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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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mich säuselnd zusammen: »Schatzi, schau mal – und vor allem, denk mal nach, auch wenn’s um diese Tageszeit und nach so ’ner Nacht schwerfällt: Verantwortungsbewusstsein ist ein hohes Gut, ist aber nicht an eine bestimmte Weltanschauung gebunden und lässt sich ebenso missbrauchen wie alle anderen sogenannten Tugenden. Meine Eltern waren ja in ihrer Borniertheit davon überzeugt, verantwortungsbewusst zu handeln. Es war ihnen bestimmt nicht leichtgefallen, mich quasi zu verstoßen. Das ist so ähnlich wie mit Abraham, der vom offenbar schwer gestörten Gott den Auftrag bekommen hatte, seinen Sohn Isaak zu ermorden und das auch bedingungslos ausgeführt hätte, wenn Gott ihn nicht kurz davor zurückgepfiffen hätte. Er wäre schweren Herzens zum Mörder geworden, hätte es aber als seine Pflicht angesehen. Verstehst du das? Sag bitte ja, bevor wir zusammen von hier verschwinden. Gib mir ein Zeichen. Ich kann mit einem begriffsstutzigen Freund nämlich wenig anfangen.«
    Schöner, sinnlicher Mund. Doch ihr Grinsen störte mich – weil ich mich unwohl fühlte und es schon deshalb nicht richtig entschlüsseln konnte. War es verächtlich gemeint, siegessicher oder einfach nur versöhnlich?
    Nun mischte sich Bülent ein: »Ey, Moment mal, hab ich das richtig verstanden?« Er löste die Hände von seinem Schoß und hob sie theatralisch. Nanu? Ganz schön locker. Ach so, alles klar, Schwanz wieder klein, zu einer unscheinbaren, weichen Harnröhrenverkleidung geschrumpft und nun, vertraulich an die Eier geschmiegt, am üblichen Platz zwischen Schenkel und Hosenstoff ruhend. Gut so, war in Ordnung, bedeutete weniger Stress. Und was wollte Bülent? Er war ja nicht bIöd, hatte schnell kapiert, dass ich mit Doris von hier verschwinden wollte. Ich fühlte mich nicht nur unwohl, weil mich ebenfalls Kopfschmerzen quälten, was schon für sich allein ein triftiger Grund zum Unwohlsein gewesen wäre, sondern vor allem, weil ich einerseits die nächste Zeit nur mit Doris verbringen wollte, aber andererseits fürchtete, einen Freund zu verlieren.
    »Ihr wollt gemeinsam von hier abhauen?«, fragte er, sah irgendwie verzweifelt aus, nicht nur wegen der alkoholvergiftungsbedingten Verwüstungen in seinem Kopf und seinem Körper, nein, das spielte wohl nur eine Nebenrolle. »Und, äh, kann ich mit euch kommen?« Es hörte sich ängstlich an, keineswegs hoffnungsvoll. Mir fiel es verdammt schwer, passende Worte für die Ablehnung zu finden.
    Doris, ganz locker, kam mir zuvor. Sie sagte, das sei doch selbstverständlich, er sei ja mein Freund.
    So, so, selbstverständlich?, dachte ich überrascht und dezent von internem Stöhnen begleitet, denn hier wurde wieder mal dreist die Verantwortungs-Frage ins Spiel gebracht. Ich würde weiterhin für den jugendlichen Träumer verantwortlich sein. Verantwortung für Doris: ja. Darüber hinaus fühlte ich mich eigentlich, was Verantwortung betraf, überfordert. Aber gleich darauf freute es mich, den Freund nicht zu verlieren. Zwei widersprüchliche Gefühle. Für mich jeoch nichts Neues.
    »Wir haben reichlich Kohle. Das reicht auch für dich«, behauptete Doris leichten Herzens. Typisch Doris. Widersprüchliche Gefühle waren auch ihre Lebensbegleiter.
    Für mich war die Sache okay. Ich hatte Doris wieder. Das allein zählte.
    Bülent war so ergriffen, dass er anfing aus tiefstem Herzen zu singen. Einen Elvis-Song:
Mystery Train
. »Train arrives – sixteen coaches long …!«
    Doris schrie auf – Bülent verstummte verstört. »Nein, nein!«, schrie Doris, wild mit den Händen wedelnd. »Sing bitte, bitte weiter! Das ist großartig, das ist phantastisch! Oh Scheiße, Mann, ich bin von den Socken!«
    Als er das Lied beendet hatte, sagte er: »Aber was du über Abraham, der bei uns Ibrahim heißt, gesagt hast, finde ich nicht okay. Für uns Moslems ist er ein ganz, ganz wichtiger Mann, der Allah immer gehorcht hat.«
    Doris winkte kühl ab. »Meinetwegen. Auf jeden Fall wäre er heutzutage, wenn er seinen Sohn ermordet hätte, zu einer lebenslänglichen Gefängnisstrafe verurteilt worden, und das zu Recht.«
    »Und Gott, wegen Anstiftung zum Mord, ebenfalls«, fügte ich feixend hinzu.
    Der Opel Admiral, Baujahr 1971, kostete 7 000 Mark, die Roststellen waren im Preis inbegriffen, und er hatte fast 100 000 Kilometer auf dem Buckel. Großes, breites Schiff, sechs Zylinder, Kassettenrekorder. Er wurde auf Doris’ Namen angemeldet, da sie in Bad Harzburg wohnte.
    Bülent, Elvis und das

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