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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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Ton. »Sobald du dich geduscht und rasiert hast, lieber Fred, beginnen wir mit dem Aufräumen und Putzen. Ich versteh nicht, dass du es so weit hast kommen lassen. Du bist doch ’n großer Junge.«
    Fred wirkte auf einmal niedergeschlagen. »Seit Hans mich verlassen hat, fehlt einfach die ordnende Hand.«
    Verständnisvoll und trotz der Pomade und anderer ekliger Substanzen in seinen Haaren streichelte Doris seinen Kopf. Ihre Stimme klang warm: »Nun ist die ordnende Hand wieder Teil deines Lebens.«
    »Danke, Herrin«, sagte ich, um ein Abdriften in Sentimentalität zu verhindern, dann lachten wir alle, dankbar dafür, dass es wieder was zu lachen gab.
    Menjou-Bärtchen, Seidenjackett, Lackschuhe, dazu der Schlafzimmerblick, das ölige Lächeln: der gute alte Horsti. Stand am Tresen, winkte jovial herüber. Fred und ich bahnten uns einen Weg durch den Lärm und den Wald von eifrig gestikulierenden, fluchenden, lachenden Gestalten, durch Parfümwolken, Alkoholdunst und Zigarettenqualm, vorbei an Eiseskälte verströmenden Verbrechern, die jeden Hereinkommenden nach seiner Verwertbarkeit einschätzten, vorbei an Wärme ausstrahlenden Frauen, die noch immer die große Liebe suchten.
    Horsti reichte uns die Hand, um sie danach über die pomadisierten pechschwarzen, nach hinten gebürsteten Haare zu streichen. Vielleicht ein abergläubisches Ritual, möglicherweise nur ein Reflex. Das ölige Lächeln.
    »Wie geht’s, Freddy, alter Rock’n’Roller? Hab dich seit Tagen nicht gesehen. Na, wenigstens hast du dich äußerlich einigermaßen renoviert. Hast ja wie ausgekotzt ausgesehen. Du bist doch nicht etwa seriös geworden?« Sein starker hessischer Akzent harmonierte auf seltsame Weise ausgezeichnet mit seinem Äußeren – obwohl der Durchschnittshesse, so weit mir bekannt war, keineswegs pomadisiert und mit Menjou-Bärtchen, Seidenjackett und Lackschuhen durch seine Heimat läuft.
    Fred hatte beim Betreten der Kneipe sofort die ganz harte Miene aufgesetzt, eine noch härtere Miene als früher. Kein Wunder mit zehn Maschinenpistolen und reichlich Munition im Angebot. Er bestellte zwei Bourbon auf Eis, und wie es manchmal im Leben passiert, lief dazu wie bestellt die passende Musik, nämlich
Whiskey And Wimmen
von John Lee Hooker mit Canned Heat, was mich echt verblüffte. Ich meine, die Musik in diesem Laden war überhaupt ganz okay, aber Canned Heat und John Lee Hooker hatte ich hier nun doch nicht erwartet.
    Fred schob seinen Mund an Horstis Ohr: »Ich bin immer noch der Alte, keine Sorge. Hab nur mal wissen wollen, wie sich Verwahrlosung anfühlt.« Kurzes Lachen und Augenzwinkern der beiden so unterschiedlichen Typen. »Ich hab vielleicht was für dich, dachte mir, es könne dich interessieren.« Abgedroschene Sätze aus steinalten Filmen, aber egal, Horstis Ohr schien Freds Mund entgegenzuwachsen. »Ich bin ganz Ohr«, sagte Horsti sanft.
    Seine Ohren sind so groß, dass der Kopf dazwischen klein wirkt, wie ein Handball mit Flügeln, stellte ich im Stillen fest.
    Fred wartete, bis sich die Bardame, die uns soeben die Drinks hinstellte, entfernte, dann rückte er seinen Mund noch näher an Horstis Ohr, was der wiederum als zu nah zu empfinden schien, denn er zog seinen Kopf ein wenig zurück, was ich ihm nicht verdenken konnte, weil Fred, wenn er aufgeregt war, beim Sprechen Speichel versprühte, und wer lässt sich schon gern ins Ohr spucken? Also bitte.
    »Interesse an Maschinenpistolen?«
    »Hä?«
    »Neun Uzis. Mit 36 Magazinen.«
    Ungläubig lächelnd warf Horsti einen Seitenblick auf Fred. »Scherzkeks. Willst du’n alten Mann verarschen?«
    Freds Mund rückte wieder näher an das Ohr, worauf der Ölige den Kopf um ein weiteres Stück zurückzog, was recht komisch aussah, als wolle er einem Kuss ausweichen.
    »Ich verarsch dich nicht. Du kennst mich. Ich hab großen Respekt vor dir.«
    Das schien wie Balsam in Horstis Ohr zu tropfen. »Wieviel?«
    »Für alles 15 000.«
    Geziertes Lachen, das in ein Hüsteln überging. »Du hast keine Ahnung. Mit 5 000 bist du gut bedient. Heutzutage hat doch jeder RAF-Sympathisant ’ne Uzi unterm Bett. Nach jeder Demo findet man die Dinger am Straßenrand.«
    »Bewundernswert, dass dir so schnell ein witziger Spruch eingefallen ist.« Fred war jetzt kaum noch von James Cagney zu unterscheiden. »Aber jetzt ohne Scheiß: Wir wissen beide, dass die Uzi und die tschechische Dings, äh …«
    »Die Skorpion.«
    »Genau …, zu den begehrtesten MPis gehören, weil sie so

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