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Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
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und mit Komplimenten überschüttet. Die SS-Uniform, in der sie wegen eines erwarteten Kunden steckte, faszinierte die Männer, zumal sie statt der Uniformhose einen Lederslip und Netzstrümpfe trug.
    Herrlich entspannte Atmosphäre. Nach einigem Geplauder und ein paar Scherzen begab sich Fred mit Abdullah ins Elvis-Zimmer. Es klingelte zweimal, und Doris’ Gast, ein distinguierter Geschäftsmann mit grauen Schläfen und Nadelstreifenanzug, schlüpfte herein und verschwand nach flüchtiger Begrüßung gleich im Domina-Studio. Es könnte alles so schön sein, dachte ich melancholisch, während ich im Wohnzimmer mit den Bodyguards und Herrn Rahman Kaffee trank, Kekse knabberte und den Schmusesongs von Elvis lauschte.
Love Me Tender, Don’t
und
Are You Lonesome Tonight
. Nicht ganz meine Richtung, aber im Moment sehr beruhigend, wenn auch ein starkes Einschläferungspotential in sich bergend – so kam es mir vor, denn ich hatte ja kaum geschlafen, meine Augen brannten schon, und es wäre nicht nur nach den Regeln des Orients verletzend gewesen, wenn ich im Kreise meiner Gäste eingenickt wäre, dabei möglicherweise Geräusche von mir gegeben hätte …
    Krachend flog die Wohnungstür auf, und schon war ich wieder hellwach. In der Öffnung erschien, einem Dämon gleich, der Knochenbrecher, groß und breit, gefolgt von seinen Bodyguards.
    Entsetzt war ich aufgesprungen, fand mich plötzlich im Flur wieder und machte mich im Stillen zur Schnecke, weil ich keinen kühlen Kopf bewahrt hatte und deshalb jetzt unbewaffnet Rudi gegenüberstand, der sich langsam, überlegen und ausnahmsweise grinsend, nicht etwa amüsiert, sondern teuflisch, wie denn sonst?, auf mich zu bewegte. Er war das Raubtier, ich die Beute. Für ihn schien alles klar zu sein.
    Aber nur für Sekunden, genau gesagt, bis zu dem Zeitpunkt, in dem fünf dunkelhäutige Männer mit harten Gesichtern aus einem Zimmer spritzten und ihre Pistolen auf ihn richteten, während aus einem anderen Zimmer, mit vorgehaltener Uzi, eine Frau in SS-Uniform und Netzstrümpfen schritt.
    »Was ist denn hier los?«, fragte Rudi verstört. Weder er noch seine Begleiter wagten es, ihre Waffen zu ziehen.
    Aus einem weiteren Zimmer traten jetzt Fred, im Elvis-Kostüm, und sein Gast, nur mit Unterhose bekleidet. Abdullah schien schnelle Entschlüsse zu mögen. Kurzer Überblick, dann: »Shoot them down!«
    Die Leibwächter, echte Profis, die ihren Beruf über alles liebten, gingen unglaublich präzis zur Sache.
    »No, stop it!«, schrie ich verzweifelt ins Krachen der Schüsse hinein – aber natürlich zu spät, weil die Jungs blitzschnell reagierten, was ja von ihnen verlangt wurde, nicht nur ihres Jobs wegen, sondern auch wegen Ehre und ähnlichem nicht unbedingt rationalen Zeug.
    Dann Totenstille. Eben noch kaum zu ertragende Knallerei, jetzt, zumindest in diesem Augenblick, eine Stille, in der nicht mal Atemgeräusche zu hören waren. Feiner, metallisch riechender Rauch schwebte durch den Flur, außerdem roch es irgendwie angebrannt, auf dem Fußboden lagen drei tote Männer mit hässlichen Löchern zwischen den Augen und sonstwo.
    Was Doris, Fred, den distinguierten Geschäftsmann und mich betraf: Wir waren vor Entsetzen erstarrt. Ich hätte mich gern erbrochen, um dadurch die Übelkeit loszuwerden. War ich etwa der einzige mit dem Bedürfnis, sich zu erbrechen? Von Doris wusste ich, dass sie einen robusten Magen besaß. Und Fred? Der saugte nur hektisch an seiner Zigarette. Die Araber wirkten eher ungerührt, fingen auch kurz darauf in ihrer Sprache aufeinander einzureden und kommentierten offenbar wie auf dem Schießstand ihre Treffer.
    Gemessenen Schritts trat der Sekretär aus dem Wohnzimmer. Ausdrucksloses Gesicht, keine Spur von Aufregung, jede Bewegung unter Kontrolle. Er checkte die Situation mit einem Blick. Widerwillig bewunderte ich ihn. Er nahm, mit einem Taschentuch in der Hand, Doris die Uzi ab, wischte daran herum und drückte sie in Rudis Hände, zog den anderen Toten die Pistolen aus den Halftern und drapierte sie gekonnt in deren Händen. Zu dem Geschäftsmann sagte er auf Englisch, obwohl seine Deutschkenntnisse exzellent waren: »Unfortunately you are a witness, I must kill you. I’m really sorry for that, because I like you, but you know, we all have to do our duty.«
    »Wie bitte?« Der Geschäftsmann, der sich gerade das Hemd in die Hose steckte, wurde aschfahl bis grün im Gesicht.
    »Hey, hey!«, protestierte Doris empört – dann lachten alle

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