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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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Fensterrahmen in sattem Rot, eine Wand war mit rotem Samt verkleidet worden, in zwei Ecken standen Phönix-Palmen in Messingkübeln, an einer Wand war ein mit Hand- und Fußfesseln versehenes Andreas-Kreuz befestigt worden, an einer anderen Wand befand sich ein Käfig mit Eisengitter, an der dritten Wand hing ein Flaschenzug, dann gab es natürlich die obligatorische Streckbank – und in der Mitte des Raums, erhöht auf einem Podest, stand der Thron der Domina, ein günstig erworbener Gynäkologenstuhl aus den 50er Jahren, nun mit schwarzem Samt bezogen, mit Chromleisten verkleidet und beschirmt von künstlichen Straußenfedern.
    »Was man alles kaufen kann«, staunte Fred.
    In einem einschlägigen Frankfurter Laden hatte Doris ihre Berufskleidung zusammengekauft: Leder- und Latexsachen, eine SS-Uniform, schwarze, bis zu den Ellbogen reichende Handschuhe, schwarze Mieder, blutrote Mieder, schwarze hochhackige Stiefel, Nylons, Netzstrümpfe, Perücken – und selbstverständlich das ganze Handwerkszeug: Peitschen aller Art, Handschellen, Kerzen, Klammern, Stricke, das Klebeband, die Nadeln und so weiter. Außerdem gab es für Kunden ohne eigenes Outfit Gummi- und Lederanzüge und aus demselben Material Masken, die den ganzen Kopf einschlossen, mit nur drei runden Öffnungen für die Augen und den Mund und einem Lederhalsband mit Karabinerhaken zum Befestigen einer Kette oder wahlweise einer Hundeleine.
    Fred und ich fanden Doris bezaubernd – sowohl in der SS-Uniform als auch im Lederkorsett, mit Stulpenstiefeln, Nylons und Stahlhelm. Sie errötete ganz niedlich nach jeder Vorführung und dem darauf folgenden Applaus.
    Fred hatte sich einen weißen und einen schwarzen Elvis-Anzug schneidern lassen, die Las Vegas-Variante, klar, was sonst, sah darin verwegen aus, schon wegen des aufknöpfbaren Hosenbodens. Nach meiner Ansicht waren die Sachen Fred zu eng, er ähnelte darin einer Wurst in einer glitzernden Pelle, aber er sagte, das sei okay, er fühle sich darin wohl, und seine zukünftigen Freier seien ja genau die Typen, die mollige Enddreißiger in zu engen Elvis-Anzügen geil fänden.
    Doris, immer clever, hatte in dem Domina-Zubehör-Geschäft einige Visitenkarten verteilt und abgelegt und zudem in Zeitungen Anzeigen mit den üblichen Code-Wörtern aufgegeben. Fred, geradezu gespenstisch umtriebig, war nächtelang Handzettel verteilend durch die Frankfurter Schwulen-Bars, die Klappen und die Parks gezogen und schien tatsächlich, falls seine Schilderung der Wahrheit entsprochen hatte, nicht nur bei älteren Elvis-Fans, sondern auch bei Liebhabern des Bizarren ein gewisses Interesse geweckt zu haben. Ein bisschen Werbung, auch wenn’s riskant war, musste sein.
    »Eine professionelle Domina hat keinen Geschlechtsverkehr mit ihrem Sklaven. Der kriechende Wurm darf eventuell ihre Möse lecken, daran schnuppern, ihren Arsch und ihre Stiefel küssen, und wenn er streng bestraft worden ist, darf er auch mal an der Brust lecken und saugen. Das Penetrieren ist ihm untersagt.« Damit hatte Doris mich einigermaßen beruhigt. Aber ich fragte mich, ob ich es verkraften würde, sie mit einem Zweigstellenleiter der Iduna-Versicherung oder gar mit einem namhaften CDU-Politiker in diesem Raum zu wissen, ihren Kommandoton, das männliche Jammern, Stöhnen und Winseln, das Klatschen der Peitschen, wenn auch gedämpft, mit anhören zu müssen.
    Sie fügte hinzu: »Ich nehm auch Stiefelfetischisten, die meine Stiefel ablecken und ihr Sperma drauf verteilen.«
    Das beruhigte mich ungemein, und ich wünschte, es kämen massenhaft Stiefel-Fetischisten, um ihr Sperma auf die Stiefel meiner Freundin zu spritzen.
    Aber wie auch immer – wir waren zu einem innig miteinander verbundenen Team geworden. Doris und Fred verstanden sich von Tag zu Tag besser, wir sprachen schon manchmal, wenn auch ein wenig verschämt, von unserer kleinen Familie.
    Dann war es so weit. Keine großen Einweihungsfeier, nur wir drei, eine Flasche Champagner und was zum Knabbern. Geschäftszeit war täglich, außer sonntags, von 18 bis 22 Uhr.
    Am ersten Tag nicht ein einziger Kunde. Betretene Gesichter, klar, Zweifel an dem ganzen Unternehmen, Selbstkritik, Verunsicherung, das ganze Zeug. Nach einigen Drinks kehrte der Optimismus zurück.
    Und siehe da, am nächsten Abend – nicht gerade volles Haus, aber zwei Kunden für Doris, einer für Fred. Sie wurden super bedient, verabschiedeten sich mit zufriedenen Mienen und versprachen, bald wiederzukommen.
    »Na

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