Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman

Titel: Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dittrich Verlag GmbH
Vom Netzwerk:
Stimme sägte dem Beamten rücksichtslos das Wort ab. In ihren Privaträumen könne Frau Hirsekorn jedes Kleidungsstück anziehen, das ihr gefalle, und sei es die von Heydrich persönlich getragene Uniform.
    »Aber muss es denn unbedingt eine Nazi-Kluft sein?«, murmelte der Beamte verunsichert. »Wenn Sie mit der Dame was besprechen wollten, wäre doch normale Zivilkleidung ausreichend gewesen, und überhaupt, ich meine, gibt es hier in Friedberg tatsächlich Perverse, die auf so was abfahren? Die Domina-Sachen, ja, okay, ich bin ja nicht erst seit gestern bei der Kripo, aber Nazi-Klamotten-Fetischismus – also ich weiß nicht.«
    Damit war er für Herrn Tiefenthal natürlich erledigt. Ich konnte sehen, wie es in dem Anwalt brodelte, und hoffte, die ungewollte Kränkung würde ihn nicht aus dem Konzept bringen. Der Freizeit-Sklave reagierte zu meiner Zufriedenheit weiter höchst professionell: »Ihre persönlichen Wertmaßstäbe sollten Sie während der Arbeitszeit lieber in Ihrem Spind lassen!«
    So viele Menschen trieben sich indiskret schnüffelnd in unserer Wohnung herum. Ein Déjà vu, auf das ich gern verzichtet hätte, alles erinnerte mich an Bad Nauheim, nur dass es da ganz banal um den Höhepunkt einer Ehekrise gegangen war.
    Spurensicherung, Journalisten, Abtransport der Leichen, erste Befragungen, Einsammeln aller Schusswaffen. Die Bodyguards machten Ärger, wollten sich nicht von ihren Pistolen trennen und rückten sie erst nach einem Machtwort ihres Herrn heraus, allerdings murrend, wenn nicht gar fluchend. Ich hätte zu gern die Bedeutung der offensichtlich von orientalischer Theatralik bestimmten und entsprechend verächtlich ausgespuckten Wörter erfahren.
    Die Zimmer wurden durchsucht, wobei dem Domina-Studio nicht nur aus beruflichen Gründen die größte Aufmerksamkeit galt.
    »Ich hab schon so was läuten hören«, sagte einer der Schnüffler. »Illegales Dienstleistungsgewerbe in der Ludwigstraße, Zweckentfremdung von Wohnraum.«
    »Was reden Sie denn da?«, blaffte Doris ihn an. »Das ist mein Freizeitraum. Oder kennen Sie jemand, der mich für irgendwelche
Domina-Dienste
bezahlt hätte? Mein Freund…«, sie deutete auf mich und ließ mich erröten, »… und ich vergnügen uns auf dem Streckbett und am Flaschenzug, und manchmal ist auch Fred Fink dabei und assistiert mir. Allerdings hab ich mir in der Tat überlegt, das gewerblich zu betreiben. Deshalb ist Herr Tiefenthal ja hier«
    Die Wasserpfeife war am Vormittag gründlich gereinigt worden, wie ich aufatmend feststellte. Sie stand dekorativ und vermeintlich unschuldig auf der Fensterbank.
    Auf dem Revier folgte die Prozedur der Verhöre. Darin kannte ich mich ganz gut aus, und auch der Typ des bärbeißigen älteren Vernehmungsbeamten, dem ich gegenübersaß, war mir vertraut. Er rauchte einen süßlich riechenden Tabak aus einer Pfeife, die so abgegriffen aussah, als hätte sie ihm schon im Schützengraben vor Moskau Momente der Besinnlichkeit geschenkt. Aus seinem Misstrauen machte er kein Geheimnis. »Mein lieber Mann, Sie haben ja schon einige Jahre Knast hinter sich. Das klebt natürlich an einem. Und dass nach Ihrem letzten Gefängnisaufenthalt Ihr Arbeitgeber gleich seine Frau erschießt, kann man Ihnen wirklich nicht zur Last legen. Aber ein Bordell, Herr Lubkowitz! Jetzt mal ganz offen: Sind Sie der Zuhälter der beiden? Und die machen für Sie die Drecksarbeit?«
    »Was heißt hier Drecksarbeit?« Meine Empörung war echt. »Berufsethos ist für uns kein leeres Wort. Außerdem hatten wir ja vor, unser Gewerbe anzumelden, weswegen der Anwalt bei uns war – und ich bin kein Zuhälter, sondern der Koch, Kellner, Chauffeur und Vorleser dieser beiden hart arbeitenden Menschen.«
    Der Bulle räumte ein, dass Herrn Tiefenthals Ruf als Familienvater wie als Anwalt makellos sei, aber dann winkte er ungeduldig ab. »Interessiert mich alles nicht, ist nicht meine Baustelle, das hier ist die Mordkommission, und ich will von Ihnen wissen, was genau abgelaufen ist. Denken Sie im Ernst, ich glaube, dass die Araber zufällig anwesend waren, als die Herren aus München – übrigens alle drei als Gewaltverbrecher bekannt – in Ihre Wohnung eindrangen, hm, denken Sie das?«
    »Hab ich das gesagt?« Ich wurde bockig.
    »Nein, aber das denken Sie.«
    »Wollen Sie mir etwa einreden, Sie könnten meine Gedanken lesen? Sie haben keine Ahnung von meinen Gedanken.«
    »Scheiß auf Ihre Gedanken. Das interessiert mich nicht.«
    »Warum unterstellen

Weitere Kostenlose Bücher