemeine Keilerei ausbrechen; aber nein, nein, sie kehren McFlynn ebenfalls alle ostentativ den Rücken und fahren fort, die Pumpe an ihre neue Position zu bringen.
    Es ist eine elende Plackerei. Die Pumpe steht natürlich auf einem Rollwagen, aber der ist nicht dazu gedacht, in solch engem Bogen verschoben zu werden, und sie müssen sich wirklich einen abbrechen, um ihn an seinen neuen Standort zu befördern. Die Männer legen sich grunzend, ächzend und keuchend ins Zeug und schieben. Mattison, der als der größte und stärkste der Gruppe die Schlüsselposition übernommen hat, spürt, wie es in seinen Armen und Schultern knackt, als er sich mit seinem ganzen Gewicht dagegenstemmt. Und McFlynn steht die ganze Zeit daneben und schaut zu.
    Die Pumpe ist schon halbwegs an Ort und Stelle, da kommt McFlynn angehumpelt, als hätte er gnädigerweise beschlossen, doch noch mit ihnen zusammenzuarbeiten.
    »Seht mal, wer da ist«, sagt Hawks. »Du elender Schweinepriester.«
    »Kann ich irgendwie behilflich sein?« fragt McFlynn hoheitsvoll.
    Er versucht, zwischen Hawks und Prochaska an der Seite des Pumpenwagens Position zu beziehen. Hawks baut sich frontal vor McFlynn auf und scheint mit dem Gedanken zu spielen, ihm eine zu verpassen. Mattison, den diese Gefahr seit McFlynns Ankündigung beunruhigt, macht sich bereit dazwischenzugehen, aber Hawks bekommt seine Wut eben noch rechtzeitig unter Kontrolle. Vor sich hinmurmelnd, dreht er sich wieder zu Prochaska um. McFlynn hat

Weitere Kostenlose Bücher