Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Jahr des Hasen

Titel: Das Jahr des Hasen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
Vom Netzwerk:
Nächte in der Stadt. Als er zurückkehrte, war er betrunken, aber fröhlich. Sogar ein paar Hundertmarkscheine hatte er noch übrig. Und Schnaps: viele Flaschen guten Kognak. In seinem Rausch prahlte er: »Ich bin einer, der Nägel mit Köpfen macht. Morgen früh wird hier ‘ne Menge los sein.«
    Nach dieser Ankündigung sackte er weg, und Vatanen erfuhr nichts von seinen Vorbereitungen.
    Am Morgen donnerten drei schwere Tieflader mit der Aufschrift »Spezialtransport« ins Camp. Kurko schien eine Operation größeren Ausmaßes eingeleitet zu haben.
    Trotz seines Katers machte er sich sogleich ans Werk. Er übernahm die Leitung, wies Vatanen und die Fahrer an, am Ufer zwischen dicken Föhren eine große Winde aufzustellen, ein schweres Gerät mit zwanzig Tonnen Zugkraft, und mit dicken Stahltrossen an den wuchtigen Stämmen zu verankern. Mit einer kleineren Winde wur­ de die Trosse vom gegenüberliegenden Ufer aus in den Fluß gezogen.
    Kurko tauchte und nahm das schwere Ende der Tros­ se mit. Er blieb lange unter Wasser, und als er prustend an die Oberfläche kam, rief er: »Zieht an!«
    Die Stahltrosse spannte sich, die Wipfel der Kiefern schwankten, doch die Verankerung der Winde hielt. Langsam wickelte sich die Trosse um die Trommel. Nach einer Minute hob sich aus dem Fluß eine schwere, verrostete Haubitze, deutsches Fabrikat, sechs Zoll. Kurko schwamm rasch ans Ufer und nahm einen Schluck Kognak. Zum Aufwärmen, wie er sagte.
    Die alte Kriegswaffe wurde auf den Tieflader gehoben und befestigt. Vatanen notierte das Gewicht.
    Den ganzen Tag schwamm Kurko zwischen Ufer und Flußmitte hin und her und gönnte sich bei seiner schweren Arbeit keine Pause. Aus dem Wasser wurden elf Kanonen, etwa zwanzig Flakgeschosse, ein fünfzehn Tonnen schwerer Panzer und etliche Kisten Munition gehoben. Vermutlich hatten die Deutschen während ihres Rückzugs im Lappland-Feldzug den ganzen Kram im Fluß versenkt, aber es war schon ein Wunder, daß die Finnen diese Waffen noch nicht entdeckt hatten.
    »Und jetzt fahrt damit zum Bahnhof Kolari, dort sind auf meinen Namen Waggons bereitgestellt, da ladet ihr den Krempel rein. Hier sind die Frachtbriefe«, sagte Kurko und reichte den Fahrern einen Packen Papiere.
    »Sowie das Zeug verladen ist, holt ihr den Rest, und wenn es mitten in der Nacht ist. Das Geld kriegt ihr in einer Woche. Ich unterschreibe.«
    Kurko unterschrieb die Fahraufträge, die schweren Tieflader donnerten in Richtung Norden davon. Vatanen verfolgte die großangelegte Aktion mit Verwunderung, und er war nicht der einzige, der Kurkos Geschäfte bestaunte: Es hatte sich bis zu den Bewohnern von Meltaus herumgesprochen.
    Am nächsten Tag wurde der restliche Kriegsschrott aus dem Fluß gehoben, und am frühen Nachmittag fuhren die letzten Fahrzeuge von Meltaus nach Kolari. Kurko erzählte, er habe den Schrott direkt an die Eisen­ fabrik in Koverhari verkauft, und am Freitag treffe die Eilüberweisung auf der Bank in Rovaniemi für ihn ein. Er sagte, gezahlt werde für den Schrott erst dann, wenn er sich im Werksgelände befinde.
    Auch ein Journalist hatte sich am Flußufer eingefun­ den, jedoch zu spät. Seine raffinierten Versuche, Vata­ nen und Kurko Informationen zu entlocken, blieben ohne nennenswertes Ergebnis. Das letzte Floß war zerlegt, die große Winde war bereits fortgeschafft, und als der Reporter fragte, ob dies die Stelle sei, wo man hundert Kanonen im Fluß gefunden habe, sagte Kurko lachend: »Hundert Kanonen! Du bist wohl überge­ schnappt. Hier werden Flöße zerlegt und keine Kanonen verschrottet!«
    Bis Freitag waren die Holzarbeiten beendet, beide Männer nach Rovaniemi zurückgekehrt. Vatanen holte den Lohn im Bezirksbüro ab, während Kurko aufgeregt im »Lapinmaa« saß. Er hatte sich den Gewinn seiner geschäftlichen Unternehmung ausgerechnet.
    »Die Unkosten betragen sechstausendzweihundert Mark, deinen Tausender mitgerechnet. Die Firma be­ zahlt für das Kilo siebzehn Pfennig, und es waren ja sechsundneunzigtausend Kilo, also fast hundert Ton­ nen. Nun rechne mal selber. Alles zusammen müßte
    16.320 Mark wert sein. Nach Abzug der Ausgaben blei­ ben 10.120 Mark. Hübsche Summe!«
    Am Nachmittag traf der Scheck tatsächlich ein. Kurko weinte in der Bank Freudentränen. »Soviel Geld
    auf einem Haufen habe ich seit 1964 nicht gekriegt, als ich am Kairifluß drei Monate hintereinander Bäume gefällt habe. Jetzt fahr ich erst mal weg, bis hoch nach Oulu vielleicht.«
    Kurko zog

Weitere Kostenlose Bücher