Das Jahr der wundersamen Elvis-Vermehrung - Roman
Rock’n’Roller für Unbedarfte, sein grauenhaftes
Sugar Baby
und nahm somit brutal meinem bedeutungsschweren Satz seine Größe.
Doris antwortete sofort in einem Ton, dessen Schroffheit, wie ich hoffte, für Peter Kraus bestimmt war, aber mich voll traf. Das sei der größte Schwachsinn, den sie in den letzten Jahren vernommen habe, sagte sie, und es bereite ihr körperliche Schmerzen, solchen Blödsinn aus dem Mund ihres Freundes hören zu müssen.
Als hätte Doris einen Stopfen gezogen, schäumte Wut in mir hoch. Giftige Blicke abschießend, zischte ich sie an: »Das Haschischrauchen scheint deinem Hirn nicht zu bekommen, verdammt noch mal. So lange dieser schmierige Waffenhändler in der Lage ist, uns zu schaden, werden wir keine ruhige Minute haben. Kapierst du das nicht? Ein Typ wie der versucht aus allem was rauszuschlagen.«
Fred beugte sich über die Tischplatte und verspritzte wieder einmal Speichel, als er mir aufgeregt beipflichtete. Das sei gar nicht abwegig, denn die Polizei wisse ja, dass der mehrfach vorbestrafte Horsti mit Waffen zu tun habe, und herauszufinden, dass er mit dem polizeibekannten Waffenhändler Rudi am Vorabend des Gemetzels durch die Kneipen gezogen sei, dürfe selbst der Friedberger Kripo nicht schwerfallen, zumal vermutlich auch das LKA in den Fall eingestiegen sei.
Der gute Fred, der sich zwar schon seit Jahrzehnten in den berüchtigten Kneipen betrank, aber früher meist belächelt oder gönnerhaft getätschelt worden war, fühlte sich mittlerweile mit anderen Augen betrachtet – Geschäftsmann, drei tote Berufsverbrecher in der Wohnung, fette Schlagzeilen in der Lokalpresse, und einige machten sich jetzt Gedanken über ihn, er nahm einen größeren Raum in ihren Köpfen ein. Das hatte sein Selbstwertgefühl um mehrere Drehungen nach oben geschraubt; geradezu lustvoll suhlte er sich an Kneipentischen und -tresen in seiner neuen Rolle – obwohl das mit dem Geschäftsmann ja wieder gestrichen worden war.
Das gewachsene Selbstvertrauen befeuerte jedoch in ihm die Hybris, die in dem Blutbad keineswegs ertrunken war. Im Gegenteil: Weil er keine traumatischen Folgen feststellte und weiterhin nachts problemlos schlafen konnte, hielt er sich nun fatalerweise für ’ne richtig harte Sau.
»Ich könnte euch beide ohrfeigen«, grummelte Doris. »Wollt ihr ihm nachts in einer dunklen Straße ein Küchenmesser in den Rücken rammen?«
»Er hat sein Auto, einen Range Rover, immer in der Nähe geparkt«, wusste Fred. »Meistens bei der Liebfrauenkirche. Wir könnten zum Beispiel die Bremsschläuche durchschneiden.«
Nun musste Doris doch grinsen. Natürlich herablassend. Was sein Selbstbewusstsein, wie von ihr erwartet, umgehend eine Stufe runterschraubte. »Du legst dich also mitten in der Stadt unter sein Auto, versuchst, die Bremsschläuche zu ertasten, und falls du sie wider Erwarten finden solltest, schneidest du sie durch, und Horsti baut dann in der Stadt einen vermutlich harmlosen Unfall. Aha, sagt sich dann selbst der dümmste Bulle, durchgeschnittene Bremsschläuche, also Attentat, riecht verdammt streng nach einer Verbindung zum Knochenbrecher. Sehr clever, Freddy.«
Doch der hatte sich schon wieder gefangen und sich offenbar entschlossen, den Sarkasmus zu ignorieren, da er, ungewohnt kreativ, bereits einen anderen Plan hervorzauberte: »Er wohnt in Bauernheim – vielleicht wisst ihr … –, ein Kaff in der Nähe, etwa vier Kilometer entfernt. Wenn er, wie üblich, nachts um eins nach Hause fährt, könnten wir ihn mit einem Laster, den wir zuvor klauen müssten, einfach rammen.«
Auflachend drehte Doris den Kopf zur Seite. Dabei geriet Horsti in ihr Blickfeld. Der Ölige stand, gekonnt mit den anderen Gästen verschmelzend, am Ende des Tresens, mit einem Bierglas in der Hand, uns scheinbar gelangweilt beobachtend und Doris ein maliziöses Lächeln schenkend.
Ihr Lachen brach ab. Sie beugte sich vor. »Woher willst du den Laster nehmen?«, fragte sie mit einer Stimme, die genervt klingen sollte, aber schon erkennen ließ, dass ihre Abwehr bröckelte. »Der Stinker beobachtet uns«, schob sie nuschelnd hinterher.
»Ist doch klar«, sagte ich, den Abgebrühten in mir von der Leine lassend. »Der Wichser wird uns immer im Fadenkreuz haben.« Ich gab mir einen Ruck. »Den Laster klaue ich. Ich hab schon LKWs und sogar Planierraupen gefahren. Kein Problem, sind alle leicht zu knacken. Mit so ’nem richtig fetten Panzer machen wir ihn platt.« Mein aufblühender
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