Das Jahr in dem ich beschloss meinen Grossvater umzubringen - Roman
nutzte es schamlos aus. Er setzte sie unter Druck, erpresste sie. Und dann wollte er, dass ich sie heirate, obwohl sie seine Geliebte war. Aber sie schlief auch tatsächlich mit mir. Ich dachte, ich hätte sie für mich, aber ich musste sie teilen. Was sollte ich tun? Ihn umbringen? Vielleicht mache ich das noch.
Es tat mir leid für dich. Aber ich konnte dir nicht helfen. Du warst sein Sohn, bist sein Sohn, ja. Ich konnte nichts tun, ihm nur Geld dafür abnehmen, so viel wie möglich. Meine einzige kleine Rache. Und ehrlich, wir brauchten das Geld. Eine Zwangslage.
Erzähl mir nicht, du hättest keine Ahnung gehabt. Du wusstest doch alles, hattest von dem Alten den Auftrag, Martin umzubringen. Na ja, du konntest gar nicht anders, sonst hätte Martin dich getötet. Er war raffiniert, mein Sohn, krümelte jeden Tag ein bisschen von dem Gift, das er im Gartenschuppen gefunden hatte, in dein Glas. Und wer hat dich gerettet? Ich! Ich hab dich gerettet, das muss auch mal gesagt werden, weil ich ihn beobachtet habe. Du verdankst mir dein Leben! Es war nicht mehr unbedingt nötig, ihm das Bein abzufahren. Aber du wolltest deine Rache. Na ja, ist jetzt auch egal.«
»Was redest du da? Was genau ist passiert? Wie war das mit dem Bein?«
»Na, hör mal! Ich frage dich noch, wo ist Martin? Wo ist Martin? Im Haus, sagtest du. Er ist im Haus. Hast du gesagt! Du hast mich angelogen. Du wusstest genau, er war unters Auto gekrochen. Du hattest etwas daruntergeschoben, das er hervorholen wollte.«
»Das kann nicht stimmen. In meiner Erinnerung sehe ich das von oben, von meinem Fenster aus. Ich höre mich rufen. Ich hab gerufen: ›Martin ist unter dem Auto!‹«
Er lachte kurze, künstliche Töne. »Was ist das jetzt? Du wolltest ihn umbringen, so wie er dich töten wollte. Mach dir keine Sorgen, er hat es verdient. Er war eifersüchtig, weil wir uns so viel um dich kümmerten. Er begriff nicht, dass wir von William genaue Anweisungen bekamen. Es gab präzise Vorschriften, wann und wie ich mit dir zu sprechen hatte. Aber Henriette übernahm das vor allem. Ich schwieg lieber. War doch richtig? Lieber das Maul halten, als mitzumachen. Ich versuchte immer, Martin zu erklären, welche Rolle du für uns spieltest. Er begriff es nicht. War noch zu klein. Wir bekamen von William Aufgaben, was deine Erziehung anbelangte, mussten Bericht erstatten und wurden dafür entlohnt.«
»Und was war das? Was waren das für Aufgaben?«
»Na, du weißt doch, er hatte immer verrückte Ideen. Alles Blödsinn. Er wollte, dass du Künstler wirst.«
»Das genau wollte er nicht.«
»Doch, doch. Er hatte so ein Prinzip. Er meinte, das, was man dir verbietet, versuchst du dann erst recht zu erreichen. Wir alle handelten genau danach. Es blieb uns nichts anderes übrig.«
»Was sollte aus mir werden?«
»Na, das, was du geworden bist.«
»Ich bin Schriftendesigner.«
»Ja, siehst du? Genau das.«
»Ist das wahr?«
»Es war ein Haufen Geld, den er uns gab. Wir lebten gut. William bezahlte sogar die verdammte Redaktion, damit sie mir einen Job gaben und meine miesen Reportagen ab und zu druckten. Und ich dachte eine Zeit lang, ich wäre wirklich ein guter Reporter. Aber die machten mir was vor, in Williams Auftrag. Wir sind alle Nullen, glaub es mir. Wir tun alle, was er will. Und Menschen wie du denken, sie machen es aus eigenem Willen. Ha! Er sagt, mach das nicht, und du tust es gerade deshalb, weil er es dir verbietet. Und dann stellst du fest, dass er genau das wollte. Irre, was?
Im Grunde waren das gute Zeiten, er bezahlte sogar meine Geliebten. Erinnerst du dich an das blonde Biest aus der Redaktion? Ha, ich hatte gar nichts mit ihr, ich hatte sie nur für William besorgt. Das machte ich oft, besorgte Frauen für ihn. Ich probierte sie nur aus, für ihn. Aber diesmal verstand Henriette, was ablief, und sie drohte sogar, dich zu erschießen, damit der Alte die Finger von dieser Frau ließ. Muss man sich mal vorstellen: die Drohung, dich zu erschießen – unsere Garantie für ein gutes Leben.«
Jetzt lachte er richtig, verschluckte sich, kam versehentlich auf die Fernbedienung, und der Film begann mit hoher Geschwindigkeit durchzulaufen.
»Er macht alles über die Frauen. Die tun für Geld alles, das weißt du doch. Was geht in so einer Frau vor? Sieh dir an, was für eine Mühe ich mit dieser kleinen Punknutte habe, und William schnippt nur mit dem Finger und legt die Scheine auf den Nachttisch. Erinnerst du dich an dieses Mädchen, das er
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