Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman
einen Dreck auf die Zukunft unseres winzigen Planeten gibt. Was soll der Scheiß, dachte ich unwirsch, gleich geht die Post ab.
Ich hatte jedoch vergessen, dass Doris’ Antwort noch ausstand. Jetzt kam sie: »Mann, du nervst mich. Hab ich dir nicht schon vorhin gesagt, dass ich darauf keinen Bock hab?«
Das hatte ich auch vergessen. Auf einmal war ich ein Kind, dem man die Weihnachtsgeschenke abgenommen hatte. Ein mürrisches Brummen war meine Reaktion. Lore trug’s mit Fassung, fand auch gleich ein anderes Ziel: die Katze. Ob sie zumindest die Katze streicheln dürfe? Ihrer Ansicht nach seien Tiere besser als Menschen, anständiger, frei von Gemeinheit und Zynismus.
Das Wort
Zynismus
kriegte sie nicht auf Anhieb sauber hin, doch bei der dritten Wiederholung klappte es.
Na gut, dachte ich, inzwischen arg fatalistisch gestimmt, lassen wir eben den Abend mit Streicheln ausklingen.
Wir sprachen noch ein wenig über dies und das, ich gab mich so zivilisiert wie möglich, obwohl immer noch erfüllt von dumpfer Geilheit, warf pausenlos schlüpfrige Andeutungen ein, grinste anzüglich und lachte männlich, doch nicht ganz so locker, wie ich gern gewesen wäre. Nützte aber alles nichts. Das Thema Sex schien bei den Frauen im Moment nur Gähnen auszulösen. Wichtig war nur der Kater Elvis.
Wir nahmen noch eine Flasche Bourbon und Gläser mit und stiegen die Treppe hinauf, ich als Letzter, um die Arschbacken der beiden Objekte meiner Lust in Bewegung zu sehen. Es lohnte sich.
Oben schloss ich die Tür auf, knipste das Licht an und bat die Damen mit, wie ich hoffte, eleganter Geste einzutreten.
»Ach, die süße Katze!«, rief Lore entzückt, wankte beunruhigend schräg ins Zimmer und walzte furchterregend auf Elvis zu, der sich, sauber und zivilisiert, just in diesem Moment zum Pinkeln ins Katzenklo setzte, was Lore offenbar entging. Sie hob ihn jauchzend hoch. Katzenpisse in ihrem Gesicht, und Elvis, der sich ohnehin nicht gern hochheben ließ, wand sich verzweifelt und fauchend in ihren Händen, sie wollte ihn fallen lassen, doch schon hatte er seine Krallen in ihrer Brust verankert, sie zerrte an ihm, schrie, er schlug fauchend und ebenfalls schreiend zu, wieder und wieder, unglaublich schnell, riss Furchen in ihre Wange, ihren Hals, gemeinsam schreiend stürzten sie zu Boden, der Kater, befreit, huschte knurrend und völlig verstört unters Bett.
Schon wieder ein verdammtes Blutbad. Zerschrammt, zerkratzt und verwirrt hockte Lore auf dem Boden. Breitbeinig, hilflos, blutüberströmt. »Was war das denn?«, fragte sie verständnislos, schaute an sich herunter, auf das Blut. »Irgendwie komisch, oder? Ich will mit einer Katze schmusen und werde von ihr angepisst und aufgeschlitzt. Verdammt, tut das weh! Die Pisse brennt wie Säure in den Wunden. Wie ich jetzt aussehe, will ich gar nicht wissen.« Sie schloss die Augen, ihr Mund zuckte. »Wenn ich das Vieh zu fassen kriege, steche ich’s ab.«
Blöde Sau, dachte ich, der stimmungsmäßig ebenfalls dem Nullpunkt nahe war. Hast den Abend versaut, doofe Lore, verdammt noch mal, überall Blut, wie damals in Friedberg und Bad Nauheim. Dazu der Uringestank. Und wehe, du krümmst Elvis auch nur ein Haar!
Doris flitzte ins Bad, kam mit einem angefeuchteten Handtuch wieder, mit jenem Scheiß-Handtuch, das Stunden zuvor auf Siegfrieds Blessuren getupft worden war, tupfte es nun auf die Kratzer in Lores Gesicht. Elvis hat ganze Arbeit geleistet, dachte ich, hin- und hergerissen zwischen dem irrationalen Stolz auf meinen Kater und dem Ekel vor dem Blut. Überflüssigerweise, wenn auch sachlich korrekt, sagte ich: »Man soll Katzen nicht hochheben, wenn sie gerade pinkeln. Was sagst du, Lore? Würdest du es gut finden, während des Pinkelns von zwei riesigen, Alkohol ausdünstenden Händen von der Kloschüssel gehoben zu werden? Würdest du dich nicht auch zur Wehr setzen?«
Ach, Scheiße, nun weinte Lore auch noch, wurde von Schluchzern geschüttelt, die Brüste bebten dabei, und in einer anderen Situation hätte ich liebend gern zugefasst. Sie öffnete tatsächlich ihre Bluse, legte den Busen frei, zwei große, weiße, von bläulichen Äderchen marmorierte und nun völlig zerkratzte, blutende Melonen. Sie schob ihre Hände darunter, um sie anzuheben, mir anklagend hinzuhalten. »Da, schau dir das an! Das Vieh ist gemeingefährlich und sollte eingeschläfert werden.«
Ich versuchte die Brüste, an denen Doris nun herumtupfte, zu übersehen. »Vorher
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